14. Februar 2001 • Erwerbsbeteiligung und Alterssicherung • Alois Guger, Christine Mayrhuber

Die finanzielle Stabilität des Alterssicherungssystems wird nicht nur durch die Demographie und das Pensionssystem, sondern auch durch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt bestimmt. Die Europäische Kommission verweist in der jüngeren Vergangenheit verstärkt auf die Bedeutung einer Erhöhung der Erwerbsbeteiligung in Europa, um trotz des demographischen Alterungsprozesses den Anstieg der Pensionsquoten zu dämpfen. Die Perspektive einer schrumpfenden Zahl von Erwerbspersonen lässt in den nächsten Jahrzehnten eine zunehmende Überschussnachfrage auf dem Arbeitsmarkt und einen Anstieg der Erwerbsquoten erwarten. Je höher die Erwerbsquote und das Beschäftigungsniveau sind, umso größer ist die Zahl der Beitragszahler und umso niedriger die Pensionsquote. Unter realistischen Arbeitsmarktperspektiven ist längerfristig mit deutlich geringeren Pensionsquoten zu rechnen, als in den bislang veröffentlichen Studien erwartet wurde.

In der Pensionsdiskussion steht bisher die demographische Entwicklung als Begründung für die Notwendigkeit einer Pensionsreform im Vordergrund. Neben den demographischen Rahmenbedingungen haben auch in Österreich Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt direkte Rückwirkungen auf die gesetzliche Pensionsversicherung. Der Arbeitsmarkt ist somit ein zentraler Ansatzpunkt, um den absehbaren Struktureffekten im Pensionsversicherungssystem zu begegnen, denn in den kommenden Jahrzehnten ist mit einer Arbeitskräfteverknappung zu rechnen. Für die Arbeitsmarktpolitik ergeben sich Chancen zur Dämpfung der Pensionsquote innerhalb der folgenden drei Entwicklungen:

  • Der Rückgang der Zahl der Erwerbsfähigen (15- bis 64-Jährige) erhöht die Arbeitsmarkchancen von Frauen und älteren Arbeitskräfte.
  • In den nächsten 3 Jahrzehnten ist mit weiterhin steigender Arbeitskräftenachfrage zu rechnen.
  • Gemäß der gegenwärtigen Rechtslage ist die Angleichung des Antrittsalters zur vorzeitigen Alterspension bis 2027 und jene des Regelpensionsalters (65 Jahre für Männer und Frauen) bis 2033 abgeschlossen.

Solche Entwicklungen können für eine stärkere Arbeitsmarktintegration von Frauen und vor allem auch für ältere Arbeitskräfte genützt werden, wenn Begleitmaßnahmen gesetzt werden (Vereinbarung von Beruf und Familie, betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen für ältere Arbeitskräfte usw.).

Diese Wechselwirkungen zwischen Arbeitsmarkt und Pensionsquote hat das WIFO in drei Szenarien untersucht:.

  • Bei einer Fortschreibung des "Status quo" der Erwerbsbeteiligung, also der (unwahrscheinlichen) Konstanz der Beschäftigungsquoten auf dem Niveau des Jahres 1999 in den nächsten 30 Jahren, würde die Pensionsquote (je nach dem Ausmaß der Zunahme der Eigen- und Hinterbliebenenpensionen) auf 878 bis 889 Pensionen je 1.000 pensionsversicherte Beschäftigungsverhältnisse anwachsen.
  • Könnte in den kommenden Dezennien annähernd das Arbeitskräftewachstum der vergangenen drei Jahrzehnte erreicht werden ("Hauptszenario"), so würde sich die Pensionsquote mäßig auf 697 bis 766 erhöhen.
  • Falls die Erwerbsquote in Österreich hingegen bis 2030 auf das heutige Niveau von Norwegen steigt, verlangsamt sich der Anstieg der Pensionsquote, sie erreicht im Jahr 2030 758 bis 782.

Die Pensionsreformdiskussion befasst sich vorwiegend mit parametrischen Systemänderungen. Die langfristige finanzielle Stabilität der Altersvorsorge wird aber nicht nur durch das Pensionsrecht bestimmt, sondern auch durch das ökonomische Umfeld, insbesondere vom Arbeitsmarkt. Je höher das Beschäftigungsniveau, umso größer ist die Zahl der Beitragszahler und umso niedriger die Pensionsquote. Die Erwerbsbeteiligung ist somit ein entscheidender Faktor für die Nachhaltigkeit des Pensionssystems – eine Wechselbeziehung, die auch auf europäischer Ebene verstärkt in den Mittelpunkt der Beschäftigungspolitik gerückt ist.

Übersicht 1: Entwicklung künftiger Pensionsquoten in unterschiedlichen Simulationen

 

1999

2000

2015

2030

 

Pensionen je 1.000 pensionsversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse

         

Realisierte Pensionsquote

617

619

   

Konstante Erwerbsquote von 1999 ("Status quo")

617

619

760

889

Kontinuierliches Beschäftigungswachstum ("Hauptszenario")

617

619

656

766

Anstieg der Erwerbsquote auf das Niveau von Norwegen 1998

617

619

595

782

Q: WIFO.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 2/2001!