8. August 2002 • Aufschwung verzögert sich • Markus Marterbauer

Aufgrund der anhaltenden Schwäche der Binnennachfrage – die in einer Stagnation der Einzelhandelsumsätze und einem Rückgang der Bauproduktion zum Ausdruck kommt – ist die Entwicklung in der Exportindustrie von besonderer Bedeutung für den weiteren Konjunkturverlauf. Im III. Quartal hat sich laut WIFO-Konjunkturtest die Beurteilung der Exportaufträge durch die Unternehmen der Sachgütererzeugung leicht verbessert. Hingegen hat sich das gesamte Geschäftsklima eingetrübt. Die Kapazitätsauslastung bleibt schwach, sodass sich auch für die Investitionstätigkeit keine Belebung abzeichnet.

Im Sommer entwickelten sich die Konjunkturindikatoren sehr unterschiedlich. Die Konjunktur befindet sich in einer labilen Situation, die vorliegenden Daten deuten auf eine Verzögerung des Aufschwungs hin. Die Unternehmen beurteilen die aktuelle Auftragslage etwas günstiger als zuletzt. Unerwartet kam aber der Rückschlag im Geschäftsklima der Industrie, den der WIFO-Konjunkturtest für das III. Quartal anzeigt. Nachdem sich die Produktionserwartungen der Unternehmen in der Sachgütererzeugung im I. und II. Quartal merklich verbessert und so den Beginn eines Aufschwungs angedeutet hatten, ging der Indikator im Juli wieder zurück (Saldo der optimistischen und pessimistischen Meldungen +3 Prozentpunkte, nach +7 im II. Quartal). Dies betrifft alle Branchen, besonders aber die Bereiche Vorprodukte (Eisenhütten, Gießereien, Papier) und Investitionsgüter (Maschinen, Fahrzeuge, Elektrogeräte), die im Konjunkturzyklus früh reagieren.

Seit Jahresbeginn ist die Kapazitätsauslastung in der Sachgütererzeugung nicht gestiegen, der Auslastungsgrad liegt um 2 Prozentpunkte unter dem längerfristigen Durchschnitt. Die Investitionen in neue Kapazitäten bleiben deshalb gering. Der WIFO-Investitionstest vom Juli lässt einen deutlichen Rückgang der Investitionstätigkeit im Jahr 2002 erwarten. Auf die geringe Investitionsbereitschaft weist auch die Abnahme der Importe an Investitionsgütern zu Jahresbeginn um 8% hin.

In dem durch Verunsicherung geprägten Wirtschaftsklima, das im Konjunktur- und Investitionstest des WIFO zum Ausdruck kommt, schlägt sich die labile Situation der Weltkonjunktur nieder. In den USA expandierte das BIP im II. Quartal mit +2,1% gegenüber dem Vorjahr weniger als von der Mehrzahl der Beobachter erwartet. Die Kursverluste auf den Aktienmärkten haben sich im Juli beschleunigt und dürften Konsum- und Investitionsnachfrage weiter dämpfen. Der Rückgang des Einkaufsmanagerindex im Juli deutet darauf hin, dass die Produktion kaum mehr expandiert. Allerdings sind in den USA auch einige positive Signale zu verzeichnen: Die Nachfrage nach Informationstechnologien, deren Zusammenbruch die Rezession 2001 wesentlich geprägt hat, beginnt wieder zu expandieren, und der negative Außenbeitrag zum BIP weist darauf hin, dass die Nachfrage in den USA weiterhin deutlich stärker wächst als in den anderen Ländern.

Abbildung 1: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests

Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten Unternehmen, saisonbereinigt

Vor allem in Europa bremst die Stagnation der Inlandsnachfrage die Konjunktur. Verbrauchervertrauen und Geschäftsklima im Einzelhandel sind rückläufig. Die Bauwirtschaft kann sich nicht aus ihrer Krise lösen. Ebenso zeigen die Ausrüstungsinvestitionen noch keine Tendenzen einer Belebung. Wie im I. Quartal dürfte das Wachstum des BIP im II. Quartal in der Euro-Zone hinter jenem der USA zurückbleiben. Während die Inflation kontinuierlich nachlässt, beschleunigt sich der Anstieg der Arbeitslosigkeit. Die Wirtschaftspolitik verhält sich weiter abwartend.

Eine ausgeprägte Schwäche der Inlandsnachfrage zeigt sich auch in Österreich. Im Einzelhandel stagnierten die Umsätze im 1. Halbjahr auf dem Niveau des Vorjahres (real +0,1%). Die Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern sinkt merklich, die Zahl der Pkw-Neuzulassungen war von Jänner bis Mai um fast 10% niedriger als im Vorjahr. In der Bauwirtschaft blieb der Produktionswert sogar in nomineller Rechnung nur knapp über dem Vorjahresergebnis (Jänner bis April +1%). Der WIFO-Konjunkturtest für die Bauwirtschaft kündigt im Tiefbau eine leichte Aufwärtstendenz an, im Wohnungsbau wird die Lage weiterhin als schlecht eingeschätzt. Die ungünstige Entwicklung der Inlandsnachfrage kommt auch in den Importdaten zum Ausdruck. Die Warenimporte lagen laut Angaben von Statistik Austria von Jänner bis April nominell um 4¼% unter dem Wert der Vorjahresperiode, die Cash-Daten der OeNB zeigen für Jänner bis Mai einen Rückgang um 1%. Während die Inlandsnachfrage schwach war, wurde der Export bis ins Frühjahr ausgeweitet. Laut Außenhandelsdaten von Statistik Austria erhöhte sich die Ausfuhr von Jänner bis April um durchschnittlich 2¼% (April +9,6%); Cash-Daten der OeNB zeigen von Jänner bis Mai einen Anstieg der Zahlungseingänge für Warenlieferungen um 5¾% gegenüber dem Vorjahr.

Vor dem Hintergrund der gedämpften Konjunktur ist keine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt zu erkennen. Im Gegenteil, die Zahl der aktiv Beschäftigten war im Juli deutlich niedriger als im Vorjahr (–20.000, Jänner bis Juli –10.300), die Zahl der Arbeitslosen erreichte im Juli mit 192.000 den höchsten Sommerwert seit vier Jahren. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote betrug 7,0% der unselbständigen Erwerbspersonen bzw. 4,2% der Erwerbspersonen laut Eurostat. Der Preisauftrieb geht – geprägt durch sinkende Kosten von Energie und Telekommunikation – weiter zurück. Im Juni betrug die Inflationsrate nur noch 1,7% (HVPI +1,5%). Dienstleistungspreise (vor allem Restaurants), aber auch die Kosten von Versicherungen sind deutlich höher als im Vorjahr.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 8/2002!