26. August 1996 • Anteil der Land- und Forstwirtschaft an den Beschäftigten unter 5% • Wilfried Puwein

1995 war nur noch jede zwanzigste Arbeitskraft hauptberuflich in der Landwirtschaft tätig, 25 Jahre zuvor war es noch jede siebente gewesen. Die Abwanderung hat sich seit 1991 kräftig beschleunigt.

Der technisch-biologische Fortschritt hat in den letzten Jahrzehnten die Arbeitsproduktivität des Agrarsektors weiter verbessert. Da die Produktion nur im Rahmen der schwachen Zunahme des Nahrungsmittelkonsums ausgeweitet werden konnte, wurde der Beschäftigtenstand laufend verringert. Ein Ende dieses Prozesses zeichnet sich in Österreich noch nicht ab. Zwischen den Volkszählungen 1981 und 1991 sank die Zahl der Berufstätigen in der Landwirtschaft um rund 76.000. Per Saldo gaben 122.000 Personen die Arbeit in der Landwirtschaft auf. Davon schieden 109.000 aus dem Berufsleben aus, 13.000 nahmen eine Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft an. 1991 wurden 46.000 junge Arbeitskräfte gezählt, die in den zehn Jahren zuvor eine landwirtschaftliche Tätigkeit begonnen hatten.

Die durchschnittliche jährliche Abnahme des Arbeitskräftebestands war zwischen 1981 und 1991 mit 3,1% deutlich geringer als in den zwei Jahrzehnten zuvor (1971/1981 –3,7%, 1961/1971 –5,9%). Im Zeitraum 1961 bis 1991 stiegen, relativ betrachtet, immer weniger Landwirte in einen anderen Beruf um. Immer mehr in den Ruhestand tretende Bauern wurden durch junge Arbeitskräfte ersetzt. Eine Analyse der Volkszählungsergebnisse zeigt, daß von 100 Landwirten im Zeitraum 1961 bis 1971 16 den Beruf wechselten, gegenüber nur 5 zwischen 1981 und 1991. Von 100 Landwirten, die ihren Beruf altersbedingt aufgaben, wurden zwischen 1961 und 1971 27 durch junge Arbeitskräfte ersetzt, zwischen 1981 und 1991 waren es 42.

Der Trend dürfte sich aber Ende der achtziger Jahre umgekehrt haben. Die laufende WIFO-Fortschreibung des Arbeitskräftebestands ergibt ab 1991 den stärksten länger anhaltenden Rückgang seit 1945. Die Zahl der jungen mithelfenden Familienangehörigen sinkt besonders kräftig. Immer mehr potentielle Betriebsnachfolger verlassen nach der Pflichtschule den elterlichen Hof und werden in einem nichtlandwirtschaftlichen Beruf ausgebildet. Die Rückkehr zur hauptberuflichen Landwirtschaft wird dadurch unwahrscheinlicher. Nach der Hofübernahme werden die Betriebe zumeist nebenberuflich weitergeführt oder verpachtet.

Die beschleunigte Abnahme des Arbeitskräftebestands setzte bereits vor dem EU-Beitritt Österreichs ein. Sie kann zum Teil durch die im Zuge der GATT-Verhandlungen und der Ostöffnung gesunkenen Einkommenserwartungen der Bauern erklärt werden.

Die Agrarquote (gemessen am Anteil an den Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft) lag in Österreich 1994 mit 5,1% etwas unter dem EU-Durchschnitt. In Großbritannien erreichte sie 2,2%, in Deutschland 3,0% und selbst im Agrarexportland Niederlande nur 4,0%.

Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft

 

In 1.000

Anteile an den Beschäftigten insgesamt in %

     

1951

966,8 31,3

1961

698,3 21,7

1971

419,5 13,6

1981

287,4 8,8

1991

210,1 6,2
     

1995

165,7 4,8

Q: ÖSTAT, WIFO-Datenbank.

Struktur der Veränderungen des Beschäftigtenstands in der Land- und Forstwirtschaft

 

Bestands-
veränderung

Berufsaustritte1)

Berufswechsler2)

Neueintritte

 

In % des Anfangsbestands

In % der Berufsaustritte

         

1961/1971

–40 33 16 27

1971/1991

–31 33 9 30

1981/1991

–27 37 5 42

1) Durch Ruhestand oder Tod. – 2) Von der Landwirtschaft in einen nichtlandwirtschaftlichen Beruf.