7. Juli 1997 • Mäßiger Konjunkturaufschwung setzt sich fort • Markus Marterbauer

Die Ausweitung der Industrieproduktion stützt sich auf das Wachstum der Auslandsmärkte und eine deutliche Verbesserung der preisbestimmten Wettbewerbsfähigkeit durch die günstige Lohnkosten- und Wechselkursentwicklung. Noch stärker als der Export steigen jedoch die Waren- und Reiseverkehrsimporte. Das Leistungsbilanzungleichgewicht verstärkt sich. Die Zunahme der Arbeitskräftenachfrage ist vor allem auf eine Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen. Dennoch ging die Arbeitslosigkeit nicht zurück. Die Inflation bleibt niedrig.

Die steigende Auslandsnachfrage bildet den wichtigsten Impuls für eine Belebung der Industriekonjunktur. Die Eingänge aus Warenzahlungen – bis zum Vorliegen einer aktuellen Außenhandelsstatistik der wichtigste Indikator für den Außenhandel – lagen von Jänner bis April um knapp 6% über dem Vorjahreswert. Die österreichischen Zulieferer profitieren vor allem von der kräftigen Auslandsnachfrage an die deutsche Industrie und von der Wachstumsdynamik in jenen europäischen Ländern, deren Wirtschaft eng mit dem Wachstumsmotor USA verflochten ist. Hingegen leidet der Export nach Italien und in die Schweiz unter der dort markanten Konjunkturschwäche.

Das Marktwachstum wird von einer deutlichen Verbesserung der preisbestimmten Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie begleitet. Die Lohnkostensteigerungen bleiben merklich unter dem Produktivitätswachstum, und die Wechselkurssituation hat sich weitgehend entspannt. Der real-effektive Wechselkurs für Industriewaren ging seit März 1995 um 4½% zurück und erreichte damit wieder das Niveau vom Herbst 1993.

Die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests – er liefert die wichtigsten Industrieindikatoren, solange Produktionsdaten nicht vorliegen – weisen eine anhaltende Verbesserung von Produktionserwartungen und Einschätzung der Auftragseingänge aus. Die Industrieunternehmen planen unter verbesserten Rahmenbedingungen – steigende Auslandsnachfrage, hoher Cash-flow, niedriges Zinsniveau – eine neuerliche Ausweitung ihrer Investitionen um real 4% gegenüber dem hohen Niveau des Vorjahres.

Trotz schwacher Inlandsnachfrage nimmt die Einfuhr stärker zu als die Ausfuhr (Jänner bis April +6¼%). Dafür können der hohe Importanteil der Exporte, rege Investitionstätigkeit, ein steigender Importgehalt der Nachfrage sowie Preis- und Wechselkurseffekte im Bereich der Rohstoffe maßgeblich sein. Damit weitet sich das Defizit in der Warenhandelsbilanz aus. Gleichzeitig sinkt aufgrund ungelöster Strukturprobleme der Überschuß in der Reiseverkehrsbilanz kräftig. Das Ungleichgewicht in der Leistungsbilanz vergrößert sich – das Defizit betrug von Jänner bis April 11 Mrd. S (gegenüber 4½ Mrd. S im Vorjahr).

Die Pro-Kopf-Einkommen steigen real kaum, zudem schmälern die einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte die verfügbaren Einkommen merklich. Die daraus resultierende Schwäche der Inlandsnachfrage trifft vor allem den Einzelhandel: Die Umsätze stagnierten im I. Quartal und dürften im April und Mai eingebrochen sein. Die Bauwirtschaft leidet unter der Investitionszurückhaltung der öffentlichen Hand und nachlassender Nachfrage im Wohnbau. Einzig die bauwirksame Auflösung von Mietzinsreserven gibt Impulse im Sanierungsbereich.

Schwache Inlandsnachfrage, niedrige Lohn- und hohe Produktivitätssteigerungen sowie anhaltender Konkurrenzdruck sind wichtige Ursachen für die weitgehende Preisstabilität – die Inflationsrate betrug im Mai 1,7%. Gegen Jahresmitte werden die Effekte der Einführung der Energiesteuer auf Strom und Gas im Vorjahr und hoher Rohölnotierungen – die zur Zeit noch preistreibend wirken – auslaufen.

Trotz steigender Beschäftigung (1. Halbjahr +13.300 gegenüber dem Vorjahr, Juni +6.800) entspannt sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht. Neben den günstigen Wetterbedingungen zu Jahresbeginn, die Produktion und Beschäftigung in der Bauwirtschaft frühzeitig belebten, erhöht vor allem die deutliche Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung in verschiedenen Dienstleistungsbereichen die Arbeitskräftenachfrage. Damit hat sich die Beschäftigungsintensität des Wirtschaftswachstums merklich erhöht. Allerdings ist das Wachstum vorläufig noch deutlich zu schwach, um einen Rückgang der Arbeitslosigkeit auszulösen. Die zusätzlichen Arbeitsplätze – vor allem für Frauen im Dienstleistungsbereich – werden aus der stillen Reserve besetzt, die Arbeitslosigkeit geht nicht zurück. Die Zahl der Arbeitslosen lag im 1. Halbjahr durchschnittlich um 500 unter dem Wert des Vorjahres, im Juni aber bereits wieder um 5.000 darüber.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 7/1997!