9. März 2001 • Europäische Konjunktur kühlt sich ab • Marcus Scheiblecker

Nach dem Wachstumsknick in den USA mehren sich auch die Anzeichen einer Dämpfung der Konjunktur in Europa. Im Euro-Raum haben das Vertrauen der Unternehmen in die künftige Entwicklung und die Konsumentenstimmung rückläufige Tendenz. Das Wachstum der Geldmenge verlangsamt sich in der Euro-Zone ebenfalls. Noch reagiert die EZB nicht mit einer Lockerung ihrer Geldpolitik, obwohl kurz- und langfristige Zinssätze kaum differieren und die Inflation nachlässt. Die bis in die Wintermonate vorliegenden Wirtschaftsdaten für den Euro-Raum lassen allerdings keinen dramatischen Konjunktureinbruch erkennen.

Die internationale Abschwächung der Konjunktur dürfte auch die österreichische Wirtschaft bald erfassen. Zwar zeigte sich in Österreich bereits im 2. Halbjahr 2000 eine Verlangsamung des zuvor kräftigen Wirtschaftswachstums, doch hatte diese Dämpfung binnenwirtschaftliche Ursachen: Der private Konsum litt unter dem durch die Rohölverteuerung verursachten Kaufkraftverlust, der Erhöhung indirekter Steuern (motorbezogene Versicherungssteuer, Tabaksteuer, Energiesteuer, verschiedene Gebühren) und der Ankündigung weiterer Sparmaßnahmen im öffentlichen Bereich. Die bereits wirksamen Einsparungen des Staates drückten den öffentlichen Konsum, und die Investitionsnachfrage spiegelt die Eintrübung des Optimismus der heimischen Unternehmen wider, wie sie auch in den Umfragen des WIFO zum Ausdruck kommt.

Einzig der Export entwickelte sich bis zum Jahresende dynamisch. Die Zahlungseingänge aus der Warenausfuhr überstiegen 2000 das Vorjahresniveau um 16,6%, im IV. Quartal betrug das Wachstum ebenfalls 15,4%. Von der starken Auslandsnachfrage profitierte vor allem die Sachgütererzeugung, ihre abgesetzte Produktion wuchs von Jänner bis November um 10,6%. Die hohe Produktivitätssteigerung verhinderte eine Ausweitung der Beschäftigung in diesem Bereich, jedoch gingen per Saldo keine Arbeitsplätze verloren. Die heimischen Sachgütererzeuger zeigten sich im jüngsten WIFO-Konjunkturtest hinsichtlich ihrer künftigen Geschäftslage weniger optimistisch. Abermals skeptischer beurteilt wurden die Auftragsbestände (auch jene aus dem Ausland). Hingegen schätzten die Unternehmen die aktuelle Situation besser ein als in der vorhergehenden Umfrage. Die hohen Auftragseingänge der letzten Monate werden nun nach und nach abgearbeitet.

Grund für diese Eintrübung dürfte die Sorge über eine Beeinträchtigung der Konjunktur in Deutschland, Österreichs wichtigstem Handelspartner, durch die deutliche Dämpfung des Wirtschaftswachstums in den USA sein: Über 10% der deutschen Exporte fließen in die USA, und viele dieser Produkte (vor allem der Autoindustrie) enthalten Vorleistungen aus Österreich. In der Konjunkturumfrage des Ifo vom Jänner beurteilten die deutschen Unternehmen ihre Geschäftslage neuerlich pessimistischer. Auch für Italien, den zweitwichtigsten Handelspartner Österreichs, könnten die Effekte einer internationalen Konjunkturabkühlung recht deutlich ausfallen.

Neben den realwirtschaftlichen Verflechtungen mit Nordamerika besteht zusätzlich die Gefahr von Kapitalmarktturbulenzen, welche auch Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft hätten. Für einen zu starken und damit die europäische Exportwirtschaft belastenden Anstieg des Euro-Dollar-Wechselkurses sind trotz der deutlichen Verringerung des Zinsabstands und der Wachstumsdifferenz zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken noch keinerlei Anzeichen zu erkennen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 3/2001!