4. Dezember 2002 • Wenig Anzeichen für eine Konjunkturerholung • Markus Marterbauer

Die Schwäche der Binnennachfrage in Österreich und bei den wichtigsten Handelspartnern prägt die aktuelle Entwicklung der Wirtschaft. Die Konjunkturhoffnungen richten sich auf eine Beschleunigung des Aufschwungs in den USA, diese ist aber mit erheblichen Risken behaftet. In Österreich sind Ausrüstungsinvestitionen und Importe rückläufig, die Industrieproduktion liegt leicht unter dem Vorjahresniveau, der Einzelhandel wächst kaum, im Tiefbau zeigt sich eine leichte Erholung, der Export wächst gedämpft. Aus dem ungünstigen Verlauf der Gesamtnachfrage folgen eine deutliche Abnahme der Beschäftigung, ein Anstieg der Arbeitslosigkeit und ein Rückgang der Steuereinnahmen.

Die aktuellen Konjunkturindikatoren deuten nicht auf einen Wirtschaftsaufschwung hin. Die Erwartungen der Unternehmen der Sachgütererzeugung in bezug auf die künftige Produktion haben sich stabilisiert, der Output lag im Sommer allerdings noch unter dem niedrigen Niveau des Vorjahres (arbeitstätig bereinigter Produktionsindex III. Quartal –1/2%). Die Absatzschwäche schlägt sich auch in geringer Bereitschaft zu Investitionen in neue Kapazitäten nieder. Die Kapazitätsauslastung in der Sachgütererzeugung liegt unter dem langjährigen Durchschnitt, die Unternehmen planen laut WIFO-Umfragen eine Einschränkung ihrer Investitionstätigkeit, und der Import von Investitionsgütern geht merklich zurück.

Die ungünstige Wirtschaftslage wird durch fehlende Nachfrage wichtiger Handelspartner und eine anhaltende Schwäche der heimischen Binnennachfrage geprägt. Die Ausfuhr in den Binnenmarkt der EU ist nur etwas höher als vor einem Jahr; es ist primär die rege Nachfrage aus Ost-Mitteleuropa und Südostasien, die Zuwächse im Export ermöglicht (I. bis III. Quartal nominell etwa +3% gegenüber dem Vorjahr). Im Euro-Raum sind derzeit keine Anzeichen einer Konjunkturerholung zu erkennen. Das Wirtschaftswachstum betrug im 1. Halbjahr nur 0,5% und dürfte im 2. Halbjahr nur wenig über 1% hinausgehen. Die Konsumausgaben sind real kaum höher als vor einem Jahr, die Investitionen merklich niedriger. Von der Wirtschaftspolitik kommen keine expansiven Impulse. Die einzige Hoffnung für einen Konjunkturaufschwung in der EU liegt deshalb in einer Verstärkung der Erholung in den USA.

In den USA wächst die Wirtschaft dank reger Binnennachfrage und expansiver Geld- und Fiskalpolitik zwar deutlich kräftiger als in Europa (III. Quartal +1% gegenüber dem Vorquartal und +31/4% gegenüber dem Vorjahr), der Aufschwung ist allerdings mit Risken behaftet, die vor allem den privaten Konsum betreffen. Günstig entwickeln sich die Ausgaben für Investitionsgüter im Bereich von Ausrüstungen und Software.

In Österreich trägt die Dämpfung der Binnennachfrage zur Konjunkturflaute wesentlich bei. Die Umsätze im Einzelhandel leiden unter der Stagnation der Nettomasseneinkommen und der schlechten Arbeitsmarktlage. Sie übertrafen das niedrige Niveau des Vorjahres im III. Quartal nur wenig (+1,3%), saisonbereinigt ist kein Wachstum zu erkennen. Die Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern (vor allem Pkw) ist weiterhin besonders schwach. In der Bauwirtschaft zeichnet sich eine Erholung im Tiefbau ab, hingegen bleibt der Wohnbau von Nachfragemangel geprägt. Auch der deutliche Rückgang der Importe (Jänner bis August nominell –4% laut Außenhandelsstatistik, Jänner bis September –2% laut Warenzahlungsstatistik) belegt das Fehlen einer regen Binnennachfrage. Das trägt wesentlich zum Verschwinden des Leistungsbilanzdefizits bei.

Die ungünstige Konjunktur beeinflusst zwei zentrale Bereiche von wirtschaftspolitischer Bedeutung negativ – den Arbeitsmarkt und die öffentlichen Haushalte:

  • Die Beschäftigung geht deutlich zurück – im November lag die Zahl der unselbständig Erwerbstätigen (ohne Präsenzdiener und Bezieherinnen von Karenz- und Kindergeld) um 20.300 unter dem Wert des Vorjahres, die Zahl der Arbeitslosen um 12.200 darüber. Neben Sachgüterindustrie und Bauwirtschaft werden zunehmend Dienstleistungsbranchen von Arbeitsmarktproblemen erfasst. Deshalb geht nun auch die Beschäftigung von Frauen merklich zurück.
  • Die Bruttosteuereinnahmen des Staates blieben von Jänner bis November um 2,6% unter dem Vorjahreswert. Für Dezember muss – auch aufgrund des hohen Vorjahresniveaus – mit einem weiteren Rückgang gerechnet werden. Auch die Beitragseinnahmen der Sozialversicherung bleiben angesichts der ungünstigen Arbeitsmarktlage unter den Erwartungen. Die Ausgaben des Bundes für Arbeitslosigkeit steigen beträchtlich.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 12/2002!