16. Mai 1997 • Industrie determiniert regionale Konjunkturerholung. Die Wirtschaft in den Bundesländern 1996 • Gerhard Palme

Auf einen hohen Industrieanteil gestützt, setzte im 2. Halbjahr 1996 die Konjunkturwende im östlichen Teil Österreichs etwas rascher ein als im westlichen. Im Westen und in Kärnten hielt die Tourismuskrise an. Die Arbeitslosenquote der westlichen Bundesländer blieb aber weiterhin deutlich unter dem Österreich-Durchschnitt.

Die leichte Erholung seit dem Herbst 1996 veränderte das Muster der regionalen Konjunktur. Im Gegensatz zum Abschwung und Tiefpunkt der vorangegangen Rezession sowie den frühen Aufschwungphasen vergangener Konjunkturzyklen entwickelte sich die Wirtschaft in den westlichen Bundesländer 1996 schwächer als in den östlichen. Auf eine Belebung in Industrie oder Bauwirtschaft gestützt, fanden die Unternehmen in der Ostregion (ergänzt um die Steiermark und Oberösterreich) rascher aus dem Konjunkturtief. Im Westen sowie in Kärnten erhielt die Industrie weniger Impulse aus der Exportnachfrage nach Vorprodukten, und im Tourismus bestanden die Strukturprobleme fort.

Wirtschaft erholt sich im Osten Österreichs etwas rascher

Eine Berechnung des Brutto-Inlandsproduktes der Bundesländer ist wegen des Fehlens wichtiger offizieller Daten aufgrund der Umstellung der Statistik auf EU-Erfordernisse derzeit nicht möglich. Konjunkturindikatoren weisen aber darauf hin, daß die Wirtschaft im Burgenland, in Nieder- und Oberösterreich sowie in der Steiermark im schwierigen Jahr 1996 etwas rascher wuchs als im Österreich-Durchschnitt (real +1,0%). In Wien, Vorarlberg und Tirol blieben die Raten geringfügig, in Kärnten und Salzburg die Wirtschaft weit darunter.

In fast allen Bundesländern verbesserte sich die Industriekonjunktur im Sommer 1996 erheblich. In der vom Lageraufbau mit Vorprodukten getragenen Erholung belebte sich die Produktion in Bundesländern mit starker Industrie (Nieder- und Oberösterreich, Steiermark und Vorarlberg) am meisten. Durch Rationalisierungen stieg insbesondere die Produktivität der Vorarlberger Industrie. Vom Exportwachstum profitierten überwiegend kapitalintensive Industriebetriebe der Zentralräume. Hingegen setzte sich der starke Abbau von Produktionskapazitäten der Industrie in den vom Bekleidungssektor dominierten Randgebieten fort. In der Ostregion wurde die Arbeitsteilung zwischen Wien einerseits und Niederösterreich sowie dem Burgenland andererseits weiter intensiviert. Neuerlich verlor die Wiener Industrie relativ viele Arbeitsplätze durch Rationalisierung oder Verlagerung ins Umland.

Die vom Trend zu Fernreisen ausgelöste Strukturkrise der österreichischen Tourismuswirtschaft hielt auch 1996 unvermindert an. Davon sind hauptsächlich die auf den deutschen Gast spezialisierten intensiven Tourismusregionen betroffen. Wegen schlechten Wetters blieben 1996 aber auch österreichische Gäste aus oder reisten von den Badeseen Kärntens und des Salzkammerguts vorzeitig ab. Etwas schwächer ging die Nachfrage in den Bergwandergebieten des Westens zurück. Im Winter ist die Krise der Wintersportzentren weniger gravierend. Eine relativ zufriedenstellende Wintersaison verzeichnete Vorarlberg, und auch die gut ausgestatten Hotels Kärntens profitierten von einer guten Schneelage im Winter 1995/96. Im Osten Österreichs waren Regionen mit modernen Spezialangeboten für den Inlandsgast im Gesundheits- und Sporttourismus auch 1996 erfolgreich. Die größten Umsatzzuwächse erzielte die Tourismuswirtschaft der Großstädte (vor allem Wien), weil der internationale Städtetourismus mit der Stabilisierung der Devisenmärkte wieder zu expandieren begann.

Der starken Beschäftigungsrückgang des Jahres 1996 war in den Bundesländern mit hohem Dienstleistungsanteil (Wien, Salzburg, Kärnten), deren Wirtschaft sich noch im Abschwung befand, am deutlichsten. Neuere Arbeitsplätze kamen nur im Burgenland hinzu; insbesondere die Bauwirtschaft erhielt offenbar erste Impulse aus der Ziel-1-Gebietsförderung der EU, ohne allerdings den Arbeitsmarkt zu entlasten. Die Arbeitslosenquote war im Jahresdurchschnitt in Kärnten (9,4%), im Burgenland (8,6%), in der Steiermark (8,4%) sowie Wien (7,8%) am höchsten und im Westen am niedrigsten (Salzburg 4,6%, Oberösterreich 5,5%, Vorarlberg 5,9%, Tirol 6,1%).

Die Entwicklung des realen Brutto-Inlandsproduktes 1996

 

Sachgüter-
produktion und Bergbau

Energie- und Wasser-
versorgung

Bauwesen

Handel i. e. S.

Beherbergungs-
und Gaststätten-
wesen

Verkehr und Nachrichten-
übermittlung

Wirtschafts-
dienste

Öffentlicher Dienst

Insgesamt

 

++ . . . deutlich überdurchschnittlich, + . . . überdurchschnittlich, ± . . . durchschnittlich, – . . . unterdurchschnittlich, – – . . . deutlich unterdurchschnittlich

                   

Wien

++

±

±

++

±

±

±

±

Niederösterreich

+

±

±

+

±

+

+

+

+

Burgenland

+

++

+

+

±

+

±

+

+

Steiermark

±

±

±

++

±

±

+

±

+

Kärnten

±

±

±

– –

±

Oberösterreich

+

+

+

– –

±

+

±

+

Salzburg

Tirol

±

– –

+

±

±

+

+

±

Vorarlberg

++

– –

– –

+

±

±

±

                   
 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

                   

Österreich

+1,1

+0,7

–0,5

+0,3

–1,5

+2,0

+2,6

+0,4

+1,0

Q: WIFO.