21. November 2001 • Energieszenarien bis 2020 • Kurt Kratena, Stefan Schleicher

Die soeben publizierte Prognose des WIFO für Energieverbrauch und CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 basiert auf drei Szenarien für die österreichische Energiewirtschaft: In einem "Baseline-Szenario" setzen sich im Wesentlichen die Trends der Vergangenheit fort; die Liberalisierung des Strommarktes bedeutet aber eine wesentliche Veränderung der Rahmenbedingungen. Das "Kyoto-Szenario" berücksichtigt die Umsetzung der österreichischen Klimastrategie, durch die die CO2-Emissionen gegenüber dem Baseline-Szenario verringert werden. Darüber hinaus sieht das "Nachhaltigkeitsszenario" den verstärkten Einsatz von Technologien zu Nutzung alternativer Energieträger vor.

Auf der Aufbringungsseite bewirkt die Liberalisierung des Marktes für elektrische Energie im "Baseline-Szenario" einerseits einen Anstieg der Nettoimportquote und andererseits kurzfristig eine Stilllegung von kalorischen Kapazitäten in geringfügigem Ausmaß. Mittelfristig öffnet sich eine Lücke zwischen Verbrauchswachstum und heimischer Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie. Diese Lücke muss mit zusätzlichen Importen (auch aus nuklearer Erzeugung) und einer Steigerung der kalorischen Erzeugung geschlossen werden. Im "Baseline"-Szenario steigt der energetische Endverbrauch, die durch den Endverbrauch verursachten CO2-Emissionen erhöhen sich bis 2010 um rund 2,7 Mio. t. Die CO2-Emissionen der Umwandlungsprozesse nehmen vor allem aufgrund der erheblichen Ausweitung der kalorischen Stromerzeugung bis 2010 um etwa 3,2 Mio. t zu.

Alternativen zu diesem "Baseline"-Szenario – das aufzeigt, "was passiert, wenn nichts geschieht" – wurden im "Kyoto-Szenario" und im "Nachhaltigkeitsszenario" entworfen. Das "Kyoto-Szenario" sieht die Umsetzung der vorliegenden österreichischen Klimastrategie vor, die eine Reduktion der CO2-Emissionen gegenüber dem "Baseline-Szenario" um 12,75 Mio. t bewirkt. Erreicht wird dies durch zahlreiche Einzelmaßnahmen (Gebäude, Elektrizität im Kleinverbrauch, Verkehr, Wärme, Industrie, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und sonstige Gase). Dabei werden die CO2-Emissionen im Endverbrauch um 9,5 Mio. t und im Umwandlungsbereich um rund 3,2 Mio. t gesenkt.

Das darüber hinaus entworfene "Nachhaltigkeitsszenario" sieht vor, Energiedienstleistungen zu reduzieren und die Diffusion von fast marktreifen Technologien (Null-Emission-Fahrzeuge, Ökostromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik) zu forcieren. Der energetische Endverbrauch und die CO2-Emissionen verringern sich bis 2010 im "Nachhaltigkeitsszenario" ähnlich stark wie im "Kyoto"-Szenario. Bis 2020 ist jedoch im "Nachhaltigkeitsszenario" ein weiterer massiver Rückgang der Emissionen auf 63% des Niveaus von 2000 zu verzeichnen. Auf der Aufkommensseite werden die kalorische Erzeugung und die Importe von elektrischem Strom durch die Erzeugung aus Windkraft und Photovoltaik massiv zurückgedrängt.

Die Entwicklung der Gesamtwirtschaft wird im "Kyoto"-Szenario und im "Nachhaltigkeitsszenario" positiv beeinflusst. Einerseits ergeben sich durch den Umstieg auf neue Technologien in der Energiewirtschaft höhere Kosten (zugleich höhere gesamtwirtschaftliche Investitionen), andererseits eine Senkung der variablen Energiekosten. In beiden Alternativszenarien nehmen Produktion und Beschäftigung in den Sektoren der Bereitstellung von Energie bis 2020 beträchtlich ab. In fast allen Sektoren außerhalb der Energiewirtschaft steigt hingegen die Beschäftigung gegenüber dem "Baseline"-Szenario: im "Kyoto"-Szenario um 20.000 bis 25.000, im "Nachhaltigkeitsszenario" um 30.000 bis 40.000 Personen. Die Berechnungen ergeben außerdem eine Steigerung der Einnahmen des Staates um 20 bis 30 Mrd. S pro Jahr.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 10/2001!