26. Februar 2002 • Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung • Gernot Hutschenreiter

Die Mehrzahl der OECD-Länder unterstützt Forschung und Entwicklung sowohl mittels direkter Förderungen als auch zunehmend durch steuerliche Anreize. Die EU widmet steuerlichen Anreizen für F&E derzeit erhöhte Aufmerksamkeit. Österreich verfügt mit dem Forschungsfreibetrag über ein im internationalen Vergleich durchaus generöses Instrument der steuerlichen F&E-Förderung. In seiner derzeit gültigen Form weist der Forschungsfreibetrag jedoch manche Schwachpunkte auf. Eine Reform, die einige dieser Schwächen beseitigen soll, befindet sich derzeit im Stadium der Umsetzung.

Die österreichische Bundesregierung verfolgt das Ziel, bis 2005 die Forschungsquote (Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt) von derzeit etwas über 1,8% auf 2,5% zu steigern. Zur Erreichung dieses Ziels ist es u. a. erforderlich, die im internationalen Vergleich schwachen F&E-Investitionen der heimischen Unternehmen anzuheben. Eine nach internationalem State-of-the-Art gestaltete steuerliche Förderung kann, in Verbindung mit anderen Instrumenten der Technologiepolitik, dazu beitragen.

Österreich verfügt mit dem Forschungsfreibetrag (FFB) seit längerem über ein Instrument der steuerlichen Forschungsförderung. Mit der Steuerreform 2000 wurde er ausgebaut und teilweise neu gestaltet. Im Wesentlichen gestattet der FFB, dass über die sofortige Geltendmachung als Betriebsausgaben hinaus generell 25% der förderbaren F&E-Ausgaben abgesetzt werden können. Für "zusätzliche", den Durchschnitt der jeweils letzten drei Jahre übersteigende F&E-Ausgaben kann ein FFB von 35% beansprucht werden. Als förderungswürdige Forschungsausgaben gelten laufende Aufwendungen zur Entwicklung oder Verbesserung "volkswirtschaftlich wertvoller" Erfindungen. Der volkswirtschaftliche Wert der angestrebten oder abgeschlossenen Erfindung ist durch eine Bescheinigung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit nachzuweisen. Die Bescheinigung ist nicht erforderlich, wenn die Erfindung bereits patentrechtlich geschützt ist.

Über die tatsächliche Nutzung und Wirkung des FFB ist bisher wenig bekannt, eine Evaluierung wurde bislang nicht vorgelegt. Regelmäßig veröffentlicht werden Schätzungen der Steuereinnahmenausfälle aufgrund des FFB und der Spendenbegünstigung für Wissenschaft und Forschung. Im zuletzt publizierten Förderungsbericht wurden die Steuerausfälle mit insgesamt 1,2 Mrd. S oder 87,2 Mio. € (2000) angegeben. Nach einem Ranking der OECD sind die geltenden steuerlichen Anreize für F&E in Österreich im internationalen Vergleich durchaus generös. Der Forschungsfreibetrag weist in seiner bisherigen Form jedoch Schwachpunkte auf, deren Diagnose die Grundlage von Reformvorschläge bildete:

  • Ineffektive Differenzierung des Freibetragssatzes: Die Einführung eines besonderen Anreizes für zusätzliche F&E-Ausgaben ließ die Absicht erkennen, neu F&E betreibende Unternehmen wie etwa forschungsintensive Start-up-Unternehmen besonders zu begünstigen. Die dabei gewählte Konstruktion bewirkt jedoch, dass die effektive Sonderbegünstigung der zusätzlichen F&E-Ausgaben sehr gering ist.
  • Gewinnabhängigkeit des Forschungsfreibetrags: Die Inanspruchnahme des FFB ist vom Vorhandensein hinreichend hoher Gewinne abhängig. Gewinnabhängige Anreize benachteiligen u. a. technologieorientierte Unternehmensneugründungen, die in der Startphase in der Regel keine Gewinne erzielen. Darüber hinaus wirkt der FFB in der Tendenz prozyklisch.
  • Überholte Konzepte: Die Beurteilung des "volkswirtschaftlichen Werts" einer Erfindung übersteigt die Möglichkeiten der Administration bei weitem. Aus volkswirtschaftlicher Sicht gibt es vielmehr gute Argumente dafür, dass unternehmerische F&E-Ausgaben aufgrund der damit verbundenen positiven externen Effekte generell förderungswürdig sind. Es genügt daher zu überprüfen, ob die gemeldeten Ausgaben tatsächlich der Forschung und Entwicklung dienten. International wird dabei zumeist eine Definition der F&E-Ausgaben in Anlehnung an jene der OECD verwendet.

Im Rahmen des "Konjunkturgipfels" der Bundesregierung im Dezember 2001 wurde eine Neugestaltung der steuerlichen F&E-Förderung vorgestellt, die inzwischen als Gesetzesentwurf vorliegt. Diese Reform sieht eine Beseitigung einiger Schwächen des bisherigen Systems vor und umfasst die folgenden Eckpunkte:

  • Der bisherige FFB für Aufwendungen für "volkswirtschaftlich wertvolle Erfindungen" (25% bzw. 35%) bleibt voll erhalten.
  • Wahlweise dazu kann der Unternehmer einen "neuen FFB" von 10% für Forschungsausgaben entsprechend der umfassenderen OECD-Definition in Anspruch nehmen.
  • Wahlweise zum bisherigen und zum "neuen" FFB wird eine "Forschungsprämie" von 3% für Forschungsausgaben laut OECD-Definition eingeführt.

Die Einführung einer Forschungsprämie, also eines gewinnunabhängigen Anreizes für F&E ist positiv zu bewerten. Es ist dies eine Maßnahme zur Verstetigung der F&E-Aktivitäten und eine deutliche Verbesserung für Start-up-Unternehmen. Ebenfalls positiv zu bewerten ist der Übergang zu einer internationalen Standards entsprechenden Definition der F&E-Ausgaben für den neuen FFB und für die Forschungsprämie. Allerdings gelten aufgrund der Beibehaltung des bisherigen Freibetrags nun zwei Definitionen von F&E-Ausgaben (Aufwendungen für "volkswirtschaftlich wertvolle Erfindungen", F&E-Ausgaben laut OECD-Definition).

Die Neugestaltung der steuerlichen F&E-Förderung durch zusätzliche Optionen hat den Vorzug, dass kein Unternehmen schlechter gestellt wird als zuvor. Dem steht als Nachteil gegenüber, dass das Instrumentarium zunehmend komplex wird, wodurch sich die Kosten sowohl der Administration als auch für die Unternehmen erhöhen. Auch im Interesse des Standort-Marketing wäre ein einfach kommunizierbares steuerliches Anreizinstrumentarium zu bevorzugen. In jedem Fall sollte die Transparenz der steuerlichen F&E-Förderung erhöht und das neu gestaltete System steuerlicher Anreize für F&E nach drei Jahren gemäß internationalen Standards evaluiert werden.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 2/2002!