16. Juni 1997 • Rascher Aufschwung der Weltwirtschaft – Langsame Erholung in Europa • Fritz Breuss

Die insgesamt rasche Erholung der Weltwirtschaft zeigt regional erhebliche Unterschiede. Während in den USA, in Großbritannien und in Japan das inflationsfreie Wirtschaftswachstum anhaltend hoch und robust ist, erholt sich die Konjunktur in Kontinentaleuropa nur sehr zaghaft. In den USA dürfte die Prognose für den Jahresdurchschnitt 1997 (+3¾%) dank des überraschend hohen Wachstums des realen BIP zu Jahresbeginn gut abgesichert sein; für 1998 wird mit einer Verlangsamung auf 2% gerechnet. In Japan dürfte die Wirtschaft nach einer zögerlichen Erholung 1997 um 2¼% expandieren, 1998 um 2¾%. Nach der Verlangsamung 1996 wird sich das Wachstum des Welthandels bis 1998 auf rund 7½% beschleunigen.

Europa steht im Banne der Vorbereitungen für die Wirtschafts- und Währungsunion. Um die Konvergenzkriterien für den Eintritt in die dritte Stufe der WWU zu erfüllen, bedarf es in den meisten EU-Ländern erheblicher Anstrengungen. Zum einen bewirkten die Maßnahmen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte eine erstaunlichen Konvergenz von Inflation, Zinsen und Budgetsalden, zum anderen dämpfte die synchrone fiskalpolitische Restriktion der EU-Länder die Binnennachfrage in Europa erheblich. Die Arbeitslosigkeit, die strukturbedingt (infolge geringerer Flexibilität) in Europa höher ist als in den USA, wurde so auch vom Konjunkturverlauf beeinträchtigt. Mit Ausnahme von Finnland, Irland, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen und Spanien – deren Wirtschaft überdurchschnittlich rasch wächst – wird für die europäischen Staaten ein Wachstum von etwa 2½% erwartet, 1998 ist eine leichte Beschleunigung möglich. Die Hoffnungen ruhen dabei im wesentlichen auf steigenden Exporte und privaten Investitionen. In Ost-Mitteleuropa wächst die Wirtschaft zwar rund doppelt so rasch wie in Westeuropa, das Tempo reicht aber für eine rasche Transformation und für eine Konvergenz des Einkommensniveaus mit jenem des Westens nicht aus.

Die Arbeitslosenquote wird bis 1998 in der EU nur geringfügig auf knapp über 10% sinken – in den USA ist sie nur halb so hoch. In Europa ist vor allem in Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark, Finnland und Irland mit einem etwas stärkeren Rückgang der Arbeitslosigkeit zu rechnen – in diesen Ländern wächst die Wirtschaft auch rascher als im europäischen Durchschnitt. Die ruhige Entwicklung der Rohstoffpreise, ein schwacher Lohnauftrieb und die fiskalischen Konsolidierungsmaßnahmen haben die Inflation in den Industriestaaten nachhaltig gedrückt. Auch heuer und 1998 dürfte sie in den meisten Industriestaaten im Durchschnitt nicht mehr als 2½% betragen.

Übersicht 1: Wirtschaftswachstum

 

Brutto-Inlandsprodukt

 

Gewicht1)

1995

1996

1997

1998

   

Veränderung gegen das Vorjahr in %

           

Große Industrieländer

80,6

+2,0

+2,3

+2,5

+2,3

  USA

32,7

+2,0

+2,4

+3,0

+2,0

  Japan

16,8

+1,4

+3,6

+2,3

+2,8

  Deutschland

9,5

+1,9

+1,4

+2,0

+2,5

  Frankreich

6,7

+2,2

+1,3

+2,0

+2,5

  Italien

6,1

+3,0

+0,8

+1,0

+2,0

  Großbritannien

5,5

+2,5

+2,2

+2,8

+2,5

  Kanada

3,3

+2,3

+1,5

+3,3

+3,0

           

Kleine Industrieländer

15,4

+3,0

+2,7

+3,0

+3,0

  Spanien

2,8

+2,8

+2,3

+2,8

+3,0

  Australien

1,8

+3,7

+4,0

+3,3

+3,8

  Niederlande

1,7

+2,1

+2,7

+3,0

+3,3

  Schweden

1,3

+3,6

+1,1

+1,8

+2,3

  Schweiz

1,2

+0,1

–0,7

+0,8

+1,8

  Belgien

1,1

+1,9

+1,4

+2,3

+2,5

  Türkei

0,9

+7,0

+7,5

+5,8

+5,0

  Österreich

0,9

+1,8

+1,0

+1,4

+2,2

  Dänemark

0,8

+2,7

+2,2

+2,8

+3,0

  Norwegen

0,7

+3,3

+4,8

+3,5

+3,0

  Finnland

0,7

+4,5

+3,2

+4,5

+3,5

  Griechenland

0,5

+2,0

+2,6

+3,0

+3,0

  Portugal

0,4

+1,9

+2,9

+3,0

+3,3

  Irland

0,3

+10,7

+7,2

+7,0

+6,8

  Neuseeland

0,3

+2,7

+1,7

+2,8

+3,0

  Luxemburg

0,1

+3,2

+3,9

+3,8

+4,0

  Island

0,0

+1,2

+5,7

+4,5

+3,8

           

Summe

95,9

+2,2

+2,3

+2,8

+2,5

Korea

1,9

+9,0

+7,1

+5,0

+6,0

Mexiko

1,5

–6,2

+5,1

+5,5

+4,8

           

OECD insgesamt2)

100,0

+2,2

+2,5

+2,8

+2,5

OECD-Europa

41,1

+2,5

+1,8

+2,3

+2,5

EU

38,2

+2,5

+1,6

+2,3

+2,5

EFTA

2,0

+1,3

+1,4

+2,0

+2,3

Q: OECD, nationale und eigene Schätzungen. – 1) In % des BIP der OECD 1995. – 2) Einschließlich Koreas, Mexikos, Polens, Ungarns und Tschechiens.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 6/1997!