3. Mai 2001 • "Outsourcing", Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung • Kurt Kratena, Michael Wüger

Die verstärkte Integration der österreichischen Wirtschaft mit Ost-Mitteleuropa bringt neben positiven gesamtwirtschaftlichen Wirkungen für beide Seiten auch einen "Importpreisschock" für Österreich mit sich, der einen Rückgang der Kosten importierter Vorleistungen in der Sachgüterproduktion zur Folge hat. Dies löst die Verlagerung einzelner Produktionsstufen ("Outsourcing") nach Osteuropa aus. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von "Outsourcing" wurden in einer exemplarischen Rechnung mit einem Sektormodell der österreichischen Sachgütererzeugung abgebildet, wobei eine Verbilligung der Importe in der Sachgütererzeugung um 10% angenommen wurde.

In der wirtschaftspolitischen Diskussion dominiert der aufgrund von "Outsourcing" zu erwartende negative Beschäftigungseffekt, da bei gegebenem heimischem Lohnsatz und einer Verbilligung der Vorleistungen die Nachfrage nach Vorleistungen zunimmt und die Beschäftigungsnachfrage abnimmt. Diese Betrachtung vernachlässigt jedoch entscheidende makroökonomische Rückwirkungen. Ein Rückgang der Importpreise um 10% bewirkt eine Verbilligung der Vorleistungen um insgesamt 4,4%, was wiederum direkt auf die Outputpreise wirkt, die um insgesamt 4,2% sinken.

Diese Preisänderungen ziehen Reaktionen der Gesamtnachfrage nach sich, die man als Anstieg der preisbedingten Wettbewerbsfähigkeit interpretieren kann. Diese Nachfrageänderungen bewegen sich zwischen +0% und +13%, am stärksten reagiert die Gesamtnachfrage in den Sektoren Fahrzeugbau, Chemie, Gummi- und Kunststoffwaren sowie Maschinenbau. Die Nachfrageerhöhungen selbst ziehen wiederum einen Anstieg des heimischen Outputs und der Importe nach sich. Nimmt man an, dass zusätzliche Importe durch die Produktionsverlagerung allein ausgelöst werden (und nicht auch durch den privaten Konsum), so erhält man hohe positive Effekte der Importverbilligung auf den heimischen Output. Basiert man die Berechnungen auf dem höchstmöglichen Abfluss an heimischer Nachfrage über zusätzliche Importe, so steigt der Output im Durchschnitt der betrachteten Wirtschaftszweige um nur rund 1,5%, und die Beschäftigung sinkt um 1%. Positive Beschäftigungseffekte weisen lediglich der Fahrzeugbau und der Sektor Papier, Pappe und Druckereiprodukte auf. Die negativen Beschäftigungseffekte sind mit insgesamt –1,1% gemessen am Ausmaß der Verbilligung von Vorleistungen (–4,4%) allerdings auch in diesem Fall als gering einzustufen. Darin wird jedenfalls eine positive Rückwirkung von "Outsourcing" auf die heimische Beschäftigung sichtbar, die über Produktionssteigerungen aufgrund von erhöhter preisbedingter Wettbewerbsfähigkeit wirkt.

Übersicht 1: Effekte eines Importpreisschocks (–10%) auf die Gesamtnachfrage

 

Nachfrage

Importe

Produktion

 

Veränderung in %

       

Metallerzeugung und -bearbeitung

+ 2,8

+ 7,0

+ 1,2

Herstellung und Bearbeitung von Glas, Herstellung von Waren aus Steinen und Erden


+ 0,4


+ 2,5


- 0,5

Herstellung von Chemikalien und chemischen Erzeugnissen


+ 11,7


+ 11,0


+ 12,2

Herstellung von Metallerzeugnissen

+ 6,5

+ 23,1

+ 0,3

Maschinenbau

+ 7,2

+ 16,8

- 0,5

Elektrotechnische Einrichtungen

+ 5,7

+ 13,7

+ 0,8

Fahrzeugbau

+ 13,0

+ 19,4

+ 3,8

Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln, Tabakverarbeitung


- 0,5


+ 3,5


- 1,0

Herstellung von Textilien und Bekleidung, Herstellung von Schuhen


+ 1,9


+ 10,1


- 9,4

Herstellung und Verarbeitung von Papier und Pappe, Druckerei


+ 5,7


+ 6,5


+ 5,5

Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren

+ 10,4

+ 16,4

+ 5,1

Sonstige Sachgüterproduktion

+ 4,9

+ 13,7

+ 0,4

       

Insgesamt

+ 5,4

+ 11,0

+ 1,5

Übersicht 2: Effekte eines Importpreisschocks (–10%) auf die Nachfrage nach Produktionsfaktoren

 

Vorleistungen

Beschäftigung

 

Veränderung in %

     

Metallerzeugung und -bearbeitung

+ 1,9

- 1,3

Herstellung und Bearbeitung von Glas, Herstellung von Waren aus Steinen und Erden


- 0,4


- 0,5

Herstellung von Chemikalien und chemischen Erzeugnissen


+ 14,7


- 0,3

Herstellung von Metallerzeugnissen

+ 0,6

- 0,2

Maschinenbau

- 0,1

- 1,4

Elektrotechnische Einrichtungen

+ 1,2

- 0,1

Fahrzeugbau

+ 4,4

+ 1,7

Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln, Tabakverarbeitung


- 0,9


- 1,0

Herstellung von Textilien und Bekleidung, Herstellung von Schuhen


- 8,9


- 9,7

Herstellung und Verarbeitung von Papier und Pappe, Druckerei


+ 6,4


+ 2,4

Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren

+ 8,6

- 1,3

Sonstige Sachgüterproduktion

+ 0,9

- 0,6

     

Insgesamt

+ 2,2

- 1,1

Die österreichische Wirtschaft erfährt in einem Szenario "Globalisierung mit EU-Osterweiterung" bedeutende wettbewerbsstärkende Effekte, weil heimische Produzenten dank der räumlichen Nähe zu den ostmitteleuropäischen Ländern Strategien der Fragmentierung der Wertschöpfungskette und des Aufbaus internationaler Zulieferketten mit geringeren Transport- und Transaktionskosten realisieren können als internationale Konkurrenten. Die Möglichkeit des Aufbaus grenzüberschreitender Produktionsnetze auf kurze Distanz erlaubt den heimischen Anbietern, ihre Wettbewerbsfähigkeit auch im Rahmen fortschreitender Globalisierung zu erhalten und weiter auszubauen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 4/2001!