5. Februar 1997 • Allmähliche Konjunkturbelebung durch stärkere Auslandsnachfrage • Ewald Walterskirchen

Der Außenhandel hat sich im Herbst merklich belebt und der Industriekonjunktur Impulse gegeben. Das Geschäftsklima verbesserte sich damit in der Industrie im Jänner, die Produktionserwartungen sind per Saldo leicht positiv. Andererseits verschlechtern steigende Importe und sinkende Reiseverkehrsüberschüsse die Leistungsbilanz weiter.

In Österreich hielt die Konjunkturerholung, die im Frühjahr 1996 eingesetzt hatte, Anfang 1997 an. Die Unternehmensbefragungen des WIFO lassen eine kontinuierliche, aber langsame Verbesserung der Wirtschaftsentwicklung im Laufe des Jahres 1996 erkennen. Das Geschäftsklima wird nicht mehr pessimistisch beurteilt, und die Produktionserwartungen erreichten im Jänner jene Schwelle, an der die positiven Meldungen überwiegen.

Die Erholung der Konjunktur kommt aber noch nicht in allen Branchen voran. Da die Inlandsnachfrage sehr verhalten bleibt, klagen vor allem Konsumgütererzeuger und Bauzulieferer über eine schwache Auftragslage.

Die Erholung wird, wie in früheren Aufschwungsphasen üblich, von der Auslandsnachfrage und teilweise auch von den Ausrüstungsinvestitionen getragen. Das Wachstum des Außenhandels beschleunigt sich seit dem September deutlich und stützt damit die Auftriebstendenz. Die Zuwachsraten der Exporte – gemessen an den Warenzahlungen aus dem Ausland – bewegten sich in den Monaten September bis November um die 9%-Marke, sie waren damit etwa doppelt so hoch wie in den Quartalen davor.

Eine wichtige Voraussetzung dafür, daß diese Entwicklung anhält, ist ein stabiler Aufwärtstrend der Wirtschaft des Haupthandelspartners Deutschland. Im III. Quartal 1996 wuchs die deutsche Wirtschaft mit 2½% kräftig, für 1997 erwartet die deutsche Bundesregierung ebenfalls ein Wirtschaftswachstum in dieser Höhe. Das Geschäftsklima verbesserte sich zuletzt weiter, das mangelnde Vertrauen der deutschen Konsumenten in die Wirtschaftsentwicklung ist jedoch ein Risikofaktor.

Auch in der EU hellte sich das Konjunkturklima in den letzten Monaten etwas auf, wie die Ergebnisse der monatlichen Umfragen zeigen. Die Einschätzung der Situation verbesserte sich vor allem in der Industrie, das Vertrauen der Konsumenten und der Bauwirtschaft bleibt jedoch auch in der EU labil. Am optimistischsten ist die Konjunkturbeurteilung in Großbritannien und Skandinavien, da diese Länder durch ihre enge Verflechtung mit der florierenden Wirtschaft der USA derzeit besonders begünstigt sind.

Ein zusätzlicher Impuls für die Erholung der europäischen Wirtschaft kommt von der kräftigen Aufwertung des Dollars. Ende Jänner lag der Dollarkurs bei 1,63 DM, um etwa 8,5% höher als im Juli. Diese Entwicklung verbessert die Exportchancen für die österreichischen Unternehmen, trägt aber andererseits über steigende Energie- und Rohstoffpreise zur Beschleunigung des Preisauftriebs in Österreich bei. Die Inflationsrate stieg in Österreich im Jahresverlauf trotz schwacher Konjunktur und nachlassenden Lohnauftriebs und erreichte in den letzten zwei Monaten des Jahres 1996 2,3%. Die höheren Energiepreise trugen etwa ½ Prozentpunkt dazu bei, Auftriebstendenzen gingen auch von den Maßnahmen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte aus (Tarife, Energiesteuern).

Die höheren Preise drückten die reale Kaufkraft der Konsumenten zusätzlich zu den unmittelbaren Einkommenseffekten des "Sparpakets". Dennoch gingen dank einer verringerten Sparneigung die Einzelhandelsumsätze in den Monaten Juli bis Oktober real um etwa 1,5% über das Vorjahresniveau hinaus.

Entgegen den ursprünglichen Erwartungen verschlechterte sich die Leistungsbilanz trotz der schwachen Konsumnachfrage weiter deutlich. Von Jänner bis November 1996 wies sie ein Defizit von 57,7 Mrd. S aus: verglichen mit dem Vorjahr eine Passivierung um rund 9 Mrd. S. Der Fehlbetrag erreichte etwa 2,5% des BIP. Die österreichische Leistungsbilanz wird also zunehmend zu einem Problem für die Wirtschaftspolitik, das Gegenmaßnahmen – z. B. eine Exportoffensive – dringlich macht.

Die Aufgliederung der Zahlungsströme zeigt, daß sich der Saldo der Warenzahlungen gegenüber dem Vorjahr trotz der schwachen Inlandsnachfrage nicht verbesserte, sondern etwas verschlechterte. Die leichte Passivierung der Handelsbilanz könnte mit steigenden Investitionen zusammenhängen, wie sie auch im WIFO-Investitionstest gemeldet wurden.

Der größte Teil der Passivierung stammt von der Reiseverkehrsbilanz. Diese wies in den ersten 11 Monaten nur noch einen Überschuß von knapp 14 Mrd. S aus, um 10 Mrd. S weniger als im Vorjahr.

Die Leistungsbilanzlücke der letzten Jahre wurde gelegentlich mit dem steigenden Budgetdefizit in Zusammenhang gebracht ("Zwillingsdefizite"). 1996 verschlechterte sich die Leistungsbilanz jedoch trotz deutlich sinkenden Budgetdefizits. Dies dürfte nicht zuletzt auf verzögerte Auswirkungen der Wechselkursverschiebungen zwischen 1992 und 1995 zurückgehen, die insbesondere der Tourismus nicht (durch Rationalisierungen) kompensieren konnte. Die jüngsten Kursentwicklungen könnten eine Wende ankündigen.

Neben der Leistungsbilanz stellt die Situation auf dem Arbeitsmarkt ein zentrales wirtschaftspolitisches Problem dar. Obschon die Öffentlichkeit immer wieder durch neue Kündigungswellen in Industriebetrieben alarmiert wird, die große regionale Probleme nach sich ziehen, zeigen die Tendenzen der Beschäftigung und Arbeitslosigkeit für Österreich insgesamt eine Konjunkturerholung an: Der negative Vorjahresabstand der Beschäftigung, der im Frühjahr 1996 zum Konjunkturtiefpunkt gut 40.000 betragen hatte, ist bis Jänner 1997 verschwunden (+400). Selbst in der Sachgüterproduktion verlangsamte sich der Stellenabbau deutlich.

Die Zahl der Arbeitslosen stabilisierte sich auf relativ hohem Niveau: Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote betrug nach traditioneller Berechnung im Jänner 7%, sie ist seit dem Sommer 1996 praktisch unverändert. Im Vorjahresvergleich wurde die Zunahme der Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen kontinuierlich geringer: von +11.900 im Juli 1996 auf +6.400 im Jänner 1997.

Eine deutlich positive Wirkung auf die Beschäftigung hatte die Einigung auf neue Durchrechnungszeiten in der Bauwirtschaft: Die Zahl der Arbeitskräfte war hier im Dezember um 17.400 höher als im Vorjahr.