23. April 2001 • Wirtschaftswachstum verliert an Dynamik. Österreichs Wirtschaft im Jahr 2000 • Marcus Scheiblecker

Der seit Mitte 1999 verzeichnete Konjunkturaufschwung setzte sich in der ersten Hälfte des Jahres 2000 fort. Die internationalen Rahmenbedingungen – starke Binnennachfrage in den USA, kräftiges Wachstum in den MOEL, stabile Finanzmärkte – schlugen sich in einer deutlichen Belebung der Außenhandelsaktivität nieder, von der vor allem Österreichs exportorientierte Sachgüterindustrie profitierte. Im Verlauf des Jahres verlangsamte sich die Dynamik, sowohl die Exportnachfrage als auch die meisten heimischen Nachfragekomponenten wuchsen deutlich schwächer als in der ersten Jahreshälfte. Im Jahr 2000 wuchs die österreichische Wirtschaft um 3,2%.

Der niedrige effektive Wechselkurs und die Stärke der internationalen Konjunktur ließen die österreichischen Exporte nominell um 13,4% wachsen. Aufgrund der Rohölpreisverteuerung und der Schwäche des Euro nahmen aber auch die Ausgaben für Rohstoff- und Energieimporte erheblich zu. Nominell wuchsen die Importe insgesamt sogar stärker als die Exporte, sodass sich das Leistungsbilanzdefizit im Jahr 2000 auf knapp 90 Mrd. S erhöhte.

Auch die Binnennachfrage weitete sich im Jahr 2000 stärker aus als im Vorjahr. Der Konsum der privaten Haushalte stieg real um 2,7%. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch die expansiven Effekte der Steuerreform und des "Familienpakets" auf die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte. Dämpfend wirkten in der zweiten Jahreshälfte der Kaufkraftverlust infolge der Treibstoffverteuerung und der Anhebung einiger Gebühren.

Die größte Dynamik entfaltete im Jahr 2000 die vom Exporthoch begünstigte Sachgüterproduktion. Ihr realer Nettoproduktionswert erhöhte sich um 8,2%. Da die Beschäftigung nahezu unverändert blieb, war ein beträchtlicher Produktivitätsanstieg zu verzeichnen.

Im 1. Halbjahr 2000 veranlassten der mit dem hohen Wirtschaftswachstum einhergehende Anstieg der Gewinne und die optimistischen Zukunftsaussichten die Unternehmen zu umfangreichen Investitionen. Im weiteren Jahresverlauf trübten sich die Erwartungen bezüglich der künftigen Wirtschaftsentwicklung jedoch ein. Insgesamt stiegen die Ausrüstungsinvestitionen im Jahr 2000 real um 5%. Nur schwach fiel hingegen das Jahresergebnis der Bauinvestitionen aus.

Die gute Konjunktur ließ die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse (ohne Karenzgeldbezieher) im Jahr 2000 um 0,9% steigen (+29.000). Der Zuwachs war bis zum Frühjahr höher als 1999, flachte jedoch im Jahresverlauf zusehends ab. Gemessen am Wirtschaftswachstum war die Zunahme ungewöhnlich schwach, d. h. die Arbeitsproduktivität erhöhte sich kräftig.

Die Arbeitslosigkeit verringerte sich im Jahr 2000 mit –27.400 rascher, als angesichts der Beschäftigungsentwicklung zu erwarten gewesen wäre. Weil die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 59 Jahre) sinkt und die "stille Reserve" weitgehend ausgeschöpft ist, speiste sich der Beschäftigungsaufbau verstärkt aus dem Arbeitslosenpool. Hinzu kommen arbeitsmarktpolitische Maßnahmen (z. B. Job Coaching).

Nach einem Rekordtief der Jahresinflationsrate von 0,6% im Jahr 1999 beschleunigte sich der Preisauftrieb im Jahr 2000 wieder erheblich (2,3%), vor allem wegen der drastischen Erdölverteuerung und der Schwäche des Euro. Ab Juni verursachte die Anhebung von Steuern und Gebühren einen weiteren Preisschub. Im September erreichte die Inflationsrate erstmals die 3%-Marke (November 3,1%). Auch der anders gewichtete harmonisierte Verbraucherpreisindex der EU erhöhte sich um 2%. Nach Frankreich (1,8%) war Österreich aber gemessen an der Jahresinflationsrate das preisstabilste Land im Euro-Raum (1999 1,1%, 2000 2,3%).

Der Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte betrug im Jahr 2000 nur –1,1% des BIP und lag somit deutlich unter dem Vergleichswert von 1999 (–2,1%). Aufgrund der kräftigen Konjunktur erzielte der Staatshaushalt Mehreinnahmen, und budgetäre Einmaleffekte glichen die Belastung durch Steuerreform und "Familienpaket" aus. Zusätzlich erbrachte die Versteigerung der UMTS-Lizenzen mit 11 Mrd. S ein gutes Ergebnis. Das Defizit im Bundeshaushalt verringerte sich im Jahr 2000 auf rund 45 Mrd. S (1999 63,4 Mrd. S), gemessen am nominellen BIP von 2,3% auf 1,6%.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 4/2001!