11. Oktober 2002 • Privatversicherungswirtschaft 2001: Rückkehr zur Normalität • Thomas Url

Lebensversicherung wird verstärkt zur privaten Altersvorsorge genutzt – Umstellung der Förderung gefährdet diese Entwicklung – Die Prämieneinnahmen der privaten Versicherungswirtschaft nahmen 2001 stärker zu als das nominelle Bruttoinlandsprodukt. Das zeigt nicht nur einen erhöhten Sicherheitsbedarf der österreichischen Privathaushalte, sondern ist auch Folge einer Umschichtung im Finanzvermögen.

Das Prämienwachstum war in den drei Versicherungsabteilungen wesentlich ausgeglichener als im Vorjahr: In der Lebensversicherung verringerte sich die Steigerungsrate der Prämienzahlungen auf +7,4%. Sowohl in der Kranken- als auch in der Schaden-Unfallversicherung wurden im Vergleich zu den Vorjahren hohe Wachstumsraten erreicht, sodass sich die Verteilung der Prämieneinnahmen auf die drei Versicherungsabteilungen nur geringfügig zugunsten der Lebensversicherung verschob. Erstmals wurden in der Schaden-Unfallversicherung weniger als die Hälfte der Prämieneinnahmen verzeichnet (Übersicht 1).

Übersicht 1: Abgegrenzte Bruttoprämien

 

Alle Sparten

Lebensversicherung

Krankenversicherung

Schaden- und Unfallversicherung

Versicherungsdurchdringung1)

 

Mio. €

In % des gesamten Prämienvolumens

In % des BIP

           

1997

11.353

32,7

9,8

57,5

5,4

1998

11.560

35,5

9,6

54,8

5,4

1999

12.420

38,6

9,1

52,3

5,5

2000

13.254

40,7

8,8

50,6

5,7

2001

13.975

41,4

8,7

49,9

5,9

Q: Finanzmarktaufsicht, Statistik Austria. –  1)  Berechnung auf Basis verrechneter direkter, inländischer Prämien.

Die Lebensversicherung entwickelt sich verstärkt von einem Veranlagungsprodukt mit Versicherungsschutz zu einem Altersvorsorgeprodukt. Neben der Ertragssicherheit von Lebensversicherungen dürfte auch das grundsätzliche Bedürfnis nach einer Ausweitung der Eigenvorsorge positive Wirkung auf den Absatz von Lebensversicherungen haben.

Dementsprechend dynamisch entwickelte sich das Prämienvolumen der Rentenversicherungen (+42,8%); das sind Versicherungsverträge, die bei Eintritt des Versicherungsfalls eine laufende Rentenzahlung zusichern. Der Großteil der Einzahlungen erfolgte durch Einmalerläge mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren und schöpft damit die steuerlichen Förderungen im Rahmen der Sonderausgaben und der Befreiung von der Kapitalertragsteuer während der Sparphase aus.

Die geförderte Pensionszusatzversicherung nahm 2001 erstmals einen deutlichen Aufschwung. Die eingezahlten Prämien erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um mehr als die Hälfte auf 6,6 Mio. €. Insgesamt wurden 2001 10% der Einzahlung bis zum Höchstbetrag von 1.000 € in Form einer staatlichen Prämie unterstützt. Die Anhebung der Förderung dürfte die ursprünglich in der Branche geäußerten Bedenken über die abschreckende Wirkung der mangelnden Flexibilität von Pensionszusatzversicherungen mehr als ausgeglichen haben.

Gleichzeitig mit dem Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 wurde die Förderung der privaten Altersvorsorge im Rahmen der Pensionszusatzversicherungen und Pensionsinvestmentfonds durch eine Förderung der Beiträge zu neu zu schaffenden "Zukunftsvorsorgeeinrichtungen" abgelöst. Die Übertragung von Pensionszusatzversicherungen in Zukunftsvorsorgeeinrichtungen steht vor erheblichen versicherungstechnischen Problemen. Die bisher abgeschlossenen Pensionsinvestmentfondsverträge können mit einer Übergangsfrist von einem Jahr in eine "Zukunftsvorsorgeeinrichtung" übertragen werden, die zu mindestens 60% in Aktien veranlagen muss. Zusätzlich wurde die regionale Streuung der Aktienveranlagung auf Börsen eingeschränkt, die eine Marktkapitalisierung unter 30% des Bruttoinlandproduktes aufweisen; dazu zählt neben Athen und Lissabon auch Wien. Sowohl die bisherigen staatlichen Prämien für Beiträge zu Pensionszusatzversicherungen und Pensionsinvestmentfonds als auch die Befreiung von der Kapitalertragsteuer und der Einkommensteuer werden auslaufen und durch eine etwas höhere Förderung für Beiträge an Zukunftsvorsorgeeinrichtungen ersetzt. Die Zukunftsvorsorgeeinrichtungen müssen eine Kapitalgarantie für die eingezahlten Beiträge abgeben. In der derzeitigen Gesetzesfassung sind Investmentfonds und Mitarbeitervorsorgekassen zum Betrieb einer Zukunftsvorsorgeeinrichtung berechtigt.

Abgesehen von der zu hohen Konzentration der Veranlagung auf niedrigkapitalisierte und illiquide Börsen erschüttert die umgesetzte Reform der Förderung privater Altersvorsorge das Vertrauen der Vorsorgenden in die Dauerhaftigkeit staatlicher Zusagen. Die geförderte Pensionszusatzversicherung und die Pensionsinvestmentfonds wurden erst mit 1. Jänner 2000 eingeführt. Die langfristig ausgerichtete Förderzusage des Staates wurde in Form eines Initiativantrags der Regierung im Herbst 2002 aufgehoben. Sprunghafte Änderungen der langfristigen Rahmenbedingungen gefährden den dauerhaften Aufbau einer geförderten privaten Altersvorsorge.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 10/2002!