9. November 2001 • Markanter Einbruch der Unternehmerstimmung, starker Anstieg der Arbeitslosigkeit • Markus Marterbauer

Die Konjunkturabschwächung hat sich zuletzt beschleunigt. In Österreich zeigen Umfragen in der Sachgüterproduktion, für die Umsätze im Großhandel, aber auch die Produktion in der Bauwirtschaft einen teils markanten Rückgang. Etwas günstiger entwickeln sich nur der Tourismus und der Einzelhandel. Nach Japan sind nun auch die USA in eine Rezession geraten, für Europa weisen alle Konjunkturindikatoren abwärts.

Der WIFO-Konjunkturtest für das IV. Quartal spiegelt eine weitere Eintrübung des Geschäftsklimas in der Sachgütererzeugung wider. Der saisonbereinigte Saldo aus optimistischen und pessimistischen Meldungen zu den Produktionserwartungen ist erstmals seit der Konjunkturdelle 1995/96 negativ, seit dem Konjunkturhöhepunkt vom II. Quartal 2000 ist er um 20 Prozentpunkte zurückgegangen. Besonders gedrückt ist die Stimmung in der technischen Verarbeitung, deren Unternehmen die künftige Geschäftslage zum überwiegenden Teil negativ beurteilen (–23 Prozentpunkte). Sie erzeugen vor allem Investitionsgüter für das In- und Ausland.

Die ungünstigen Ergebnisse des Konjunkturtests in der stark exportorientierten Industrie belegen, dass die markante internationale Konjunkturverschlechterung auch die heimische Wirtschaft voll erfasst. Die USA befinden sich in einer Rezession – im III. Quartal sank das reale BIP aufgrund einer weiteren Verringerung von Export und Ausrüstungsinvestitionen erstmals seit 1991 (saisonbereinigte Jahresrate –0,4%). Die Frühindikatoren lassen auch für das IV. Quartal einen Rückgang erwarten. Bezüglich der Dauer der Rezession in den USA herrscht erhebliche Unsicherheit. Vertrauensindikatoren weisen auf eine drastische Verschlechterung der Stimmung sowohl von Verbrauchern als auch von Unternehmen hin; es bleibt abzuwarten, wie stark sich diese in einer Kürzung der Ausgaben niederschlägt. In Japan brach die Wirtschaftsleistung ein, die Industrieproduktion lag im September um mehr als 12% unter dem Niveau des Vorjahres und unterschritt damit sogar den Wert von Beginn der neunziger Jahre. Gemäß den Umfragen der EU-Kommission verschlechtert sich das Vertrauen von Unternehmen und Konsumenten in der EU weiter, alle verfügbaren Frühindikatoren weisen abwärts. Das Wirtschaftswachstum dürfte in der EU im 2. Halbjahr weniger als +1% betragen.

Das Wachstum des Warenexports laut Statistik Austria betrug von Jänner bis Juli nominell noch 7% gegenüber dem Vorjahr, von Mai bis Juli aber nur noch 0,6%. Der arbeitstägig bereinigte Produktionsindex der Sachgütererzeugung überstieg das Vorjahresniveau im Durchschnitt Jänner bis Juli noch um 2%, von Mai bis Juli lag er um 0,8% darunter. Die Konjunkturdämpfung kommt auch im Großhandel und im Kfz-Handel zum Ausdruck, deren Umsätze im Durchschnitt der ersten sieben Monate des Jahres real um 2% unter dem Vorjahreswert blieben.

Abbildung 1: Ergebnisse aus dem Konjunkturtest

Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten Unternehmen, saisonbereinigt

Der Einzelhandel (ohne Kfz) entwickelt sich relativ günstig. Zwar entsprachen die Umsätze in der Periode Jänner bis August kumuliert und preisbereinigt nur dem Niveau des Vorjahres (+0,1%), sie werden allerdings durch einen zum Teil statistisch bedingten Rückgang im Nahrungsmitteleinzelhandel (real –5,2%) gedrückt. Ohne Nahrungsmittel weisen die Umsätze im Einzelhandel ein Plus von real 2% gegenüber dem Vorjahr auf. Der Tourismus verzeichnete eine gute Sommersaison, trotz eines leichten Rückgangs der Zahl der Nächtigungen lagen die Umsätze von Mai bis September nach vorläufigen Berechnungen um 4% über dem Vorjahresergebnis. Die Buchungslage für die Wintersaison ist günstig, die Reisebüros leiden allerdings unter einem Nachfrageausfall im Fernreisebereich. In der Bauwirtschaft setzt sich die Krise fort. Zu der Produktionseinschränkung im Hochbau, der durch erhebliche Überkapazitäten geprägt ist, kommt seit März eine Verringerung der Tiefbauleistungen (Schienen- und Straßenbau). Der Produktionswert lag im Hoch- und Tiefbau bis Juli nominell um ½% unter dem Vorjahresniveau, real dürfte das einem Rückgang um etwa 1½% entsprechen.

Die erhebliche Abschwächung des Wirtschaftswachstums hat die Beschäftigungsentwicklung gedämpft. Die Zahl der unselbständig Erwerbstätigen (ohne Präsenzdiener und Karenzgeldbezieher) lag im Oktober um nur noch 10.200 über dem Vorjahreswert. Besonders stark sank die Zahl der Arbeitsplätze neben der Bauwirtschaft (zuletzt –10.200) auch in den Bereichen Verkehr und Telekommunikation (–5.200) sowie im öffentlichen Sektor (–4.400), in dem Einsparungsbemühungen greifen. In anderen Dienstleistungssektoren wird die Beschäftigung ausgeweitet. Der Anstieg reicht allerdings nicht aus, um eine Zunahme der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Die Zahl der Arbeitslosen überstieg den Wert des Vorjahres im Oktober um fast 24.800, jene der offenen Stellen war um 8.300 geringer als ein Jahr zuvor. Die vorliegenden Konjunkturindikatoren lassen für die Wintermonate eine weitere Verschärfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt befürchten.

Der Preisauftrieb auf Verbraucherebene erweist sich als sehr hartnäckig. Die Inflationsrate betrug im September 2,6% bzw. laut Harmonisiertem Verbraucherpreisindex 2,5% und lag damit nicht mehr unter dem Durchschnitt der EU-Länder. Zwar wirkt die Energiepreisentwicklung nun inflationsdämpfend, doch verstärkt eine Verteuerung von Gesundheitsausgaben, Nahrungsmitteln und Getränken sowie Wohnungsausgaben den Preisauftrieb.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 11/2001!