17. Oktober 1996 • Umverteilung durch den Staat in Österreich • Alois Guger

Die Umverteilung durch die Aktivitäten des Staates erreicht in Österreich einen beträchtlichen Umfang. Sie erfolgt fast ausschließlich über die Ausgabenseite. Mit einer niedrigen Einkommens- und Vermögensbesteuerung, aber hohen Sozialabgaben und indirekten Steuern (Umsatzsteuer usw.), die die unteren Einkommenschichten stärker belasten als die oberen, wirkt die Einnahmenseite kaum umverteilend.

Die Steuer- und Abgabenbelastung ist (1991) über alle Einkommenschichten relativ einheitlich; nur jene 20% der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen zahlen bei einer Abgabenquote von rund 35% etwas weniger Steuern, jene 10% mit den höchsten Einkommen etwas mehr (38%) als der Durchschnitt. Die Einkommensteuerreformen seit 1991 (Senkung der Obergrenzen für Sonderausgaben, Anhebung der Absetzbeträge und der KEST) dürften trotz der Abschaffung der Vermögensteuer den Progressionsgrad des Steuersystems erhöht haben.

Die Staatsausgaben wirken eindeutig progressiv auf die Verteilung, kommen also Bevölkerungsschichten mit niedrigem Einkommen in höherem Maße zugute: Die 10% der Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen erhielten durch den staatlichen Umverteilungsprozeß 1991 zum Bruttoeinkommen rund 80% an Leistungen des Staates, in den mittleren Einkommensbereichen 22% und im obersten Dezil knapp 10%.

Am progressivsten wirken die Sozialmaßnahmen: Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, Sozialhilfe, Ausgleichszulagen, Wohnbeihilfen, aber auch das Karenzurlaubsgeld kommen zum überwiegenden Teil den unteren Einkommensgruppen zugute.

Die Ausgaben für Gesundheit, Familienbeihilfen und Schulen zielen im allgemeinen auf eine horizontale, nicht auf eine vertikale Umverteilung ab und verteilen sich relativ gleichmäßig.

Eindeutig mehr profitieren die oberen Einkommenschichten von den direkten Wirkungen der Ausgaben für das Hochschulwesen und von der Wohnbauförderung – darüber hinaus auch von den (hier nicht näher untersuchten) Ausgaben für Zinszahlungen für die Staatsschuld, für Straßenverkehr und Kultur. Die Zinszahlungen für die Staatsschuld fließen zu mehr als zwei Dritteln an das obere Drittel der Haushalte.

In Summe erreicht die vertikale Umverteilung durch die Aktivitäten der öffentlichen Hand einen beträchtlichen Umfang. Das obere Drittel der Haushalte zahlt 62% der Abgaben und Steuern und erhält 43% der erfaßten öffentlichen Transfers. Das mittlere Drittel der nach dem Einkommen gereihten Haushalte zahlt 28% der Abgaben und bezieht 35% der Transfers. Das untere Drittel der Haushalte erhält mit 22% aller erfaßten Transfers mehr als das Doppelte seiner Abgabenleistung von 10%.

Wird die Haushaltsgröße in Form der gewichteten Pro-Kopf- oder Äquivalenzeinkommen berücksichtigt, so ist die Verteilung der verfügbaren Einkommen (also nach Umverteilung) signifikant gleicher ist als jene der Bruttobezüge (vor Umverteilung). Das gewichtete Pro-Kopf-Einkommen stieg 1991 durch die in der Verteilungsstudie analysierten Umverteilungsaktivitäten des Staates im ersten Dezil um 1.100 S pro Monat oder 21%, im zweiten Dezil um 600 S oder 8%, während es im Medianbereich um 1.400 S oder 11% und im obersten Dezil um 13.000 S oder rund ein Drittel sank (siehe Abbildung) .

Gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen

Nettoinzidenz des öffentlichen Sektors in Österreich

Q: WIFO