16. Februar 1996 • Weitere Abschwächung der Baukonjunktur in Westeuropa • Margarete Czerny

Die Perspektiven für Westeuropas Bauwirtschaft sind 1996 und 1997 sehr gedämpft. Der Sektor erholte sich nach der Rezession 1993 nur vorübergehend (1994 +3%) und blieb 1995 mit nur +1,6% deutlich hinter dem Wachstum der Gesamtwirtschaft zurück. Für 1996 und 1997 wird eine weitere Abschwächung auf +1,1% bzw. +0,9% erwartet. Die Ursachen dieser mäßigen Aussichten liegen vor allem in der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsschwäche, den Ausgabenkürzungen der öffentlichen Haushalte und der nachlassenden Wohnbaunachfrage.

Günstig entwickeln sich in Europa die Investitionen in die Gebäude- und Wohnungssanierung. Der Sanierungssektor hat am gesamten Bauvolumen einen Anteil von über 30%. In den nächsten Jahren wird sich die Baunachfrage weiter vom Neubau- zum Sanierungs- und Modernisierungssektor verlagern.

In Ost-Mitteleuropa hat die Bauwirtschaft die Transformationskrise 1995 überwunden und erwartet für 1996 und 1997 ein stabiles Wachstum von 6% p. a.

Im Gegensatz zur Entwicklung in Westeuropa verzeichnete die österreichische Bauwirtschaft in der ersten Hälfte der neunziger Jahre eine gute Konjunktur. 1995 wurden aber die öffentlichen Aufträge im Rahmen der Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung deutlich eingeschränkt, und auch der Wohnungsbau, bisher die Stütze der Baukonjunktur und der Gesamtwirtschaft, verlor gegen Ende 1995 merklich an Dynamik. Insgesamt stagnierte die reale Bauproduktion in Österreich 1995 real; 1996 ist mit einem Rückgang um 1%, 1997 um 3% zu rechnen.

Bemerkenswert ist die markante Verringerung der Baunachfrage seit Mitte 1995 und damit das Tempo des Konjunkturrückgangs. Im jüngsten WIFO-Konjunkturtest (Ende 1995) meldeten die Unternehmen die schlechteste Einschätzung seit der letzten Baurezession Mitte der siebziger und Anfang der achtziger Jahre: Für zwei Drittel aller Bauunternehmen hat sich die Auftragslage massiv verschlechtert. Als Konsequenz dieser Entwicklung muß heuer mit einem Höchststand an Winterarbeitslosigkeit gerechnet werden. Das kürzlich angekündigte Infrastrukturprogramm der Bundesregierung könnte der Bauwirtschaft, insbesondere dem sehr arbeitsintensiven Sanierungs- und Modernisierungssektor, wieder Impulse geben.