4. Juli 2001 • Österreichische Direktinvestitionen im Osten im Jahr 2000 verdreifacht • Jan Stankovsky

Elfte Ausgabe der WIIW-WIFO-Datenbank über Direktinvestitionen in Osteuropa und der früheren UdSSR erschienen.

Das Jahr 2000 brachte Österreich in den Wirtschaftsbeziehungen zu Osteuropa eines der besten Ergebnisse seit dem politischen Umbruch in der Region. Die Ostexporte erreichten mit +20% den zweithöchsten Zuwachs der vergangenen Dekade, die Direktinvestitionen stiegen im Vergleich zu den Jahren 1998 und 1999 auf das Dreifache. Der Aufschwung im Vorjahr spiegelt vor allem die günstigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wider (Ende der Finanzkrisen, höheres Wachstum), aber auch einige Sonderfaktoren (Bankenprivatisierung in Tschechien und Ungarn). Die bevorstehende Osterweiterung der EU hat die Attraktivität der Beitrittskandidaten als Investitionsstandort weiter erhöht. Mit den Rekordergebnissen des Vorjahres hat die österreichische Wirtschaft ihre Position in Osteuropa weiter verstärkt und günstige Voraussetzungen für einen weiteren Ausbau geschaffen. Die Intensivierung der Wirtschaftsverflechtung zeigt, dass die aktuellen Probleme in den politischen Beziehungen zwischen Österreich und einigen Oststaaten (Beschränkung der Freizügigkeit für Arbeitskräfte nach dem EU-Beitritt, Energiepolitik) keinen Einfluss auf Entscheidungen der Unternehmen haben.

Die österreichischen Neuinvestitionen im Osten betrugen im Jahr 2000 31,3 Mrd. S, nach jeweils etwa 10,5 Mrd. S in den Jahren 1998 und 1999. Einen wesentlichen Beitrag zu diesem Ergebnis leistete die Beteiligung der Erste Bank an der Ceska Sporitelna (7,5 Mrd. S), doch auch ohne diesen Wert waren die österreichischen Investitionen im Osten weitaus höher als in den Vorjahren. Die Oststaaten waren im Jahr 2000 mit einem Anteil von 66% die mit Abstand wichtigste Zielregion der österreichischen Auslandsinvestitionen. Der Bestand der österreichischen Direktinvestitionen in den Oststaaten erreichte Ende 2000 fast 100 Mrd. S. Im Jahr 1995 hatten sie nur 34 Mrd. S ausgemacht, im Jahr 1990 5 Mrd. S. Vom Gesamtbestand an österreichischen Auslandinvestitionen im Jahr 2000 (283 Mrd. S) entfielen auf die Oststaaten 35%, auf die EU 40%.

Der Großteil der österreichischen Direktinvestitionen im Osten fließt traditionell in die Nachbarländer. War bis etwa Mitte der neunziger Jahre Ungarn das wichtigste Zielland gewesen, so hat seit 1998 Tschechien den Spitzenplatz übernommen. Ungarn hat die Privatisierung von Staatsunternehmen bereits vor einigen Jahren weitgehend abgeschlossen, Direktinvestitionen erfolgen heute überwiegend in Form von Betriebsneugründungen und -erweiterungen. In Tschechien wird hingegen der Großteil des Finanzsektors erst jetzt privatisiert, doch nimmt auch die Zahl der Betriebsneugründungen zu. Die österreichischen Direktinvestitionen in Tschechien erreichten im Jahr 2000 den Rekordwert von 12,2 Mrd. S; das entsprach einem Anteil von fast 40% an den Ostinvestitionen. Der seit langem negative Trend der österreichischen Direktinvestitionen in Ungarn wurde im Vorjahr unterbrochen. Die Neuinvestitionen in Ungarn sind seit 1990, als sie mit 4 Mrd. S ihren Höchstwert erreichten, rückläufig. 1999 machten sie nur 0,4 Mrd. S aus. Das Jahr 2000 brachte einen Sprung auf 5,7 Mrd. S. Am Investitionsboom in Polen ist Österreich nur wenig beteiligt. Im Jahr 2000 nahm Polen mit Investitionen von 3,9 Mrd. S immerhin den 3. Rang unter den Oststaaten ein. Die in Diskussion stehenden Vorhaben könnten das Volumen der österreichischen Direktinvestitionen in Polen signifikant erhöhen.

Die Attraktivität der Slowakei für ausländische Investoren blieb lange Zeit weit hinter jener von Ungarn und Tschechien zurück, obwohl die wirtschaftlichen Erfolge der Slowakei überwiegend beachtlich sind. Die Ursache für diese Zurückhaltung war die zurückhaltende Einschätzung der politischen Stabilität des Landes durch westliche Investoren. Nach der Ablösung der Meciar-Regierung konnte die neue Koalitionsregierung die Wirtschaft weitgehend sanieren. In jüngerer Vergangenheit wurden auch in den EU-Beitrittsverhandlungen beachtliche Fortschritte erzielt, sodass dieses Land nicht mehr als ein "Nachzügler" im Erweiterungsprozess gilt. Die politische und wirtschaftliche Konsolidierung trug maßgeblich zum Boom der Auslandsinvestitionen im Jahr 2000 bei. Österreichische Unternehmen zählten in der Vergangenheit stets zu den größten Investoren. Im Jahr 2000 wurde mit einem Volumen von 2,4 Mrd. S der bisherige Spitzenwert erreicht. Ein wichtiger Hinweis auf das wachsende Interesse westlicher Investoren an der Slowakei war der Wettbewerb um die Privatisierung der Slowakischen Sparkasse, der Anfang des Jahres 2001 zugunsten der österreichischen Erste Bank entschieden wurde. Die Erste Bank erwarb für 5,8 Mrd. S einen Anteil von 87% an der Sporitelna.

Auch in Kroatien entsprach das politische System lange nicht den Vorstellungen von "europäischen Werten" – gemeinsam mit der geographischen Randlage am Balkan ein Grund für die Zurückhaltung westlicher Investoren. Der politische Wechsel in Kroatien hat sich in den Investitionsströmen noch nicht niedergeschlagen. Österreichische Unternehmen waren unter den ersten, die bereits bald nach dem Ende des Bürgerkrieges den Weg nach Kroatien wagten.

Im Jahr 2000 erreichten die österreichischen Direktinvestitionen in Kroatien 1,9 Mrd. S. In Slowenien bleiben sie mit 1,4 Mrd. S unter dem Ergebnis von 1999. Ein bemerkenswert hohes Volumen haben die österreichischen Direktinvestitionen mit 2,8 Mrd. S in Rumänien, obwohl die wirtschaftliche Lage dieses Landes kaum zur Zufriedenheit Anlass gibt und auch Strukturreformen ausbleiben. Nur unbedeutend waren die österreichischen Direktinvestitionen in Bulgarien sowie in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion.

Vom Bestand der österreichischen Direktinvestitionen im Osten von 100 Mrd. S Ende 2000 entfielen 30% auf Tschechien, 24% auf Ungarn, 11% auf Polen, jeweils 9% auf Slowenien und die Slowakei und 8% auf Kroatien. Die 10 EU-Beitrittskandidaten waren mit 89% beteiligt.

Langfristige Positionsverluste im Osten nur teilweise aufgeholt

Während die gesamten Direktinvestitionen im Osten im Jahr 2000 etwa gleich hoch waren wie 1999, hat sich der Kapitalexport aus Österreich in den Osten verdreifacht. Mit diesem Ergebnis konnte Österreich die seit einigen Jahren anhaltenden Positionsverluste unterbrechen und seine Stellung als Investor in Osteuropa stärken. Der Marktanteil Österreichs an den ausländischen Neuinvestitionen im Osten vergrößerte sich von 3,4% 1998 bzw. 2,9% 1999 auf 7,6% im Vorjahr. Dieser Wert war der höchste seit 1992; damals hatten allerdings – neben Österreichern – nur wenige Unternehmen aus dem Westen das Risiko eines Kapitalengagements im "neuen Osten" gewagt. Österreichs Vorteil bestand zu jener Zeit in persönlichen Beziehungen, einem Informationsvorsprung, aber auch in maßgeschneiderten Instrumenten zur Absicherung des Investitionsrisikos. Österreich war im Jahr 2000 in Ungarn und Tschechien mit jeweils fast einem Fünftel an den gesamten ausländischen Direktinvestitionen beteiligt und zählte somit zu den wichtigsten Investoren. In Tschechien stieg der österreichische Marktanteil an den Neuinvestitionen von 3,8% 1999 auf 17,8% im Vorjahr, in Ungarn von 1,4% auf 22,3%. In der Slowakei blieb das Ergebnis (7,9%) etwas unter dem Wert des Jahres 1999 (13,2%). Wie in den Vorjahren war Österreich in Polen nur schwach vertreten (Marktanteil 2,9%). In Mitteleuropa konnte Österreich den Marktanteil von 4,0% Ende 1999 auf 9,8% 2000 ausweiten. Auch in Südosteuropa waren heimische Unternehmen im Vorjahr unter den wichtigsten Investoren (10,8%). Beachtlich waren vor allem die Ergebnisse in Rumänien (18,6%) und Kroatien (14,1%).

Die Marktanteilsverluste der zweiten Hälfte der neunziger Jahre an den Direktinvestitionsbeständen konnten auch mit dem Rekordergebnis des Jahres 2000 nur zu einem geringen Teil ausgeglichen werden. Zwischen 1994 und 1999 war der Anteil Österreichs an den Investitionsbeständen im Osten von knapp 12% auf nur 4% gesunken; das Jahr 2000 brachte einen Anstieg auf 4,6%. In Mitteleuropa hatte sich der Marktanteil von 16% auf 6,1% verringert und erholte sich im Vorjahr auf 7,0%. Die stärkste Position hält Österreich nach wie vor in den "schwierigen" Oststaaten, die bisher nicht das volle Vertauen der westlichen Investoren gewonnen haben: In Slowenien erreichte der österreichische Marktanteil an den Investitionsbeständen Ende 2000 20,8%, in der Slowakei 15,9%, in Kroatien 10,9%. Aber auch in Ungarn und Tschechien war Österreich mit einem Marktanteil von 8,1% bzw. 9,7% gut vertreten.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte der Studie "WIIW-WIFO Database: Foreign Direct Investment in Central and East European Countries and the Former Soviet Union" von Gábor Hunya (WIIW) und Jan Stankovsky (WIFO), 50 Seiten, ATS 650,– bzw. EUR 47,24 (erscheint halbjährlich; Bestellungen bitte an das WIFO, z. Hd. Frau Christine Kautz, Tel. +43 1 798 26 01/282, Fax +43 1 798 93 86, E-Mail Christine.Kautz@wifo.ac.at)