6. August 1996 • Konjunkturklima in Österreichs Industrie günstiger als in der EU • Markus Marterbauer

WIFO-Konjunkturtest und EU-Umfragen lassen für Österreich im Gegensatz zu wichtigen Handelspartnern in der EU (Deutschland und Italien) eine leichte Verbesserung des Konjunkturklimas in der Industrie erkennen. Bauproduktion und -beschäftigung erholen sich witterungsbedingt. Die Inflation bleibt sehr niedrig, die Beschäftigungsentwicklung schwach.

Der WIFO-Konjunkturtest, der im Juli 1.150 Unternehmen mit etwa 250.000 Beschäftigten erfaßte, brachte Indizien für eine leichte Verbesserung der Industriekonjunktur. Die Produktionserwartungen der Unternehmen sind zum dritten Mal in Folge optimistischer als in der vorhergehenden Befragung, erstmals seit Anfang 1995 wurden nun auch die Auftragsbestände – vor allem aus dem Ausland – positiver als zuletzt eingeschätzt. Insbesondere die Betriebe der technischen Verarbeitung beurteilen die Industriekonjunktur günstiger. In der Bauwirtschaft und der Bauzulieferindustrie haben sich Auftragslage, Produktion und Beschäftigungssituation mit dem Aufholen der Produktionsausfälle aus dem langen Winter verbessert.

Die Ergebnisse des Konjunkturtests, der in Zusammenarbeit mit der EU durchgeführt wird, zeigen für Österreich ein günstigeres Konjunkturklima in der Industrie als in der Europäischen Union. Dort sinken die Indikatoren für das Vertrauen der Unternehmer in die künftige Entwicklung, die Produktionserwartungen und die Einschätzung der Auftragslage weiter. Für die Wirtschaft von Österreichs wichtigsten Handelspartnern sind kaum Anzeichen einer Belebung sichtbar. In Deutschland hat sich zwar die Konjunktur nach der Schwäche im Winterhalbjahr etwas stabilisiert, nachhaltigere Wachstumsimpulse – vor allem von seiten der Inlandsnachfrage – kündigen sich aber nicht an, die Arbeitsmarktlage bleibt außerordentlich schlecht. In Italien deuten die Konjunkturindikatoren auf einen Wachstumseinbruch hin. Der Export leidet unter dem Wertgewinn der Lira, die Binnennachfrage ist durch die restriktive Fiskal- und Geldpolitik beeinträchtigt.

Deutlich günstiger entwickelt sich die Konjunktur außerhalb der EU. Die USA weisen ein anhaltend kräftiges Wirtschaftswachstum auf, von dem insbesondere die Beschäftigung und die öffentlichen Haushalte profitieren. In Japan ist die Expansion weiterhin primär von umfangreichen Infrastrukturinvestitionen der öffentlichen Hand getragen, zunehmend verstärken sich aber auch privater Konsum und Investitionen. In Ost-Mitteleuropa schwächt sich das Wachstum aufgrund der zurückhaltenden Nachfrage aus der EU etwas ab, die Binnennachfrage – und mit ihr die Importe – nehmen weiterhin kräftig zu.

In Österreich dämpft die seit Mitte 1995 anhaltende Schwäche der Industrieproduktion auch die Entwicklung des Außenhandels. Die Erlöse aus Warenzahlungen lagen von Jänner bis Mai um nur noch 2,9% über dem Vorjahreswert, die Zahlungen für Importe wuchsen etwas rascher (+3,6%). Zur Verschlechterung der Leistungsbilanz trug neben der Handelsbilanz auch die Reiseverkehrsbilanz bei. Die Nächtigungen von ausländischen Gästen in Österreich lagen in den ersten fünf Monaten des Jahres um 1,3% unter dem Vorjahresniveau, die Deviseneingänge um 2,1% (–1,2 Mrd. S). Hingegen stiegen die Ausgaben der Österreicher im Ausland (einschließlich Warendirektimporte) um 3,1 Mrd. S.

Der Handel verzeichnete eine anhaltend mäßige Nachfrage nach nichtdauerhaften Konsumgütern, während der Umsatz mit Pkw und Einrichtungsgegenständen kräftig ausgeweitet werden konnte. Die Inflationsrate ist weiterhin sehr niedrig (Juni 1,6%), die Preise von Nahrungsmitteln und Bekleidung sinken nach wie vor, jene für Wohnungsausstattung steigen kaum. Auf dem Arbeitsmarkt hat sich seit dem Frühjahr vor allem die Situation in der Bauwirtschaft entspannt. In der Sachgüterproduktion, im öffentlichen Dienst und in den Bereichen Verkehr, Versicherungen und Banken geht die Beschäftigung weiter zurück. Die Arbeitslosenquote betrug im Juli 5,6%. Auf eine offene Stelle kamen 9 Bewerber.