22. Jänner 1996 • Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit in Österreich und Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung • Gudrun Biffl

Seit den frühen achtziger Jahren ist der Strukturwandel mit wachsenden Ungleichgewichten auf dem Arbeitsmarkt verbunden, die die Arbeitslosigkeit stetig steigen lassen. Für diese Entwicklung kann kaum eine überdurchschnittliche Dynamik des Arbeitskräfteangebotes verantwortlich gemacht werden. Die Problematik ist viel eher in der schwachen Beschäftigungsentwicklung zu sehen. Österreich lag seit den sechziger Jahren in bezug auf die Kapazität, Arbeitsplätze zu schaffen, unter dem EU-Durchschnitt. Im Laufe der achtziger Jahre verfestigte sich die Arbeitslosigkeit, der Anteil der Langzeitarbeitslosen stieg.

Im Jahresdurchschnitt 1994 waren 68.400 Personen länger als ein halbes Jahr arbeitslos, 31,8% aller Arbeitslosen. Langzeitarbeitslosigkeit wird vor allem für ältere Arbeitskräfte eine zunehmende Bedrohung. 1994, als die durchschnittliche Arbeitslosenquote 6,5% betrug, lag sie für Jugendliche (15 bis unter 25 Jahre) mit 5,3% unter dem Durchschnitt, für ältere Arbeitskräfte hingegen deutlich darüber (50- bis 54jährige 8,6%, 55- bis 59jährige 9,5%).

Langzeitarbeitslose – eine heterogene Gruppe

Je nach Region und Auslöser für den Beschäftigungsverlust kristallisiert sich eine heterogene Gruppe von Personen heraus, die längerfristig ohne Beschäftigung bleibt. Im Zuge des jüngsten Strukturwandels waren überwiegend Frauentätigkeiten von überdurchschnittlichem Abbau und Rationalisierung betroffen. Die Langzeitarbeitslosenquote war in den Branchen mit Produktionsverlagerungen (vor allem Bekleidung, Lederwaren, Textilien) oder starkem technologischem Wandel am höchsten. Die hohe Langzeitarbeitslosigkeit im Graphik- und Verlagswesen dürfte eher eine Folge des technologischen Wandels und der Konzentrationsprozesse infolge der EU-Integration sein. Langzeitarbeitslosigkeit wurde auch verstärkt ein Problem im Tourismussektor, im Körperpflege- und Reinigungsbereich sowie in Kunst, Unterhaltung und Sport. Für Frauen kommen der Papier- und Chemiebereich, der Metall- und Elektrobereich sowie der Handel hinzu.

Handlungsbedarf für die Arbeitsmarktpolitik

Die Komplexität der Ursachen für den Wandel der Arbeitsmarktstrukturen, der sich in einem massiven Anstieg der Strukturkomponente der Arbeitslosigkeit niederschlägt, legt nahe, daß der Abbau der Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt längere Zeit in Anspruch nehmen wird und eine Herausfordererung an das Wirtschafts- und Sozialsystem bedeutet. Die Zunahme der Arbeitslosigkeit hatte vor allem eine Erhöhung der Ausgaben für Maßnahmen der passiven Arbeitsmarktpolitik (Lohnersatzleistungen) zur Folge. Die Ausgaben für aktive Maßnahmen entwickeln sich relativ wenig dynamisch. 1994 wurden für aktive Maßnahmen 4,963 Mrd. S ausgegeben, 9,5% der Gesamtausgaben für Arbeitsmarktpolitik. Um eine Spaltung der Arbeitslosen in gut vermittelbare und kaum vermittelbare zu vermeiden, ist nicht nur eine Ausweitung der Ausgaben für die Integration von Langzeitarbeitslosen anzustreben, sondern auch eine Weiterentwicklung der Maßnahmen insbesondere im Bereich der Beschäftigungsschaffung für arbeitsmarktpolitische Randgruppen.