11. Oktober 2001 • Ist Österreichs Wirtschaftsforschung zu teuer? • Helmut Kramer, Bernhard Felderer, Michael Landesmann

In einem Pressegespräch wurde von Abg. Prinzhorn die Aussage in den Raum gestellt, dass Steuermittel von Bund und Ländern zur Finanzierung der Wirtschaftsforschung den österreichischen Steuerzahler rund zehn Mal so stark belasteten wie den bayrischen (gemessen an den Zuwendungen an das IFO-Institut in München).

Diese Aussage ist an Hand der Geschäftsberichte nachweisbar grob unrichtig.

Die drei österreichischen Institute – WIFO, IHS und WIIW – erhielten im Jahr 2000 insgesamt aus Budgets des Bundes und der Länder auftragsunabhängige Forschungsmittel in Höhe von 6,05 Mio. Euro (siehe beiliegende Zusammenstellung aus den Geschäftsberichten). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bundesmittel für das IHS überwiegend der postgradualen Ausbildung und nicht der Wirtschaftsforschung zufließen und dass im Vergleich Osteuropa-Institute, wie das WIIW in Österreich, für Deutschland überhaupt nicht berücksichtigt werden. Damit ergibt sich, dass für vergleichbare Aufgaben der Wirtschaftsforschung (ohne Ausbildung und ohne Osteuropa-Forschung) in Österreich de facto rund 4 Mio. Euro aufgewendet werden.

Hingegen wendeten in Deutschland Bund und Länder im Jahr 2000 für die sieben großen Wirtschaftsforschungsinstitute – IFO München, DIW Berlin, IfW Kiel, HWWA Hamburg, RWE Essen, IWH Halle und ZEW Mannheim – insgesamt (auftragsunabhängig) Steuermittel von 42,27 Mio. Euro auf. (Die auch externen Zwecken dienenden großen wirtschaftswissenschaftlichen Bibliotheken des IfW und des HWWA sind dabei nicht berücksichtigt.)

Dies zeigt, dass die Finanzierung der Wirtschaftsforschung aus Steuermitteln in Deutschland rund den zehnfachen Wert erreicht wie in Österreich.

Bezogen auf die Zahl der Steuerzahler ergäbe sich wegen der zehnfachen Bevölkerungszahl Deutschlands ein Wert in annähernd gleicher Größenordnung. Ein solcher Vergleich wäre jedoch irreführend. Die Aufgabe, der Wirtschaftspolitik Entscheidungsunterlagen beizustellen, ist in einem kleinen Staat natürlich nicht proportional zur Bevölkerungszahl kleiner, da eben so wie in großen Staaten zu allen wirtschaftspolitischen Fragen Untersuchungen erforderlich sein können.

Resümé: die Frage kann nicht lauten, warum Österreich so viel für die Wirtschaftsforschung aufwende, sondern umgekehrt, warum man in Österreich glaubt, mit so viel weniger Wirtschaftsforschung das Auslangen zu finden als in Deutschland.

Sorgfältige Analysen würden manche Fehlentscheidung der Wirtschafts- und Sozialpolitik vermeiden helfen, deren Kosten die Volkswirtschaft ungleich teurer zu stehen kommen als Forschungsmittel für die Wirtschaftsforschung.

Vergleich der Zuwendungen des Staates für die Wirtschaftsforschung
 

Öffentliche Forschungsgelder1

 

1000 Euro

   

Deutsche Institute

 
   

Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

3483

Institut für Wirtschaftsforschung IWH Halle

3717

IFO IfW München

4631

DIW Berlin

7669

ZEW Mannheim

6049

Institut für Weltwirtschaft Kiel2

9561

HWWA Hamburg3

7158

   

Österreichische Institute

 
   

WIFO, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung

2714

WIIW, Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche4

(851)

IHS, Institut für Höhere Studien5

2485

   

 1 Auftragsunabhängige Forschungsmittel von Bund und Ländern.  2 Ohne Bibliothek des IfW.  3 Ohne Bibliothek des HWWA (geschätzt).  4 Die Liste der deutschen Institute enthält die dortigen Osteuropa-Institute nicht.  5 Die Bundesmittel für das IHS finanzieren weit überwiegend die postgraduale Ausbildung.

Für Auskünfte zu diesem Thema bitten wir Sie, sich an die Institutsleiter Prof. Dr. Helmut Kramer, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (Tel. 798 26 01/212), Prof. Dr. Bernhard Felderer, Institut für Höhere Studien (Tel. 599 91/125) und Prof. Dr. Michael Landesmann, Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (Tel. 533 66 10) zu wenden.