3. Juli 2002 • Österreichs Unternehmen sichern Ostmärkte durch Direktinvestitionen. Slowakei wichtigstes Zielland im Jahr 2001 • Gαbor Hunya, Jan Stankovsky

13. Ausgabe der "WIIW-WIFO-Datenbank über Direktinvestitionen in Osteuropa und der früheren UdSSR" erschienen – Der Rekordwert der österreichischen Direktinvestitionen in Osteuropa aus dem Jahr 2000 (2,4 Mrd. €) wurde im Vorjahr neuerlich erreicht. 2002 setzte sich der Investitionsboom fort. Österreichische Unternehmen bauen durch Firmenübernahmen ihre wirtschaftliche Präsenz in Osteuropa aus, um die Chancen des großen europäischen Marktes wahrzunehmen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Die bevorstehende Osterweiterung der EU intensiviert die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Beitrittskandidaten aus Osteuropa und verstärkt in den MOEL den Zustrom von Auslandskapital aus dem Westen. Der Beitritt zur EU wird in den neuen Mitgliedsländern das Wachstum beschleunigen. Sie werden zur Übernahme des umfassenden Rechtsbestands der Union verpflichtet, wodurch das Investitionsrisiko merklich verringert wird. Zugleich werden die noch bestehenden Handelshindernisse (z. B. Grenzkontrollen) zwischen den alten und neuen EU-Mitgliedsstaaten beseitigt. Das senkt die Handelskosten und erleichtert die grenzüberschreitende Unternehmenskooperation. Österreichische Unternehmen bauen durch Übernahmen und Kapitalbeteiligungen ihre wirtschaftliche Präsenz in Osteuropa aus, um die Chancen des großen europäischen Marktes wahrzunehmen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das Kapitalengagement in Osteuropa brachte bisher für Österreich überwiegend Vorteile und wird sich auch in Zukunft positiv auswirken. Es wäre eine wichtige Aufgabe der österreichischen Wirtschaftspolitik, diesen Prozess nach Möglichkeit zu fördern.

Außergewöhnlich kräftig expandierten die österreichischen Direktinvestitionen in Osteuropa im Jahr 2000. Sie haben sich mit 2,4 Mrd. € (2,1 Mrd. $) gegenüber 1999 (1,0 Mrd. €) mehr als verdoppelt. Dieses Ergebnis – mit dem Österreich seine Stellung als Investor in Osteuropa merklich verbessert hat – wurde im Jahr 2001 (Neuinvestitionen 2,4 Mrd. €) neuerlich erreicht. Die große Bedeutung Osteuropas für die österreichische Wirtschaft ist daran abzulesen, dass im Jahr 2000 fast 40% der gesamten österreichischen Neuinvestitionen im Ausland, 2001 sogar 80% auf die Oststaaten entfielen.

2002 nahmen nach den bisher verfügbaren Daten die österreichischen Direktinvestitionen im Ausland merklich zu: In den ersten 4 Monaten wurden insgesamt 1,8 Mrd. € im Ausland investiert – fast dreimal so viel wie in der Vergleichsperiode 2001. Regionale Statistiken sind zwar noch nicht verfügbar, doch dürften die Ostinvestitionen maßgeblich zu dem hohen Gesamtergebnis beigetragen haben.

Das wichtigste Zielland der österreichischen Direktinvestitionen im Osten war 2001 mit 0,6 Mrd. € die Slowakei. Etwa ein Drittel dieses Betrags entfiel auf die Übernahme der Slowakischen Sparkasse. Das hohe Engagement in der Slowakei ist auch ein Zeugnis für das Vertrauen der österreichischen Wirtschaft in dieses Land. Die Erfolge im Rahmen der Beitrittsverhandlungen mit der EU – Mitte Juni 2002 hatte die Slowakei 26 von insgesamt 31 Kapiteln abgeschlossen, mehr als Tschechien oder Ungarn – rechtfertigen dieses Vertrauen.

Auf einem hohen Niveau stabilisierten sich die österreichischen Direktinvestitionen in Ungarn, dem zu Beginn der Transformationsperiode mit Abstand wichtigsten Zielland des österreichischen Engagements. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre stagnierte der Kapitalstrom aus Österreich nach Ungarn bzw. war sogar rückläufig. 1999 betrugen die österreichischen Neuinvestitionen in Ungarn nur 60 Mio. €. Das Jahr 2000 brachte mit 0,4 Mrd. € einen Aufschwung, der sich 2001 mit 0,5 Mrd. € fortsetzte. In Ungarn ist die Privatisierung der Staatsbetriebe abgeschlossen. Direktinvestitionen dienen jetzt vorwiegend Neugründungen bzw. der Erweiterung der bestehenden Unternehmen. Österreichische Investoren vollzogen diese Umstellung offenbar erst mit Verzögerung nach.

In Tschechien blieben 2001 die österreichischen Neuinvestitionen mit 0,4 Mrd. € deutlich unter dem Wert des Jahres 2000 (0,9 Mrd. €). Die hohen Investitionen im Jahr 2000 stützten sich auf ein Großprojekt im Bankensektor. Ein Rekordergebnis erreichten mit 0,3 Mrd. € die österreichischen Direktinvestitionen in Slowenien. Dieses Land vollzog die Liberalisierung seines Kapitalmarktes bisher zurückhaltend. Insgesamt entfielen auf die 4 Nachbarstaaten Österreichs mit 1,8 Mrd. € mehr als drei Viertel aller Ostinvestitionen.

Wie zumeist in der Vergangenheit spiegeln auch im Vorjahr die Direktinvestitionen von 0,2 Mrd. € ein erhebliches Interesse der österreichischen Unternehmen an einem Engagement in Kroatien wider. Dieses Land zählt zwar noch nicht zu den Beitrittskandidaten der EU, doch dürfte es in die nächste Erweiterungsrunde (gemeinsam mit Bulgarien und Rumänien) einbezogen werden. Wieder enttäuschend fielen 2001 mit knapp 0,2 Mrd. € die österreichischen Direktinvestitionen in Polen, dem größten Land der Region, aus. Fast bedeutungslos waren die Direktinvestitionen in den baltischen Staaten und in Russland.

Der Bestand an österreichischen Direktinvestitionen in den Oststaaten (Gesamtkapital) erreichte Ende 2001 10,3 Mrd. € (9,0 Mrd. $). Er hat sich innerhalb von nur zwei Jahren fast verdoppelt (1999: 5,5 Mrd. €). Jeweils ein Viertel des Kapitalstocks im Osten entfällt auf Ungarn und Tschechien. Beachtlich sind gegenwärtig auch die österreichischen Direktinvestitionen in der Slowakei (14%). In Polen und Slowenien haben österreichische Unternehmen jeweils 1 Mrd. € investiert.

Die Zahl der "österreichischen" Unternehmen in den Oststaaten erreichte laut Statistik der WKÖ im Jahr 2000 11.833, davon 3.250 in Tschechien und 2.250 in Ungarn. Aktuellere Daten sind nicht verfügbar.

An den gesamten ausländischen Direktinvestitionen in den Oststaaten (Bestände) waren österreichische Unternehmen 1999 mit 4,4%, im Jahr 2000 mit 4,9% und 2001 mit 5,1% beteiligt. Damit stabilisierten sie ihre Stellung als Investoren im Osten oder bauten sie sogar leicht aus. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre verzeichnete Österreich hingegen zum Teil erhebliche Positionsverluste.

Übersicht: Marktanteil Österreichs an den Direktinvestitionen in den Oststaaten

Bestände
 

1995

1998

1999

2000

2001

 

In %

           

Mitteleuropa

10,6

7,4

6,8

7,5

7,6

  Tschechien

12,9

9,1

7,4

9,4

8,5

  Slowakei

16,0

18,4

18,1

15,5

20,4

  Ungarn

13,4

9,2

8,7

9,9

9,7

  Polen

2,1

2,0

2,2

2,4

2,3

  Slowenien

15,6

19,2

21,2

22,4

25,9

Südosteuropa

4,4

5,1

5,0

5,6

5,8

  Rumänien

.

3,1

3,2

5,2

5,4

  Kroatien

20,8

14,1

9,4

9,0

9,0

Baltikum

0,6

0,4

0,2

0,2

0,2

Russland

0,5

0,0

0,5

0,7

0,6

           

Oststaaten

7,8

4,7

4,4

4,9

5,1

  10 EU-Beitrittskandidaten

9,7

6,5

6,0

6,7

6,8

           

In Mitteleuropa war Österreich am Kapital ausländischer Direktinvestitionen im Jahr 2001 mit 7,6% beteiligt. Besonders stark ist Österreich in Slowenien (Marktanteil 25,9%) und in der Slowakei (20,4%) vertreten. Gut positioniert sind heimische Unternehmen auch in Ungarn (9,7%) und in Tschechien (8,5%). Traditionell schwach ist hingegen das Engagement in Polen (2,3%). In Südosteuropa kamen im Jahr 2001 5,8% aller ausländischen Direktinvestitionen aus Österreich, mit Schwerpunkten in Kroatien (9,0%) und auch Rumänien. Sehr gering sind die Direktinvestitionen in den baltischen Staaten und in Russland.

Die steigende Tendenz spiegelt sich besonders in den Neuinvestitionen: Österreichs Marktanteil erhöhte sich hier von 3,4% im Jahr 1998 auf 7,2% im Jahr 2001. In Mitteleuropa erreichte Österreich einen Marktanteil von über 10%, in Südosteuropa von mehr als 8%.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte der Studie von WIIW und WIFO: Gαbor Hunya, Jan Stankovsky: WIIW-WIFO Database. Foreign Direct Investment in CEECs and the Former Soviet Union with Special Attention to Austrian FDI Activities (50 Seiten, 47,00 €, http://titan.wsr.ac.at:8880/wifosite/wifosite.get_abstract_type?p_language=1&pubid=22257).