30. März 2001 • Merkliche Wachstumsabschwächung aufgrund ungünstiger weltwirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Prognose für 2001 und 2002 • Markus Marterbauer

Das Wirtschaftswachstum wird sich in Österreich nach 3,2% im vergangenen Jahr heuer auf 2,2% abschwächen und könnte im Jahr 2002 etwa gleich hoch ausfallen. Zur markanten Konjunkturdämpfung trägt vor allem die ungünstigere Entwicklung der Weltwirtschaft, insbesondere der Einbruch in den USA bei. Die restriktive Ausrichtung der österreichischen Budgetpolitik hat zur Folge, dass die heimische Wirtschaft etwas langsamer wächst als jene des Euro-Raumes. Die verhaltenere Konjunktur erschwert die Erreichung eines ausgeglichenen Finanzierungssaldos der öffentlichen Haushalte im Jahr 2002. Die Arbeitslosenquote geht heuer noch leicht zurück und wird sich im kommenden Jahr auf einem Niveau von 3½% der Erwerbspersonen stabilisieren.

Österreichs Wirtschaft wuchs im IV. Quartal 2000 gegenüber dem Vorjahr real um 2,6%. Die Stärke im Export löste hohe Zuwächse im Bereich der Ausrüstungsinvestitionen und der Sachgütererzeugung aus. In der verarbeitenden Industrie stieg die Produktion im Durchschnitt des vergangenen Jahres um mehr als 8% – dies war der höchste Wert der letzten drei Jahrzehnte.

Die Verschlechterung der außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen hat allerdings nun eine merkliche Konjunktureintrübung zur Folge. In den USA ist das Wirtschaftswachstum eingebrochen, es wird heuer real nur noch etwa 1% erreichen. Das trifft unmittelbar die Handelspartner in Nord- und Südamerika, deren Wirtschaft sich teils schon jetzt in einer sehr labilen Lage befindet. Asien ist durch die anhaltende Stagnation in Japan zusätzlich geschwächt.

In der Euro-Zone dürfte das BIP heuer real um 2,4% zunehmen. Die Konjunktur wird – mit gewisser Verzögerung – durch ein Nachlassen des Außenhandels mit den USA beeinträchtigt, der in einigen exponierteren Volkswirtschaften zwischen 10% und 20% der Gesamtexporte ausmacht. Dazu kommen die exportdämpfenden Effekte einer möglichen weiteren Aufwertung des Euro. Hingegen tragen die umfangreichen und zu einem konjunkturell sehr günstigen Zeitpunkt in Kraft tretenden Steuersenkungen in mehreren EU-Ländern zur Stabilisierung bei. Die Konjunkturhoffnungen Europas liegen nun in der Konsumnachfrage. Die EZB zögert mit Zinssenkungen. Die Risken der vorliegenden Prognose resultieren aus dem europäischen Umfeld: Im Fall einer weniger dynamischen Inlandsnachfrage könnte die Expansion noch geringer ausfallen als hier angenommen.

Die Abschwächung des Wirtschaftswachstums wichtiger Handelspartner bremst – trotz anhaltend günstiger preislicher Wettbewerbsposition – die Dynamik der heimischen Ausfuhr beträchtlich. Der Warenexport dürfte heuer real um nur noch 6,2% zunehmen. Dies drosselt unmittelbar die Steigerung der Ausrüstungsinvestitionen (+2,8%) und der Sachgüterproduktion (+3,8%). Die enge Verflechtung zwischen Ausfuhr und Einfuhr und der Rückgang der Erdölpreise tragen zu einer Dämpfung der Importzunahme bei. Handels- und Leistungsbilanzdefizit könnten etwas unter dem Niveau des Vorjahres liegen.

Die Inlandsnachfrage wird sich heuer wesentlich verhaltener entwickeln als im vergangenen Jahr. Dies geht vor allem auf die umfangreichen Anhebungen direkter und indirekter Steuern zurück. Das Wachstum der realen Nettomasseneinkommen verringert sich von 2¼% im Jahr 2000 auf nur noch ½%. Unter der Annahme eines deutlichen Rückgangs der Sparquote könnten die privaten Konsumausgaben dennoch um 2% zunehmen. Die Bauwirtschaft expandiert weiterhin nur langsam (+1½%). Der Wohnungsneubau nimmt ab, allerdings schwächer, als der rückläufige Bedarf an Wohnungen erwarten lassen würde. Büro- und Tiefbau entwickeln sich günstiger.

Das Abgabenaufkommen wuchs im vergangenen Jahr aufgrund der guten Konjunktur und der Erhöhung indirekter Steuern kräftig; dazu kamen die Einnahmen aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Der Finanzierungssaldo des Staates hat sich auf –1,1% des BIP verbessert. Die massiven Steuererhöhungen zu Jahresbeginn 2001 lassen auch für heuer einen merklichen Rückgang des Defizits auf etwa –0,4% des BIP erwarten. Die Revision der Wachstumsprognose ist vor allem exportseitig bedingt, die öffentlichen Finanzen sind deshalb unmittelbar noch nicht sehr stark betroffen. Viel schwieriger wird die weitere Konsolidierung im Jahr 2002. Zwar treten zunehmend ausgabenseitige Konsolidierungsmaßnahmen in Kraft, allerdings wird gleichzeitig das kostspielige Kindergeld eingeführt, und die Konjunkturabschwächung schlägt auch auf das Budget durch. Die in der Prognoserevision angenommene Wachstumsverlangsamung belastet den erwarteten Finanzierungssaldo mit etwa 0,3% des BIP. Aufgrund der heuer günstigeren Budgetentwicklung ist das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts 2002 dennoch erreichbar – allerdings nur dann, wenn strenge Ausgabenzurückhaltung geübt wird und die Konjunktur nicht mehr an Schwung verliert als in der vorliegenden Prognose angenommen.

Die Inflation geht von +2,3% im vergangenen Jahr auf +1,7% im Jahr 2001 zurück. Dazu trägt vor allem die Beruhigung der Energiepreise bei. Allerdings verstärkt sich der Preisauftrieb der industriell-gewerblichen Waren. Die Teuerung von Nahrungsmitteln lässt aufgrund des überraschenden Anstiegs der Fleischpreise weniger nach als erwartet. Einen Unsicherheitsfaktor für die Preisprognose bilden mögliche Inflationseffekte von Preisänderungen im Zuge der Euro-Bargeldumstellung. 2002 wird die Preisstabilität anhalten.

Die Dämpfung der Wirtschaftsdynamik hat direkt eine leichte Verlangsamung des Beschäftigungsanstiegs zur Folge. Im privaten Dienstleistungssektor dürfte die Arbeitskräftenachfrage allerdings weiterhin kräftig wachsen. Die Zahl der unselbständig Beschäftigten (ohne Karenzgeldbezieher und Präsenzdiener) wird heuer um etwa 18.000 (+0,6%) zunehmen. Das Arbeitskräfteangebot wird von einer Reihe unterschiedlicher Entwicklungen beeinflusst: Die Bevölkerung im Alter von 15 bis 59 Jahren verringert sich heuer markant. Auch die Erwerbsquote ist rückläufig – vor allem jene der Älteren. Die Erwerbstätigkeit der Frauen wird von der Erleichterung des Zugangs ausländischer Arbeitnehmerinnen zum Arbeitsmarkt und im kommenden Jahr auch von der Einführung des Kindergeldes geprägt. Im Jahr 2001 dürfte die Zahl der von Arbeitslosigkeit Betroffenen auf durchschnittlich 181.000 zurückgehen. Die Arbeitslosenquote wird 3,6% der Erwerbspersonen nach EU Labour Force Survey und 5,4% der unselbständigen Erwerbspersonen nach österreichischer Berechnung betragen und dürfte sich 2002 auf diesem Niveau stabilisieren.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 4/2001!