11. Oktober 1996 • Handelsbeziehungen der EU zu den assoziierten Staaten und Beitrittswerbern • Jan Stankovsky

Besonders enge Handelsbeziehungen unterhält die EU mit den assoziierten Staaten. Dazu zählen vor allem die Länder im Mittelmeerraum und Osteuropa.

Die EU hat mit zahlreichen Ländern oder Ländergruppen präferenzielle Handelsverträge abgeschlossen, die eine Intensivierung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen und/oder eine Unterstützung der Wirtschaftsentwicklung zum Ziel haben. Die Beziehungen der EU (EWG, EG) zur EFTA spiegeln die höchst wechselvolle Geschichte der westeuropäischen Integration wider. Auch nach der jüngsten EU-Erweiterung Anfang 1995 bleibt die EFTA ein wichtiger Handelspartner der EU) (Exportanteil 12,5%). Die engste Handelsverflechtung mit der EFTA zeigt sich für die skandinavischen EU-Länder (20,8%) und für Österreich.

Die günstigsten Bedingungen räumt die EU den AKP-Staaten (Afrika, Karibik, pazifischer Raum) und den Übersee-Départements ein; sie sind als eine "Präferenzzone" der Gründungsmitglieder der EWG anzusehen, die gegenwärtig etwa 70 Länder in Übersee mit 73 Mill. Einwohnern umfaßt. Auf die AKP-Staaten entfielen 1994 2,9% der Extra-Exporte und 3,5% der Importe der EU, auf die Übersee-Départements 0,8% bzw. 0,1%. Die größte außenwirtschaftliche Bedeutung hat diese Region für Portugal (1990 fast 20%, 1994 16,0% der Exporte). Frankreich setzte 1994 dort 9,2% seiner Ausfuhr ab (AKP-Staaten 5,5%, Übersee-Départements 3,8%). In den skandinavischen Ländern und in Mitteleuropa haben die AKP-Staaten nur einen sehr geringen Stellenwert.

Die Einfuhr aus fast allen außereuropäischen Ländern, die weder zu den AKP-Staaten zählen noch der OECD angehören (Entwicklungsländer), wird von der EU durch das System der Allgemeinen Zollpräferenzen (APS) begünstigt. Anfang 1995 trat ein äußerst kompliziertes APS in Kraft, das u. a. einen Staffelungsmechanismus und einen Mechanismus der Modulation der Präferenzen vorsieht. Je nach Leistungsfähigkeit sind abgestufte Erleichterungen des Marktzugangs vorgesehen. Für die Entwicklungsländer außerhalb der AKP-Staaten waren 1994 35,5% der EU-Exporte bestimmt, 34% der EU-Importe kamen aus diesen Ländern.

Zwei Regionen kommt aus geographischer, wirtschaftlicher, politischer und sicherheitspolitischer Sicht in der EU eine besondere Bedeutung zu: dem Mittelmeerraum und Osteuropa. Die EU verfolgt gegenüber diesen beiden Ländergruppen eine sehr wechselvolle Globalpolitik. Gegenwärtig stützt sie sich auf zwei Konzepte: Die integrationsfähigen Länder werden aufgenommen bzw. auf die Aufnahme vorbereitet, die anderen Länder werden durch Sonderpräferenzen an die Union gebunden. Aus politischen Gründen begann die Integration der EU mit dem Mittelmeerraum viel früher als mit dem Osten. Drei Länder dieser Region wurden in die EU aufgenommen (1981 Griechenland, 1985 Spanien und Portugal), mit drei weiteren Staaten (Türkei, Zypern und Malta) wurden Assoziationsabkommen mit dem Ziel einer Aufnahme geschlossen. Der Beitritt der Türkei gilt allerdings aus heutiger Sicht als nicht realisierbar. Zypern und Malta sind "Spitzenkandidaten" für die nächste EU-Erweiterung. Mit anderen Mittelmeerländern besteht ein recht unterschiedliches Geflecht von Präferenzabkommen. Die neue Mittelmeerpolitik der EU hat die Schaffung einer Freihandelszone bis zum Jahr 2010 zum Ziel. Zu den Mittelmeerländern werden insgesamt 11 Staaten gezählt. Auf sie entfielen 1994 8,8% der Extra-Exporte der EU und 4,7% der österreichischen Ausfuhr. Für die Beitrittswerber Zypern und Malta waren 1994 0,7% der EU-Ausfuhr (Griechenland 10,5%, Italien 1,7%), für die Türkei 1,8% bestimmt.

Einer engen Anbindung Osteuropas an die EU dienen die Europa-Abkommen, die ab 1992 mit bisher 10 Ländern geschlossen wurden. Diese Assoziationsverträge sehen nach einer Übergangsfrist von 10 Jahren die Errichtung einer Freihandelszone für Industriewaren vor. Im Juni räumte der Europäische Rat in Kopenhagen 1993 den assoziierten Oststaaten (MOEL) die Möglichkeit eines Beitritts ein. Alle zehn MOEL haben die Aufnahme in die EU beantragt. Aus heutiger Sicht ist mit einer schrittweisen Osterweiterung der EU zu rechnen; als erste Kandidaten gelten Polen, Ungarn, Tschechien und Slowenien. Auf die zehn assoziierten Oststaaten entfielen 1994 8,5% der Exporte und 7% der Importe der EU, auf die vier wahrscheinlichsten Beitrittskandidaten 6,6% bzw. 5,3%. In der EU-Region "Mitteleuropa" (Deutschland, Österreich, Italien) betrug der Exportanteil der 10 MOEL 12,3%, in Skandinavien 8,7%, im Süden 6,1%, in Westeuropa hingegen nur 4,4%. Auf Oststaaten ohne Assoziationsverträge entfielen 1996 4,5% der EU-Exporte und 5,2% der EU-Importe.