15. April 2003 • 2002 starke Steigerung der Arbeitslosigkeit bei sinkendem Beschäftigungsniveau • Helmut Mahringer

Die Schwäche der Konjunktur bei gleichzeitiger Zunahme des Arbeitskräfteangebotes hatte im Jahr 2002 den stärksten Anstieg der Arbeitslosigkeit seit 1993 zur Folge (+28.500). Die Arbeitslosenquote erreichte damit nach österreichischer Berechnung 6,9%, jene der Frauen betrug 6,4%, die der Männer 7,2%.

Überdurchschnittlich stieg 2002 die Arbeitslosigkeit der Älteren und der unter 25-Jährigen: Im Vergleich mit 2001 waren um 42,1% mehr Männer ab 60 Jahren (+1.100 Personen) und um 42,9% mehr Frauen ab 55 Jahren (+2.100) als arbeitslos registriert. Diese Gruppen waren von der Anhebung des Antrittsalters für die vorzeitige Alterspension um 1,5 Jahre (Anpassungszeitraum bis Ende 2002) betroffen. Ihre Arbeitslosenquote erreichte 11,4% (Männer ab 60 Jahren) bzw. 10,8% (Frauen zwischen 55 und 59 Jahren) und lag damit jeweils an der Spitze aller Altersgruppen.

Obwohl die anhaltende Schwäche der Arbeitskräftenachfrage im Jahr 2002 zunehmend auch die Arbeitslosigkeit Höherqualifizierter steigen ließ, finden nach wie vor insbesondere Geringqualifizierte keinen Arbeitsplatz: Personen ohne Berufsausbildung (d. h. höchstens mit Pflichtschulabschluss) stellen 45% der Arbeitslosen, während sich die Nachfrage nach Arbeitskräften in vielen Bereichen in Richtung höherer Qualifikationen entwickelt.

Im Jahr 2002 wurde der stärkste Rückgang der aktiven unselbständigen Beschäftigung (ohne Präsenzdienst und Bezug von Kinderbetreuungs- oder Karenzgeld) seit 1996 registriert (–14.600, Männer –16.700 oder –1,0%, Frauen +2.100 oder +0,2%). Hatten sich die Arbeitsplatzverluste 2001 auf wenige Wirtschaftsbereiche konzentriert, so wurde im Gefolge der anhaltenden Konjunkturschwäche im Jahr 2002 bereits in weiten Teilen der Wirtschaft Beschäftigung abgebaut – neben der Sachgütererzeugung (mit Ausnahme der Chemieindustrie) und der Bauwirtschaft nun auch im Handel (–3.000 Beschäftigungsverhältnisse, –0,6%). In den Dienstleistungsbereichen "Verkehr und Nachrichtenübermittlung" (–4.000 bzw. –1,8%) und "öffentliche Verwaltung" (–4.800 bzw. –1,0%) hatte der Beschäftigtenstand bereits 2001 im Zuge der Strukturanpassung und Privatisierung (Postdienste) sowie der Konsolidierungsmaßnahmen und Verwaltungsreformschritte der öffentlichen Hand abgenommen. Die größten Beschäftigungsgewinne wurden 2002 in den unternehmensbezogenen Dienstleistungen (+10.300 bzw. +3,8%), im Gesundheits- und Sozialwesen (+3.700 bzw. +2,3%), im Gaststättenwesen (+2.700 bzw. +1,8%) und im Unterrichtswesen (+1.700 bzw. +1,3%) verzeichnet.

Während die Anhebung des Antrittsalters für die vorzeitige Alterspension und der Zuzug von ausländischen Arbeitskräften das Arbeitskräfteangebot erhöhten, wirkte sich die Verlängerung der höchstmöglichen Bezugsdauer für das Kinderbetreuungs- bzw. Karenzgeld in einem Rückgang der Erwerbsbeteiligung von Frauen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren aus. Deren Erwerbsquote sank (ohne Bezieherinnen von Karenz- und Kindergeld und ohne gleichzeitige Erwerbstätigkeit) um 2,1 Prozentpunkte von 68,4% auf 66,3%. Diese Verringerung der Erwerbsbeteiligung jüngerer Frauen bedeutet eine Umkehr des Trends der letzten Jahre. In den Altersgruppen zwischen 55 und 65 Jahren stieg die Erwerbsquote hingegen um 2,6 Prozentpunkte (von 27,2 auf 29,8%).

Wegen der ungünstigen Arbeitsmarktentwicklung des vergangenen Jahres konnten einige Ziele, die im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung (NAP) für das Jahr 2002 festgelegt waren, nicht erreicht werden: Die Zahl der aktiv Beschäftigten stieg zwischen 1997 und 2002 nicht wie beabsichtigt um 100.000, sondern um 95.000, und die Arbeitslosenquote lag (nach Eurostat) bei 4,3% statt 3,5%. Knapp verfehlt wurden auch die Ziele hinsichtlich des Ausbaus der aktiven Arbeitsmarktpolitik: Der Anteil der in Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik erfassten Personen sollte 20% der Arbeitslosen (einschließlich Maßnahmenteilnehmer) betragen, die Quote blieb mit 19,1% etwas unter dem Plan. Weitgehend erreicht wurde hingegen die Halbierung der Übertritte Arbeitsloser in Langzeitarbeitslosigkeit gegenüber dem Jahr 1997.

Keiner der im NAP verwendeten Indikatoren für die Zielerreichung erlaubt jedoch einen unmittelbaren Rückschluss auf Wirkungen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik auf das Niveau von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit oder die Verbesserung von Wiederbeschäftigungschancen von Arbeitslosen. Dazu wäre sowohl die Betrachtung von Wirkungsindikatoren – wie etwa der Dauer und Stabilität einer Rückkehr Arbeitsloser in die aktive Erwerbstätigkeit – notwendig als auch die Abgrenzung gegenüber Effekten, die auch ohne zusätzliche Maßnahmen der Politik, etwa aufgrund des Konjunkturverlaufs, zu erwarten gewesen wären.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 4/2003!