28. Februar 2002 • Österreichs Position als Direktinvestor in Osteuropa verbessert • Gαbor Hunya, Jan Stankovsky

Zwölfte Ausgabe der WIIW-WIFO-Datenbank über Direktinvestitionen in Osteuropa und der früheren UdSSR erschienen • Im Jahr 2000 verdoppelten sich die österreichischen Direktinvestitionen im Osten im Vergleich zum Vorjahr. Dieser Aufschwung setzte sich in der ersten Jahreshälfte 2001 fort, flachte im 2. Halbjahr aber ab. Insgesamt erreichten die Ostinvestitionen im Jahr 2001 nicht ganz den Wert von 2000, sie übertrafen aber das Niveau von Ende der neunziger Jahre.

Die österreichischen Neuinvestitionen im Osten erreichten im Jahr 2000 2,4 Mrd. €, nach 1,0 Mrd. € 1999 bzw. 0,8 Mrd. € 1998. Im 1. Halbjahr 2001 wurde mit Investitionen im Wert von 1,4 Mrd. € ein neuer Höchstwert erreicht. Der Großteil der österreichischen Direktinvestitionen im Osten entfällt traditionell auf Nachbarländer. Die 10 EU-Beitrittskandidatenländer waren im 1. Halbjahr 2001 mit 1,2 Mrd. € beteiligt. Waren in der Vergangenheit Tschechien und Ungarn die wichtigsten Zielländer der österreichischen Ostinvestitionen gewesen, so nahm 2001 die Slowakei (0,6 Mrd. €) den Spitzenplatz ein. Maßgeblich trug zu diesem Ergebnis die Übernahme der Slowakischen Sparkasse (Slovenska Sporitelna) durch die österreichische Erste Bank zu Jahresbeginn 2001 bei: Die Erste erwarb für 412 Mio. € einen Anteil von 87% an der Sporitelna.

Die österreichischen Direktinvestitionen in Ungarn gingen in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre merklich zurück, 1999 machten sie nur 60 Mio. € aus. Das Jahr 2000 brachte mit einem Sprung auf 437 Mio. € eine Wende. Der Aufwärtstrend setzte sich in der ersten Jahreshälfte 2001 (214 Mio. €) fort. Ein gutes Ergebnis wurde 2001 auch in Slowenien mit Direktinvestitionen von 205 Mio. € erreicht. Deutlich abgeschwächt haben sich in der ersten Hälfte 2001 die Direktinvestitionen in Polen (107 Mio. € nach 315 Mio. € im Jahr 2000) und vor allem in Tschechien. Hier wurde nach 900 Mio. € im Jahr 2000 ein Volumen von nur 70 Mio. € realisiert; derzeit noch schwer abzuschätzen, ob die Verschlechterung der politischen Beziehungen zu diesem enttäuschenden Ergebnis beigetragen hat. Berichte über eine Benachteiligung potentieller Investoren aus Österreich liegen nicht vor; der Export nach Tschechien verlor zwar an Dynamik, die Wachstumsraten waren aber höher als im Handel mit Ungarn oder Slowenien.

Österreichs Direktinvestitionen in Südosteuropa (insgesamt 200 Mio. €) flossen in der ersten Jahreshälfte 2001 insbesondere nach Rumänien (80 Mio. €) und Kroatien (78 Mio. €). Nach wie vor gering ist das Interesse der österreichischen Investoren an Russland (41 Mio. €) und den anderen Nachfolgestaaten der UdSSR sowie den baltischen Ländern.

Der Bestand an österreichischen Direktinvestitionen in den Oststaaten erreichte Ende 2000 7,9 Mrd. € und kann Mitte 2001 auf 9,3 Mrd. € geschätzt werden. Im Jahr 1995 hatte er nur 2,4 Mrd. € ausgemacht, im Jahr 1990 0,4 Mrd. €. Zwischen 1990 und 2000 sind die Direktinvestitionen im Osten somit auf das Zwanzigfache gestiegen. Jeweils etwa ein Viertel der dieses Volumens entfällt auf Ungarn und Tschechien. Der Statistik der Wirtschaftskammer Österreich zufolge waren in den Oststaaten im Jahr 1990 nur 921 "österreichische" Unternehmen tätig, im Jahr 2000 insgesamt bereits 11.833.

Die österreichischen Direktinvestitionen im Ausland sind heute vor allem auf zwei Regionen konzentriert: Von dem Gesamtbestand von 22,7 Mrd. € Ende 2000 entfielen auf die EU 40,2%, auf die Oststaaten 34,7%. Gemessen an den Neuinvestitionen war der Osten 2000 und 2001 mit 65,9% bzw. 85,3% die wichtigste Zielregion.

Über die Branchen sind die österreichischen Ostinvestitionen breit gefächert: 1999 entfielen 40% auf die Sachgüterproduktion, vor allem auf die chemische Industrie, die Glas- und die Nahrungsmittelindustrie sowie die Bauwirtschaft. Im Dienstleistungssektor (60%) stehen Banken und Versicherungen mit 27% sowie der Handel mit 19% im Vordergrund.

Multinationale Unternehmen aus Österreich beschäftigten 1999 insgesamt 199.200 Arbeitnehmer im Ausland. Die Zahl der von Österreich abhängigen Arbeitsplätze im Ausland nahm in den neunziger Jahren zu – von 47.800 im Jahr 1990 auf 135.400 1996. Zu dieser Internationalisierung trug maßgeblich die Expansion in Osteuropa bei: Die Zahl der Beschäftigten von österreichischen Tochterunternehmen im Osten stieg von 10.800 1990 auf 85.400 1996 und 128.100 im Jahr 1999, der Anteil der Oststaaten an den gesamten Auslandsbeschäftigten vergrößerte sich von 25% 1990 auf 63% 1996 bzw. 64% 1999. Hiezu kommen Beschäftigte in den "Enkelunternehmen" (1999 insgesamt 46.700, in den Oststaaten etwa 18.700). In Summe waren somit 146.800 Personen in österreichischen Unternehmen im Osten beschäftigt.

Österreich gewinnt wieder Marktanteile im Osten

Österreichs Investoren konnten ihre Position in Osteuropa in den vergangenen Jahren wieder erheblich verbessern. Der österreichische Marktanteil an den Neuinvestitionen im Osten stieg von 4,0% 1999 auf 7,6% 2000 und 8,4% in der ersten Hälfte 2001. Österreich ist damit wieder einer der wichtigsten Investoren in Osteuropa. An den Direktinvestitionen in den 10 EU-Beitrittskandidatenländern war Österreich im Jahr 2001 mit 10,5% beteiligt, doch variierten die Ergebnisse nach Ländern: In Slowenien und der Slowakei kam mehr als ein Fünftel des gesamten ausländischen Investitionskapitals aus Österreich. Auch in Ungarn (Marktanteil 15,4%) und Rumänien (12,0%) waren österreichische Unternehmen gut vertreten. Hingegen hat die österreichische Wirtschaft in Tschechien und Polen die Spitzenposition unter den westlichen Investoren verloren. In Tschechien sank der österreichische Marktanteil von 18,0% im Jahr 2000 auf nur 4,8%, in Polen erreichte er nur 3,5%. Traditionell stark vertreten ist Österreich in Kroatien (Marktanteil 14,8%), schwach hingegen in Russland (3,1%). Von den Beständen an Direktinvestitionen im Osten entfielen auf Österreich Mitte 2001 4,9%, in Mitteleuropa 7,6%, in Südosteuropa 5,5%. In Slowenien und in der Slowakei stellte Österreich (wie im Bereich der Neuinvestitionen) mehr als ein Fünftel des gesamten ausländischen Investitionskapitals, in Ungarn, Kroatien und Tschechien jeweils etwa 9%.

Übersicht 1: Österreichs Marktanteil an Direktinvestitionen in den Oststaaten

 

Neuinvestitionen

Bestände

 

2000

2001

2000

2001

   

1. Halbjahr

 

1. Halbjahr

 

In %

         

Mitteleuropa

10,0

11,5

7,5

7,6

  Tschechien

18,0

4,8

9,7

8,5

  Slowakei

7,8

70,3

15,5

21,4

  Ungarn

23,7

15,4

9,9

9,4

Südosteuropa

9,0

8,4

5,6

5,5

Russland

1,8

3,1

0,7

0,7

         

Oststaaten

7,6

8,4

4,9

4,9

  10 EU-Beitrittskandidatenländer

9,4

10,5

6,7

6,7

Die bevorstehende Aufnahme der Beitrittswerber aus Osteuropa in die EU wird die wirtschaftliche Zusammenarbeit weiter vertiefen und den Zustrom von Auslandskapital aus dem Westen verstärken. Die Integration wirtschaftlich hochentwickelter Industriestaaten mit weniger fortgeschrittenen Ländern löst Investitionsströme aus. Dies wird durch die Erfahrungen aus der Süderweiterung der EU bestätigt. Der Beitritt zur EU wird in den neuen Mitgliedsländern das Wachstum beschleunigen. Die Beitrittskandidaten werden zur Übernahme des umfassenden Rechtsbestands der Union verpflichtet, sodass das Investitionsrisiko merklich verringert wird. Zugleich werden die noch bestehenden Handelshindernisse (z. B. Grenzkontrollen) zwischen den alten und neuen EU-Mitgliedstaaten beseitigt; dies verringert die Handelskosten und erleichtert grenzüberschreitende Unternehmenskooperationen. Alle diese Faktoren werden die Attraktivität Osteuropas als Investitionsstandort erhöhen. Österreichs Unternehmen haben gute Chancen, sich in diesem Wettbewerb im Osten zu behaupten. Das Kapitalengagement in Osteuropa brachte bisher für Österreich überwiegend Vorteile und wird sich auch in Zukunft positiv auswirken. Es wäre eine wichtige Aufgabe der österreichischen Wirtschaftspolitik, diesen Prozess nach Möglichkeit zu fördern.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte der folgenden Studie von WIIW und WIFO: Gαbor Hunya (WIIW), Jan Stankovsky (WIFO), WIIW-WIFO Database: Foreign Direct Investment in Central and East European Countries and the Former Soviet Union (50 Seiten, erscheint halbjährlich, EUR 47,00 bzw. ATS 646,73, Download: EUR 38,00 bzw. ATS 522,89; http://titan.wsr.ac.at:8880/wifosite/wifosite.get_abstract_type?p_language=1&pubid=21334) • Bestellungen bitte an das WIFO, z. Hd. Christine Kautz, Tel. (1) 798 26 01/282, E-Mail Christine.Kautz@wifo.ac.at, oder an das WIIW, Tel. (1) 533 66 10-0.