28. Februar 1997 • Konjunkturerholung kommt zäh voran • Markus Marterbauer

Die Auftriebskräfte der Konjunktur wurden in Deutschland gegen Jahresende 1996 schwächer. In Österreich belebte sich die Auslandsnachfrage im Waren- wie im Reiseverkehr; der private Verbrauch entwickelte sich besser als erwartet. Dennoch beurteilt die Industrie ihre Geschäftsaussichten nach wie vor sehr skeptisch. Dollarstärke und niedrige Zinsen sollten europaweit neue Impulse geben.

Im Herbst 1996 setzte vor allem die Nachfrage aus dem Ausland freundlichere Akzente ins Bild der österreichischen Konjunktur. So stiegen im Oktober und November die Warenlieferungen im Export – soweit sie anhand der Zahlungseingänge verläßlich zu beurteilen sind – im Vorjahresvergleich jeweils um 9%, mehr als doppelt so rasch wie im bisherigen Jahresverlauf. Wettbewerbsnachteile aus früheren Wechselkursverschiebungen, die eine effektive Höherbewertung des Schillings bewirkt hatten, scheinen nach der gegenläufigen Entwicklung der letzten Monate überwunden. Die Dollarstärke könnte, so sie anhält, dem Export Schwung verleihen, selbst wenn sich die wichtigsten Auslandsmärkte in Europa nur allmählich aus der Stagnation lösen.

Auch im Reiseverkehr belebte sich die Nachfrage aus dem Ausland zu Beginn der Wintersaison markant. In den Schigebieten waren die Quartiere über Weihnachten, begünstigt auch durch die Lage der Feiertage, generell gut ausgelastet. Ob dies schon eine Trendwende bedeutet, scheint indes fraglich. Die Stärke des Dollars und der italienischen Lira könnte auch der heimischen Tourismuswirtschaft Vorteile bringen, ihre strukturbedingten Wettbewerbsschwächen blieben dennoch bestehen.

Im inländischen Einzelhandel war mit dem Inkrafttreten der ersten Maßnahmen des Strukturanpassungsgesetzes zur Budgetkonsolidierung und nach der regen – auch durch Vorziehkäufe verstärkten – Nachfrage im 1. Halbjahr 1996 vielfach ein jäher Rückgang der Geschäftstätigkeit erwartet worden. Dies ist bisher nicht eingetreten, saisonbereinigt ging die Nachfrage kaum zurück. Die hohe Neigung zu größeren Anschaffungen wie auch zu Urlaubsreisen ins Ausland läßt nicht vermuten, daß knappere Realeinkommen und steigende Arbeitslosigkeit das Konsumklima nachhaltig erschüttert hätten, obwohl manche Umfragen darauf hindeuten. Abzuwarten bleibt allerdings, die die privaten Haushalte auf die Welle der Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung reagieren werden, die Anfang 1997 wirksam geworden sind.

Laut dem jüngsten WIFO-Investitionstest steigerten die Industrieunternehmen 1996 ihr Investitionsvolumen erheblich. Für heuer planen sie eine weitere Aufstockung ihrer Ausgaben für neue Projekte um etwa 9%. Auf rege Investitionstätigkeit deutet auch der kräftige Importsog im Warenverkehr hin. Ähnlich wie im privaten Konsum steht dies in auffälligem Gegensatz zu den überwiegend pessimistischen Erwartungen laut Konjunkturumfragen.

Die Leistungsbilanz hat sich im Herbst weiter verschlechtert. Von Jänner bis einschließlich November erreichte das Defizit nahezu 58 Mrd. S, um 9 Mrd. S mehr als im Vorjahr. Die Passivierung ist fast ausschließlich dem Reiseverkehr zuzurechnen. Selbst in manchen Monaten der Sommersaison ist nun der Saldo von Erlösen und Ausgaben im grenzüberschreitenden Tourismus negativ.

Auf dem Arbeitsmarkt ist die negative Tendenz zum Stillstand gekommen, eine durchgreifende Besserung zeichnet sich aber nicht ab. In den letzten Monaten stagnierte die Beschäftigung (von Saisonschwankungen abgesehen), im Vorjahresvergleich war erstmals seit über einem Jahr ein geringfügiger Zuwachs zu verzeichnen. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen überschritt zum Saisonhöhepunkt im Jänner erstmals seit den frühen fünfziger Jahren die Schwelle von 300.000; das Niveau des Vorjahres wurde gleichwohl nur geringfügig übertroffen. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote ist nach herkömmlicher Berechnungsweise seit fast einem Jahr leicht rückläufig, laut Eurostat liegt sie regelmäßig bei knapp über 4%. Die Inflationsrate sank im Jänner zum ersten Mal seit August 1996 wieder unter die 2%-Marke.