11. November 2002 • Stockende Konjunktur • Ewald Walterskirchen

Die WIFO-Unternehmensbefragungen zeigen seit Jahresbeginn eine schwache Aufwärtstendenz, die jedoch von Rückschlägen unterbrochen wird. Im IV. Quartal hellte sich die Stimmung in der Sachgütererzeugung leicht auf. Alle Indikatoren deuten derzeit auf eine mäßige Aufwärtsentwicklung, aber nicht auf einen Aufschwung hin.

Die Konjunktur bleibt im Euro-Raum und in Österreich nach wie vor schwach. Die Wirtschaft hat sich zwar im Frühjahr erholt, die Dynamik ist seither jedoch sehr gering, und ein Aufschwung setzte nicht ein. Die Hauptgründe liegen darin, dass die Investitions- und Konsumnachfrage gedrückt ist und die Wirtschaft der USA als Konjunkturmotor nicht in Gang kommt. Die Vermögensverluste der privaten Haushalte, die mit den drastischen Kurseinbrüchen an den Börsen verbunden waren, lassen auf absehbare Zeit eine Dämpfung der Kauflust der Verbraucher erwarten. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Konjunktur und des Irak-Konflikts sowie Überkapazitäten im IT-Bereich hatten einen Einbruch der Investitionstätigkeit zur Folge.

Der WIFO-Konjunkturtest zeigt das Auf und Ab der Stimmung in diesem Jahr. Auf überzogene Aufschwungshoffnungen im 1. Halbjahr folgten eine Verschlechterung der Einschätzung im III. Quartal und eine leichte Aufhellung im IV. Quartal. Die Zuversicht, die die Umfragen im 1. Halbjahr wiedergaben, schlug sich relativ wenig in den Produktionszahlen nieder. Sie bezog sich immer eher auf die Erwartungen als auf die aktuelle Geschäftslage.

Die österreichische Wirtschaft wuchs im 1. Halbjahr gegenüber dem Vorjahr um ½%; im 2. Halbjahr ist mit etwas höheren Wachstumsraten zu rechnen. Das Ausmaß der Beschleunigung hängt von der Stabilisierung der Weltwirtschaft und auch vom Weihnachtsgeschäft ab. Die jüngsten verfügbaren Daten deuten in den Sommermonaten auf eine Stagnation der Sachgüterproduktion und einen leichten Anstieg der Exporte im Vorjahresvergleich hin.

Die österreichische Leistungsbilanz ergab im 1. Halbjahr erstmals seit 1992 einen Überschuss. Auch die üblicherweise stark passive Warenbilanz drehte ins Plus. Der Hauptgrund liegt im merklichen Rückgang jener Nachfragekomponenten, die eine hohe Importintensität aufweisen: vor allem Investitionsgüter und Autos. Aber auch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit, gemessen an den relativen Lohnstückkosten, entwickelt sich heuer sehr günstig. Sie verbessert sich in der Sachgütererzeugung gegenüber den Handelspartnern um 2% bis 3%.

Der Preisauftrieb verringerte sich im Laufe des Jahres weiter. Im September war die Teuerungsrate mit 1,6% um ½ Prozentpunkt niedriger als zu Jahresbeginn. Die Inflationsberuhigung wirkte sich auch auf die Lohnrunde aus. Die Kollektivvertragslöhne wurden in den meisten Branchen um 2% bis 2¼% angehoben. Damit konnten die aktuelle Inflation und ½ Prozentpunkt der Produktivitätssteigerung abgegolten werden.

Auf dem Arbeitsmarkt kann eine Trendwende erst nach einer spürbaren Erholung der Wirtschaft eintreten. Im Oktober nahm die Zahl der Arbeitsplätze gegenüber dem Vorjahr um 21.700 ab. Der Rückgang fiel ähnlich hoch aus wie in den Monaten zuvor. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit verlangsamte sich im Herbst vor allem aufgrund zunehmender Schulungsaktivitäten. Österreich zählt heuer zu den Ländern mit der stärksten Steigerung der Arbeitslosigkeit in der EU.

Die Auswirkungen der Konjunkturschwäche könnten zur Folge haben, dass das Defizit der öffentlichen Haushalte heuer 1,5% des BIP erreicht. Das hängt jedoch noch von der Wirtschaftsentwicklung am Jahresende ab. Jedenfalls bleibt das Budgetdefizit in Österreich im Gegensatz zu Portugal, Deutschland, Frankreich und Italien weit unter der 3%-Marke.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 11/2002!