9. Oktober 2002 • Die Preisentwicklung vor dem Hintergrund der Euro-Bargeldeinführung. Keine Teuerungswelle als Folge der Bargeldumstellung in Österreich • Wolfgang Pollan

Detaillierte Vergleiche mit Deutschland und der Schweiz sowie eine Analyse des zeitlichen Verlaufes einzelner Untergruppen des Verbraucherpreisindex liefern keine Hinweise darauf, dass der Einführung des Euro als Bargeld in Österreich eine starke preiserhöhende Wirkung zuzuschreiben wäre. In einigen Bereichen traten jedoch Preiserhöhungen auf, die mit der Währungsumstellung zusammenhängen könnten.

Eine Branche, die in großem Ausmaß die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zog, war die Gastronomie. Anders als in Deutschland (und in anderen Ländern der Euro-Zone) wurde der Jahreswechsel 2001/02 in Österreich nicht dazu genützt, die Preise hinaufzusetzen. Erst im Juni 2002 traten Preiserhöhungen in Kraft, die als Euro-bedingte Nachzieheffekte gedeutet werden können.

In anderen Dienstleistungssektoren weicht die Entwicklung in Österreich allerdings nur wenig von jener in der Euro-Zone ab. Relativ stark erhöht wurden die Preise im Friseurgewerbe, von Autoreparaturen sowie von Installationsdienstleistungen – zum Teil schon zur Jahreswende, zum Teil erst in den nachfolgenden Monaten, wenngleich die Jahresveränderungsraten überwiegend unter der Marke von 5% bleiben.

Auch die Preisentwicklung der Industrieerzeugnisse beansprucht besonderes Interesse, entfällt auf diese Gruppe doch rund ein Drittel der Konsumausgaben. Hier ist insgesamt eine stabile Entwicklung zu beobachten, mit Preissteigerungsraten unter jenen in Deutschland (und in der Euro-Zone). Allerdings ist zuletzt in einigen Bereichen eine leichte Anhebung der Preise zu verzeichnen.

Konsumenten überschätzen Preisauftrieb

Laut Umfragen wurde der Preisauftrieb von den Konsumenten als höher wahrgenommen, als er tatsächlich war. In Teilen der Bevölkerung entstand der Eindruck, dass der Anstieg der Inflation in der Euro-Vorbereitungsphase ursächlich mit der Einführung des Euro verknüpft sei. Laut Eurobarometer glauben 68,5% der Bewohner in der Euro-Zone, dass die Preise nach der Bargeldumstellung in allen Bereichen aufgerundet wurden. Mit einem entsprechenden Wert von 41% sind die Österreicher zwar mit der Preisentwicklung relativ zufrieden, aber auch hier stellt sich die Frage, warum die Einschätzung der Bevölkerung ("gefühlte" Inflation) so stark von dem Bild abweicht, das durch die Preisstatistik gezeichnet wird.

Zum Teil erklärt sich diese Diskrepanz damit, dass die Verbraucher der Preisentwicklung von Waren und Dienstleistungen, die sie häufig kaufen bzw. beanspruchen, ein großes Gewicht beimessen; dagegen werden Veränderungen der Preise von Anschaffungen, die nur in größeren Abständen getätigt werden, oder von Leistungen, die routinemäßig beansprucht werden (z. B. Miete) kaum wahrgenommen.

Tatsächlich stiegen gerade die Preise von Waren, die häufig angeschafft werden, bis zur Jahreswende 2001/02 und darüber hinaus stark: Beispiele hiefür sind Treibstoffe, Obst, Gemüse sowie Fleisch, Milch und Milchprodukte. Andere Waren und Dienstleistungen dagegen verteuerten sich nur geringfügig oder wurden sogar billiger. Angesichts des Auseinanderklaffens der Preisentwicklung in diesen Bereichen ist es plausibel, dass die Verbraucher die Inflation als gravierender empfanden, als sie tatsächlich war.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 10/2002!