8. August 1997 • Dollarstärke bietet Impulse für die Konjunktur • Markus Marterbauer

Trotz günstiger internationaler Rahmenbedingungen – die Auslandsmärkte wachsen, und die Konkurrenzfähigkeit erhöht sich wechselkursbedingt – hat sich die Konjunktureinschätzung der Industrieunternehmen im WIFO-Konjunkturtest vom Juli nicht weiter verbessert. Die Binnennachfrage ist anhaltend schwach. Angesichts verhaltenen Wirtschaftswachstums zeigt sich auf dem Arbeitsmarkt keine Wende.

Die heimische Industriekonjunktur erhält ihre wichtigsten Impulse weiterhin von der steigenden Auslandsnachfrage. Die anhaltend günstige Entwicklung der internationalen Wechselkurse wird vor allem indirekt – über reges Nachfragewachstum bei wichtigen Handelspartnern – wirksam. Österreichs Zulieferindustrie profitiert von der Produktionsausweitung in der deutschen Industrie und dem Marktwachstum in Nordamerika, Großbritannien und Irland, den skandinavischen Staaten und in Ost-Mitteleuropa. Gleichzeitig verbessert sich die preisbestimmte Wettbewerbsfähigkeit der Exportunternehmen deutlich. Die Lohnstückkosten sinken merklich, und der real-effektive Wechselkurs für Industriewaren ging seit März 1995 um 5% zurück. Dies sollte den Gewinn von Marktanteilen erleichtern.

Andererseits entwickeln sich Produktion und Nachfrage wichtiger Handelspartner – vor allem Italiens und der Schweiz – nach wie vor sehr schwach; in wichtigen EU-Ländern hat sich die Dynamik der Auslandsnachfrage noch nicht ausreichend auf die Binnenkonjunktur übertragen. Insbesondere in Deutschland und Frankreich kam bislang kein investitionsgetragener Aufschwung in Gang. Die Investitionszurückhaltung der Unternehmen dürfte auch durch Unsicherheiten vor der endgültigen Entscheidung über die Verwirklichung der Währungsunion bedingt sein.

Trotz des relativ günstigen internationalen Umfelds hat sich laut WIFO-Konjunkturtest vom Juli der Aufschwung der Industriekonjunktur in der Einschätzung der heimischen Unternehmen nicht mehr weiter beschleunigt. In den – stark exportorientierten – Betrieben der technischen Verarbeitung und der chemischen Industrie stagnieren die Produktionserwartungen auf hohem Niveau und bei merklichem Überwiegen der positiven Meldungen, die Auftragsbestände werden neuerlich günstiger eingeschätzt. Die Unternehmen des Basissektors – die vor allem in der Frühphase des Konjunkturaufschwungs von kräftiger Nachfrage nach ihren Produkten profitieren – melden erstmals einen Rückgang einiger vorlaufender Indikatoren. Bauzulieferer und Erzeuger traditioneller Konsumgüter schätzen die Konjunktur merklich skeptisch ein.

Die Binnennachfrage leidet unter dem kräftigen Rückgang der verfügbaren Einkommen, die Einzelhandelsumsätze lagen von Jänner bis Mai real um 3¼% unter dem Vorjahreswert. Dazu kommen der Auftragsmangel im Tiefbau – 60% der befragten Unternehmen klagen über zu niedrige Auftragsbestände – und die anhaltende Schwäche im Tourismus. Während die Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr bei rückläufigen Nächtigungszahlen nur leicht stiegen, erhöhten sich die Ausgaben der Österreicher für Warendirektimporte – auf sie entfallen etwa 30% der dem Reiseverkehr zugerechneten Auslandsausgaben – und Auslandsreisen i. e. S. weiter deutlich. Der Überschuß in der Reiseverkehrsbilanz schmilzt, das Defizit in der Transferbilanz hat sich gegenüber dem Vorjahr etwas ausgeweitet. Trotz konstanten Abgangs in der Handelsbilanz lag das Leistungsbilanzdefizit im 1. Halbjahr um 6 Mrd. S über dem Wert des Vorjahres.

Schwache Binnennachfrage, zurückhaltende Lohnkostensteigerungen und merklicher Konkurrenzdruck bremsen den Preisanstieg. Die Inflation betrug im Juni nur noch 1,2% – einer der niedrigsten Werte in Europa. Der Höhenflug des Dollarkurses in den letzten Monaten wurde aufgrund des parallelen Rückgangs der Rohölpreise nur eingeschränkt preiswirksam.

Von der verhaltenen Belebung der Konjunktur gingen bislang kaum Beschäftigungsimpulse aus. Die Nachfrage nach Industrieprodukten ist noch zu gering, um Kapazitäts- und Beschäftigungsausweitung zu bewirken. Ein Anstieg der Beschäftigung ist neben den wirtschaftsnahen Dienstleistungen vor allem im Bereich persönlicher und sozialer Dienste zu beobachten. Dagegen hat sich jüngst – bedingt durch Strukturprobleme, aber auch durch das ungünstige Wetter – die Beschäftigungsentwicklung in Tourismus und Bauwirtschaft verschlechtert. Das Wachstum von Produktion und Beschäftigung reicht nicht aus, um die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu entspannen. Von Jänner bis Juli lag die Zahl der unselbständig Beschäftigten (ohne Bezieher von Karenzurlaubsgeld und Präsenzdiener) um durchschnittlich 11.400 über dem Vorjahresniveau, im Juli stagnierte sie. Die Zahl der Arbeitslosen war zuletzt um 6.600 höher als im Vorjahr. Auf eine offene Stelle kamen 10 Arbeitslose.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 8/1997!