19. Juni 2001 • Globale Wirtschaftsentwicklung schwächt sich merklich ab • Marcus Scheiblecker

Nachdem die Weltwirtschaft Mitte 2000 ein enormes Expansionstempo erreicht hatte, zeigten sich im weiteren Jahresverlauf deutliche Abschwächungstendenzen. In den USA verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum empfindlich, die europäischen Unternehmensumfragen schwenkten auf einen Abwärtstrend ein, und auch in der japanischen Wirtschaft machte sich wieder zunehmend Pessimismus bemerkbar. Alle drei Wirtschaftsblöcke werden heuer erheblich langsamer wachsen als im Vorjahr, für die USA kann eine Rezession nach wie vor nicht ausgeschlossen werden.

In den USA wurde das Wirtschaftswachstum nach einem Aufschwung von nahezu 10 Jahren im Jahr 2000 abrupt gedämpft (von über +5% im 1. Halbjahr auf +1% im IV. Quartal). Die Industriekonjunktur trat in eine Rezession ein, während der Dienstleistungsbereich noch von der anhaltend guten Konsumnachfrage der privaten Haushalte profitierte. Die Notenbank der USA trug den Rezessionsgefahren Rechnung und senkte seither fünfmal in Folge ihren Leitzinssatz um insgesamt 2,5 Prozentpunkte. Dank niedriger Zinsen weiteten vor allem die Konsumenten ihre Nachfrage kreditfinanziert aus. Diese Nachfragestütze ermöglichte zwar ein Wirtschaftswachstum von 1,3% im I. Quartal 2001, doch sank auch die bereits negative private Sparquote abermals. Die Konjunkturabkühlung schlug sich in einer Stagnation der Produktivität im I. Quartal und einer starken Zunahme der Neuanträge für Arbeitslosenunterstützung nieder. Gemäß den Unternehmensumfragen ist noch kein Wendepunkt in Sicht, und eine Rezession ist nach wie vor nicht auszuschließen. Für Länder, deren Außenhandel eng mit den USA verflochten ist, wird diese Entwicklung bereits in einer deutlicher Abschwächung ihrer Exportentwicklung spürbar. Hingegen werden die Exporte der Euro-Länder dank des niedrigen Euro-Dollar-Wechselkurses davon nur wenig getroffen.

Die Hoffnung, dass die höheren Wachstumsraten des Jahres 2000 den Beginn einer dauerhaften Erholung der Wirtschaft Japans einleiten würden, werden durch die jüngsten Konjunkturumfragen unter den Unternehmen gedämpft. War im 1. Halbjahr 2000 der Export die Hauptstütze der Konjunktur gewesen, so hatten die Abschwächung in den USA und der starke Rückgang der internationalen Nachfrage nach Investitionsgütern des Informations- und Kommunikationstechnologiesektors in der zweiten Jahreshälfte eine Dämpfung des japanischen Wirtschaftswachstums zur Folge. Die privaten Haushalte disponieren ihre Ausgaben nach wie vor zurückhaltend, da die Arbeitsmarktbedingungen anhaltend ungünstig sind. Die Arbeitsplatzunsicherheit belastet die Konsumbereitschaft der privaten Hauhalte. Trotz des Anstiegs der Erdölpreise konnte sich die japanische Wirtschaft im Jahr 2000 nicht aus der Deflationsspirale lösen.

Das BIP der Euro-Zone wuchs 2000 real um 3,4%, jenes der EU 15 um 3,3% (1999 jeweils +2,5%). Nach einer starken, bis in den Sommer 2000 hineinreichenden Expansion ließ die Dynamik in der EU zum Jahresende etwas nach. Diese leichte Abschwächung der europäischen Konjunktur ging jedoch nicht von der Außenwirtschaft aus, wie dies die drastische Abkühlung in den USA nahe legen würde, sondern primär von der Binnennachfrage. Die Investitionsnachfrage litt unter der restriktiveren Ausrichtung der Geldpolitik und der Eintrübung der internationalen Wirtschaftsaussichten. Stärker schlug sich die Dämpfung der Binnennachfrage im privaten Konsum nieder. Der hohe Rohölpreis, gepaart mit einem niedrigen Euro-Dollar-Kurs, verschlechterte die real verfügbaren Einkommen der privaten Hauhalte deutlich und ließ deren Konsumausgaben nur noch geringfügig wachsen. Vor allem in Deutschland wurde die Konjunktur empfindlich gebremst: Der private Konsum expandierte trotz Steuererleichterung im Ausmaß von 1% des BIP im I. Quartal 2001 kaum, die Ausrüstungsinvestitionen werden zurückhaltend dotiert. Die deutsche Bauwirtschaft verharrt seit längerem in einer Krise, die sich im I. Quartal 2001 weiter verschärfte. Unternehmensumfragen zeigen, dass sich der Abschwung in der EU fortsetzen wird.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 6/2001!