10. Juni 2002 • Konjunkturerholung kommt zögernd voran • Ewald Walterskirchen

Die WIFO-Unternehmensbefragungen deuten nun schon seit fast einem halben Jahr auf einen Aufschwung der Industriekonjunktur in Österreich hin. Im April und Mai hat sich die Einschätzung der aktuellen Wirtschaftslage nicht weiter verbessert, die Aussichten für die kommenden Monate sind jedoch weiterhin positiv zu beurteilen.

Die internationale Rezession ist überwunden: Der Aufschwung hat schon begonnen, sein Tempo ist noch ungewiss. In den USA nahm das reale Bruttoinlandsprodukt im IV. Quartal 2001 und im I. Quartal 2002 bereits deutlich zu, gefördert durch eine sehr aktive antizyklische Politik. In Westeuropa wurden dagegen die Erwartungen zu Jahresbeginn enttäuscht. Die Wirtschaft der EU stagnierte im I. Quartal. Während der Abschwung im Vorjahr in der EU annähernd synchron zu den USA erfolgte, sind die Anzeichen eines Aufschwungs in diesem Jahr weniger ausgeprägt. Alle vorauseilenden Konjunkturindikatoren deuten jedoch auf eine Erholung hin.

Auch in Österreich wächst die Zuversicht der Unternehmen bereits seit Monaten. Vor allem die Produktionserwartungen und andere in die Zukunft gerichtete Indikatoren werden wesentlich günstiger eingeschätzt. Im April und Mai hat sich die Stimmung allerdings nicht weiter verbessert.

Nach vorläufigen Berechnungen stagnierte die Sachgütererzeugung im I. Quartal nominell auf dem Vorjahresniveau, die Bauproduktion wurde dagegen in den Wintermonaten massiv eingeschränkt. Je empfindlicher der Konjunktureinbruch, umso ausgeprägter ist auch die Saisonabschwächung. Die Bauwirtschaft bot in den ersten vier Monaten 2002 um rund 7.000 Arbeitsplätze (–31/4%) weniger als im Jahr zuvor.

Der Einzelhandel (ohne Kfz) und der Großhandel erholten sich im I. Quartal (real jeweils +1/2%). Der erhebliche Rückgang der Kfz-Umsätze (real –5%) drückte jedoch die Wertschöpfung des Handels unter das Vorjahresniveau. Die Pkw-Käufe reagieren stark auf konjunkturbedingte Schwankungen von Einkommen und Kosten (Erdölpreis). Noch wesentlich deutlicher schwankt jedoch die Investitionstätigkeit der Unternehmen im Konjunkturverlauf. Sie blieb im I. Quartal sehr schwach. Das spiegelt sich vor allem in einer nominellen Verringerung der Importe von Maschinen und Verkehrsmitteln in den ersten zwei Monaten um 11% gegenüber dem Vorjahr. Der Tourismus entwickelte sich dagegen in der Wintersaison weiterhin lebhaft: Die Umsätze nahmen nominell um 41/2% zu.

Die Inflationsrate sinkt allmählich. Im April betrug sie 1,8%, etwas weniger als in den letzten Monaten. Ausschlaggebend dafür waren die Beruhigung der Gemüsepreise, die Verbilligung von Mobiltelefonen und – nur im Vorjahresvergleich – auch die Energiepreise. Im internationalen Vergleich schneidet Österreich bezüglich der Preisstabilität sehr gut ab: Laut Harmonisiertem Verbraucherpreisindex beträgt die Teuerungsrate in Österreich 1,6%, im Euro-Raum 2,4%. In einigen westeuropäischen Ländern scheint sich der Preisauftrieb durch die Euro-Einführung beschleunigt zu haben, in Österreich war das nicht der Fall.

Auf dem Arbeitsmarkt ist erwartungsgemäß noch keine Trendwende zu erkennen. Die offizielle Statistik wies im Mai 3,155.600 unselbständig Beschäftigte aus, um 5.500 mehr als vor einem Jahr. Diese Daten enthalten jedoch auch die Bezieher von Kindergeld mit aufrechtem Dienstverhältnis und sind deshalb für die Beurteilung der Arbeitsmarktlage nicht aussagefähig. Die Zahl der Arbeitsplätze (ohne Kindergeldbezieher und Präsenzdiener) verringerte sich im Mai gegenüber dem Vorjahr um 11.600. Der Rückgang fiel etwas stärker aus als im Durchschnitt der ersten vier Monate des Jahres. Die Arbeitsplatzverluste in der Sachgüterproduktion (–13.000 im April) und der Bauwirtschaft bedeuteten eine Zunahme der Arbeitslosengeldzahlungen, jene im Verkehrssektor (Post, Telekom, ÖBB) und im öffentlichen Dienst erfolgten überwiegend zulasten von Pensionszahlungen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 6/2002!