13. November 1996 • Konjunktur erholt sich nur zögernd • Georg M. Busch

Die Talsohle der gegenwärtigen Konjunkturschwäche dürfte überwunden sein. Jüngste Meldungen dämpfen aber die Hoffnung auf eine rasche Erholung. So beurteilen die Industrieunternehmen das Geschäftsklima weiterhin überwiegend negativ. Die Besserung in der Bauwirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt gerät nach dem Aufholen von Produktionsrückständen aus dem letzten Winter ins Stocken. In der Leistungsbilanz ist die erwartete Trendumkehr zu sinkenden Defiziten noch nicht sichtbar. Selbst die Inflation zieht wieder an.

In Deutschland hellt sich wie in Österreich der Konjunkturhorizont nur allmählich auf. Produktion und Auftragseingang schwächten sich in der Industrie zu Herbstbeginn überraschend ab; Hoffnungen auf eine weitere Senkung der Leitzinsen wurden enttäuscht; die Verschärfung des sozialen Klimas drückt die Stimmung. Die meisten Beobachter erwarten aber für das Jahr 1997 eine Belebung.

Österreichs Industrieunternehmen klagen nach wie vor überwiegend über Auftragsmangel und überhöhte Lagerbestände an Fertigprodukten. Die Produktionserwartungen für die nächsten Monate haben sich allerdings so weit gebessert, daß die zuversichtlichen Meldungen nun knapp überwiegen. Auch in der Bauwirtschaft werden die Geschäftsaussichten weniger ungünstig gesehen als zum Saisontiefpunkt im letzten – strengen – Winter. Dennoch fehlen vielfach Anschlußaufträge, nachdem Produktionsrückstände im Frühjahr wettgemacht wurden.

Im Einzelhandel ist nach den Vorziehkäufen vor der Erhöhung der Normverbrauchsabgabe sowie vor Inkrafttreten erster Maßnahmen des "Sparpakets" der Absatz von Pkw seit Juni stark gesunken, die Nachfrage nach anderen langlebigen Waren (etwa nach optischen und Elektrogeräten) blieb jedoch weiterhin rege. Kühles Wetter und schwacher Reiseverkehr dämpften im Sommer den Verbrauch von Nahrungsmitteln und Getränken. Insgesamt setzte der Handel real knapp weniger um als im Vorjahr.

Ein starker Anstieg der Auslandsausgaben der Österreicher ließ das Ungleichgewicht in der Leistungsbilanz weiter aufklaffen. Das kumulierte Defizit der ersten acht Monate lag um 4 Mrd. S über dem Vorjahreswert, der Nettoüberschuß im Reiseverkehr sank um 9 Mrd. S. Bei mäßiger Steigerung des Warenexports verbesserte sich die Handelsbilanz geringfügig.

Die Aufhellung der Arbeitsmarktlage im Frühjahr und Sommer war offenbar großteils der Neu- bzw. Wiedereinstellung von Bauarbeitern nach der langen Winterpause zu danken. Sie könnte nunmehr zu Ende gegangen sein. Zuletzt sank die Beschäftigung wieder tendenziell, die Zahl der registrierten Arbeitslosen stagnierte bei knapp unter 230.000, die Arbeitslosenquote (laut Eurostat) bei 4,1%.

Die Inflationsrate stieg von ihrem Tiefpunkt von 1,5% im Mai innerhalb von 4 Monaten auf 2%. Ursache hiefür war einerseits der stärkere Auftrieb von Energie- und Wohnungskosten; andererseits fallen die preisdämpfenden Effekte des EU-Beitritts im Vorjahresvergleich allmählich weg.