25. Februar 2003 • Österreichische Direktinvestitionen im Osten boomen • Jan Stankovsky

14. Ausgabe der "WIIW-WIFO-Datenbank über Direktinvestitionen in Osteuropa und der früheren UdSSR" erschienen – Österreichs Unternehmen haben ihre Position als Investor im Osten ausgeweitet. Die Neuinvestitionen verdoppelten sich von 1 Mrd. € 1999 auf 2,1 Mrd. € 2000 und auf 2,6 Mrd. € 2001. Sie erreichten in der ersten Jahreshälfte 2002 mit 1,6 Mrd. € (1,4 Mrd. $) einen Spitzenwert. Der Investitionsboom dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte 2002 fortgesetzt haben. Der österreichische Marktanteil an den Neuinvestitionen in den Oststaaten stieg von 8% im Jahr 2001 auf über 10% in der ersten Hälfte 2002.

Die Aktivitäten der österreichischen Unternehmen in Osteuropa haben vor allem die Erschließung und die Sicherung der bestehenden Märkte, zum Teil auch Kostensenkungen durch die Auslagerung arbeitskostenintensiver Produktionsvorgänge zum Ziel. Sie stützen sich aber auch auf die Leistungsfähigkeit der Tochterunternehmen sowie auf die Rentabilität des dort investierten Kapitals. Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen über die EU-Erweiterung im Dezember 2002 in Kopenhagen dürfte den Direktinvestitionen im Osten wichtige Impulse verleihen.

Im Vordergrund des Interesses der österreichischen Investoren steht gegenwärtig Tschechien. Dazu tragen nicht nur die geographische Nähe, die relativ hohe Kaufkraft der Bevölkerung und die industrielle Tradition des Landes bei, sondern auch das Angebot an zu privatisierenden Unternehmen. Tschechien ist seit 1998 das wichtigste Zielland für österreichische Direktinvestitionen im Osten; lediglich 2001 nahm die Slowakei den ersten Rang ein.

In der ersten Jahreshälfte 2002 investierten österreichische Anleger in Tschechien 0,7 Mrd. €, das entsprach etwa 40% aller Ostinvestitionen. An zweiter Stelle lag etwas überraschend Kroatien (0,3 Mrd. €) – ein Land, das nicht zu den EU-Beitrittskandidaten zählt. Die politische und wirtschaftliche Konsolidierung Kroatiens hat offenbar die österreichischen Investoren überzeugt. Die Neuinvestitionen in Slowenien und Ungarn erreichten mit jeweils knapp 0,2 Mrd. € etwa die Hälfte des Investitionsvolumens des gesamten Jahres 2001. Wie zumeist in der Vergangenheit waren auch 2002 die Investitionen in Polen mit 80 Mio. € gering. Unbedeutend waren die Kapitalströme aus Österreich in die baltischen Länder, nach Russland und in die Ukraine.

Der Bestand der österreichischen Direktinvestitionen in den Oststaaten erreichte Ende 2000 den Wert von 8,0 Mrd. €. Eine Fortschreibung mit den Neuinvestitionen ergibt für Ende 2001 einen Bestand von 10,6 Mrd. €, für Mitte 2002 von 12,2 Mrd. €.

Österreich baut Stellung als Investor im Osten aus

Seit Ende der neunziger Jahre konnte die österreichische Wirtschaft ihre Position als Investor im Osten ausweiten. Der österreichische Marktanteil an den Neuinvestitionen in der Region stieg von 3,3% im Jahr 1998 kontinuierlich auf 8,3% 2001 und erreichte in der ersten Hälfte 2002 mit 10,2% seinen bisher höchsten Wert. An den Neuinvestitionen in Mitteleuropa war Österreich 2002 mit 12,3% beteiligt; hier sticht das Ergebnis in der Slowakei mit einem Anteil von 43,5% hervor. Aber auch in Ungarn (24,5%) und Slowenien kam fast ein Viertel der gesamten Auslandsinvestitionen aus Österreich.

Tschechien war in der ersten Jahreshälfte 2002 der größte Empfänger von ausländischem Investitionskapital im Osten. Mit einem Anteil von 11,1% behauptete sich Österreich auch auf diesem Markt gut. Gering war hingegen der österreichische Marktanteil in Polen. Die starke Position Österreichs in Südosteuropa ist vor allem auf das Ergebnis in Kroatien zurückzuführen: Fast die Hälfte der Auslandsinvestitionen in diesem Land kam 2002 aus Österreich. Auch in Rumänien war Österreich gut vertreten.

Im Jahr 2000 waren laut OeNB-Erhebung österreichische Unternehmen an insgesamt 1.169 "größeren" Tochtergesellschaften in den Oststaaten beteiligt. An erster Stelle stand Ungarn mit 392 Unternehmen vor Tschechien (287). Über 100 Niederlassungen gab es in Polen und in der Slowakei. Dazu kommen gut 10.000 "kleinere" Niederlassungen und Vertretungen in den Oststaaten. Die Gesamtzahl der österreichischen "Ost-Unternehmen" wurde von der Wirtschaftskammer Österreich im Jahr 2000 auf fast 12.000 geschätzt. In den 1.169 österreichischen Unternehmen in den Oststaaten waren im Jahr 2000 insgesamt 162.400 Personen beschäftigt (gewichtet mit dem Anteil am Kapital), davon jeweils knapp 50.000 in Tschechien und Ungarn, 21.000 in Polen. Ein bedeutender Arbeitgeber war Österreich auch in der Slowakei. Bemerkenswert ist die starke Zunahme der Beschäftigung im Jahr 2000 in Tschechien und Polen, während in Ungarn ein leichter Rückgang zu verzeichnen war.

Rentabilität der österreichischen Direktinvestitionen in den Oststaaten

Die Direktinvestitionen österreichischer Unternehmen in Osteuropa sind überwiegend rentabel. Nach einer schwierigen Umstellungsphase Mitte der neunziger Jahre wirft die Mehrzahl der österreichischer Tochterunternehmen im Osten hohe Erträge ab. Die Zahl der von der OeNB erfassten Tochterunternehmen Österreichs im Osten stieg von 120 im Jahr 1989 auf fast 1.200 im Jahr 2000. Anfang der neunziger Jahre wurden in 80% der Beteiligungen Erträge erzielt, da sich offenbar das Interesse der österreichischen Investoren auf rentable Unternehmen stützte. Bereits Mitte der neunziger Jahre hingegen lieferte fast die Hälfte der Tochtergesellschaften Verluste: Ganz Osteuropa geriet in eine Transformationsrezession, die teils schmerzhafte Umstrukturierungen der Unternehmen notwendig machte. Ende der neunziger Jahre nahm der Anteil der rentablen Gesellschaften wieder merklich zu.

Im Jahr 2000 erreichten die österreichischen Tochtergesellschaften in den Oststaaten ein Jahresergebnis (ohne Gewinn- und Verlustvorträge) von 654 Mio. €. Die sanierten Unternehmen erzielten einen Gewinn von 878 Mio. €; dem standen Niederlassungen mit Verlusten von 224 Mio. € gegenüber. Die Verbesserung der Ertragslage wird besonders deutlich anhand der Rentabilität der österreichischen Ostbeteiligungen (Jahresergebnis in Prozent des Eigenkapitals): Zu Beginn der neunziger Jahre war die Rentabilität vorübergehend hoch. Während der kritischen Phase 1992 bis 1995 sank sie aber unter 1% bzw. war in einigen Jahren sogar negativ. Seit 1996 verbessert sich die Ertragskraft der österreichischen Ostunternehmen markant und überschritt zuletzt die 10%-Marke. Da weiterhin relativ viele Unternehmen – vermutlich überwiegend Neuübernahmen oder Neugründungen – Verluste ausweisen, muss die Rentabilität der sanierten Unternehmen besonders hoch sein und nicht selten bei 20% des investierten Kapital liegen. Die hohe Ertragskraft der Ostunternehmen wird u. a. von den österreichischer Kreditunternehmen bestätigt. Die Rentabilität der Tochtergesellschaften österreichischer Anleger im Osten war in den vergangenen Jahren etwa doppelt so hoch wie jene in anderen Ländern.

Abbildung 1: Eigenkapitalrentabilität österreichischer Direktinvestitionen in den Oststaaten

Jahresergebnis in % des Eigenkapitals

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte der Studie von WIIW und WIFO: Gαbor Hunya (WIIW), Jan Stankovsky (WIFO), WIIW-WIFO Database. Foreign Direct Investment in CEECs and the Former Soviet Union with Special Attention to Austrian FDI Activities (60 Seiten, 47,00 €, Download http://titan.wsr.ac.at:8880/wifosite/wifosite.get_abstract_type?p_language=1&pubid=23518).