28. Mai 2002 • Steuerpolitik und Investitionsverhalten in Österreich • Serguei Kaniovski

Das WIFO untersucht in seinem jüngsten Monatsbericht unter dem Titel "Kapitalnutzungskosten in Österreich" den Einfluss der Steuerpolitik auf die Bestimmungsfaktoren für das unternehmerische Investitionsverhalten. Einen möglichen Zugang zur Quantifizierung des Einflusses der Unternehmensbesteuerung auf die Investitionstätigkeit bietet das Konzept der Kapitalnutzungskosten, indem es die Wechselwirkungen einiger wichtiger steuerpolitischer Instrumente in überschaubarer Weise erfasst.

Die Kapitalnutzungskosten sind bestimmend für das Investitionsverhalten der Unternehmen. Sie wurden für den privatwirtschaftlichen Sektor in Österreich von 1976 bis 2000 berechnet und einer Sensitivitätsanalyse in Bezug auf die einzelnen steuerpolitischen Instrumente unterzogen. Dabei werden nur die wesentlichsten Besteuerungsvariablen berücksichtigt, die für eine in Österreich ansässige Kapitalgesellschaft im Untersuchungszeitraum von Bedeutung waren: die Gewerbesteuer, die Körperschaftsteuer, die steuerliche Abschreibung und der Investitionsfreibetrag.

Aufgrund der Erkenntnisse aus der Investitionsliteratur und der vorliegenden Berechnungen lassen sich zusammenfassend folgende Schlussfolgerungen ziehen:

Die Unternehmensbesteuerung hat demnach eine quantifizierbare Wirkung auf das Investitionsverhalten, welche wiederum stark vom gesamtwirtschaftlichen Umfeld abhängt. Die Kapitalnutzungskosten werden einerseits durch die Zins- und Preisentwicklung sowie andererseits durch die technologisch bedingte ökonomische Lebensdauer der Investitionsgüter bestimmt.

Die Steuerbelastung des Kapitals ist im Laufe der achtziger und neunziger Jahre gesunken. Diese Entwicklung wurde überwiegend durch den Rückgang des Zinsniveaus bestimmt. Obwohl die Steuerbelastung durch die Steuerreformen 1988/89 und 1993/94 insgesamt gesenkt wurde, hatte die begleitende Senkung des Investitionsfreibetrags eine Abschwächung der Investitionsförderung zur Folge.

Der Einfluss der Unternehmensbesteuerung auf die Kapitalnutzungskosten und damit auf das Investitionsverhalten hängt von der Finanzierungsstruktur der Investitionen ab. Insbesondere wird der investitionsdämpfende Effekt einer Körperschaftsteuererhöhung durch die (satzabhängige) Steuerbegünstigung der Fremdkapitalzinsen merklich verringert. Analog ist im Fall einer Steuersenkung ebenfalls nur eine geringe Wirkung auf das Investitionsverhalten des privaten Sektors zu erwarten (Übersicht 1).

Übersicht 1: Auswirkungen einer Veränderung des Normalsatzes ausgewählter steuerpolitischer Instrumente auf Kapitalnutzungskosten und Bruttoinvestitionen

Stützperiode: 1976 bis 2000

 

Bruttoinvestitionen

 

Gewerbesteuer1)

Körperschaftsteuer

Investitionsfreibetrag

Abschreibungssatz

 

Veränderung in % als Folge einer Anhebung des Normalsatzes der steuerpolitischen Instrumente um 1 Prozentpunkt

         
         

Mit Fremdfinanzierung

       

Maschinen und Geräte

- 0,23

- 0,15

0,38

1,00

Fahrzeuge

- 0,11

- 0,08

0,39

0,46

Nichtwohnbauten

- 0,50

- 0,06

0,36

4,52

Immaterielle Anlagen und sonstige Ausrüstungen2)

- 0,19

- 0,16

-

0,18

         

Gesamteffekt3)

- 0,34

- 0,10

0,36

2,52

Q: WIFO. –  1)  Bis 1993. –  2)  Kein Investitionsfreibetrag, da die steuerliche Lebensdauer unter 4 Jahren liegt. –  3)  Mit dem Anteil an den gesamten Privatinvestitionen ohne Wohnbau gewichteter Durchschnitt.

Die Kapitalnutzungskosten für langlebige Kapitalgüter weisen in der Regel die höchste Sensitivität gegenüber Änderungen des Satzes der Besteuerungsvariablen auf. Die Anhebung der steuerrechtlich anerkannten Abschreibungssätze um z. B. 1 Prozentpunkt hat mit einer Steigerung der Bruttoinvestitionen um 2,52% unter allen Maßnahmen (Senkung des Körperschaftsteuersatzes, Anhebung des Investitionsfreibetrags) den größten Wirkungsgrad. Allerdings fällt die dadurch entstehende Entlastung des Kapitals, im Gegensatz zu einer unmittelbar spürbaren Steuertarifsenkung, erst allmählich an.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 5/2002!