9. April 1996 • Kräftige Expansion des Außenhandels 1995 wahrscheinlich • Jan Stankovsky

Der österreichische Export expandierte 1995 – trotz ungünstiger Rahmenbedingungen – mit +9% kräftig. Diese Beurteilung beruht allerdings auf Schätzungen, da Außenhandelsstatistiken infolge der Umstellungen nach dem EU-Beitritt fehlen.

Der österreichische Außenhandel expandierte nach den verfügbaren Daten bis zum Herbst 1995 kräftig; erst im letzten Quartal – insbesondere im Dezember – flachte die Dynamik deutlich ab. Er war damit eine wichtige Stütze der sich im Jahresverlauf merklich abschwächenden Binnenkonjunktur. Das WIFO schätzt den Zuwachs der Exporte auf 9,2%, jenen der Importe auf 7,5%. Real entspricht dies Wachstumsraten von etwa 8% bzw. 7%. Damit schnitt die österreichische Exportwirtschaft überraschend gut ab: Österreich gewann 1995 im internationalen Handel Marktanteile und behauptete sich besser als Deutschland (Export nominell +5,4%). Der Exporterfolg ist umso höher zu bewerten, als er trotz eher ungünstiger Rahmenbedingungen zustande kam: Der Schilling gewann im Jahresdurchschnitt 1995 nominell-effektiv (d. h. gegenüber dem Durchschnitt der Handelspartner) um 3,9%, real um 3,2% an Wert. Die Importnachfrage des Auslands ging infolge der Konjunkturschwäche in Westeuropa zurück; in Deutschland nahmen die Warenimporte 1995 um nur 2,7% zu.

Die Dynamik der österreichischen Exporte reichte aus, um das Handelsbilanzdefizit zu stabilisieren, obwohl auch der Importzuwachs recht kräftig war. Der Warenhandel trug somit nicht zur Verschlechterung der österreichischen Leistungsbilanz bei (von –20,6 Mrd. S 1994 auf –47,3 Mrd. S).

Diese Erfolge der österreichischen Exportwirtschaft werden freilich nur durch Schätzungen belegt. Als Information über die Entwicklung des Außenhandels im Jahr 1995 stand nur die Statistik der Warenzahlungen der OeNB zur Verfügung. In der Vergangenheit bestand ein enger statistischer Zusammenhang zwischen den Wachstumsraten der Warenzahlungen und jenen des Warenhandels; die Entwicklung der Warenzahlungen kann somit als eine brauchbare Annäherung an jene des Warenhandels dienen und wird vom WIFO bis zum Vorliegen zuverlässiger Außenhandelsstatistiken verwendet. Die Ergebnisse stimmen gut mit denen des WIFO-Quartalsmodells überein (Export 1995 +8,6%, Import +6,4%). Eine Schätzung der Wirtschaftskammer Österreich, die sich auf die "Spiegelstatistik" des Außenhandels der Partnerländer mit Österreich stützt, kommt zu ähnlichen Resultaten (Export nominell +10%, Import nominell +6%).

Die Einnahmen Österreichs aus dem Export kommerzieller Dienstleistungen (252 Mrd. S) entsprachen 1995 34,4% der Warenzahlungen, die Dienstleistungsimporte (197 Mrd. S) 24,5%. Die Dienstleistungsexporte gingen im Vorjahresvergleich um 0,6% zurück. Die Einnahmen aus dem Tourismus blieben um 1,9% unter dem Vorjahresniveau; die Exporte sonstiger (großteils "moderner") Dienstleistungen nahmen um nur 1,4% zu, was auf Strukturschwächen auch in diesem Bereich hinweist.