29. Dezember 2000 • Abschwächung des Wirtschaftswachstums im III. Quartal • Marcus Scheiblecker

Hatte Österreichs gesamtwirtschaftliche Produktion im 1. Halbjahr 2000 gegenüber dem Vorjahr real um 4% expandiert, so wurde im III. Quartal nur noch ein Anstieg von knapp 2% verzeichnet. Saisonbereinigt ergab sich somit eine weitere leichte Abschwächung des realen BIP-Wachstums. Fast alle Hauptnachfrageaggregate nahmen im Vorjahresvergleich weniger stark zu als im ersten Semester. Auch die Steigerungsrate des realen Warenexports fiel mit 9% etwas gedämpfter aus.

Die VGR-Quartalsrechnung des WIFO weist für das III. Quartal 2000 ein Wirtschaftswachstum von 1,9% aus. Im 1. Halbjahr wurde noch eine Rate von +4% verzeichnet. Das Ausmaß der Abschwächung erscheint jedoch im Vorjahresvergleich überzeichnet: Zum einen war das 1. Halbjahr 1999 durch besondere Schwäche geprägt, sodass sich im ersten Semester 2000 ein relativ starker Anstieg ergab, während im III. Quartal 1999 bereits wieder eine Erholung eintrat. Zum anderen hatte das 1. Halbjahr 2000 um einen Arbeitstag mehr als die Vergleichsperiode 1999, während im III. Quartal 2000 zwei Arbeitstage weniger zur Verfügung standen. Bereinigt um Saison- und Arbeitstagseffekte zeigt sich ebenfalls eine Abschwächung, jedoch in geringerem Ausmaß.

Der Konsum der privaten Haushalte stieg im III. Quartal 2000 real um 1,2%, nach +3,6% in der ersten Jahreshälfte. Die zu Jahresanfang gute Einkommenssituation verschlechterte sich aufgrund des durch die Treibstoffverteuerung und die Budgetmaßnahmen ausgelösten realen Kaufkraftverlustes der Haushalte um die Jahresmitte. Auch die Zunahme des öffentlichen Konsums verlangsamte sich deutlich von 3,2% auf 1,7%. Die Bauinvestitionen blieben um 5,4% unter dem Vorjahresniveau, nachdem im 1. Halbjahr noch ein Plus von 2,9% erzielt worden war. Die Eintrübung des Vertrauens der Unternehmer in die künftige Entwicklung spiegelt sich in einer Abschwächung der Ausgaben für Ausrüstungsinvestitionen: Diese stiegen in den ersten zwei Quartalen real um 8,6%, im III. Quartal gingen sie um 5,6% zurück.

Anhaltend stark entwickelte sich die Warenausfuhr im III. Quartal: Im Vergleich mit dem guten Ergebnis im entsprechenden Vorjahreszeitraum wurde abermals ein realer Anstieg von 9,1% verzeichnet. Seit Jahresanfang ergibt sich somit eine Steigerung um fast 12%. Rückläufig war im III. Quartal hingegen die Ausfuhr von Dienstleistungen (–4,3%).

Die Dämpfung von Konsum und Investitionsnachfrage trug zu einer Abschwächung des Wachstums der Warenimporte bei: Nach +7% in der ersten Jahreshälfte betrug es im III. Quartal nur noch 2,9%. In nomineller Rechnung ergab sich für das III. Quartal jedoch wegen des starken Anstiegs der Importpreise – im Gefolge der Rohölpreishausse und der Euro-Schwäche – ein Plus von 9,2%.

Von der anhaltenden Stärke der Auslandsnachfrage profitiert nach wie vor die Sachgüterproduktion. Sie steigerte ihre reale Wertschöpfung im III. Quartal um 5,8%, nach +8,5% im 1. Halbjahr. Bereinigt um Saisoneffekte und um die unterschiedliche Zahl der Arbeitstage zeigt sich auch hier eine weitere Abschwächung.

Das Nachlassen der Dynamik der Konsumnachfrage dämpfte den Geschäftsgang des Handels, die reale Wertschöpfung stieg mit 0,5% gegenüber dem Vorjahr deutlich langsamer als in den Vorquartalen. Teilweise ist diese Dämpfung jedoch durch Sondereffekte überzeichnet, die das Ergebnis im III. Quartal 1999 erhöht hatten.

Das Beherbergungs- und Gaststättenwesen verzeichnete im III. Quartal einen Wertschöpfungszuwachs von real knapp 1%. Aufgrund der Hitzeschäden im Frühjahr war die Wertschöpfung der Land- und Forstwirtschaft stark rückläufig (–8%).

Abbildung 1: Wachstum des Bruttoinlandsproduktes

Veränderung gegen das Vorjahr (Vorquartal) in %

Q: WIFO.

Übersicht 1: Ergebnisse der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
 

1999

2000

 

I. Quartal

II. Quartal

III. Quartal

IV. Quartal

I. Quartal

II. Quartal

III. Quartal

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

               

Nominell

             

Konsumausgaben insgesamt

+ 2,7

+ 3,1

+ 3,8

+ 4,4

+ 5,3

+ 4,6

+ 3,1

  Private Haushalte1)

+ 2,3

+ 2,6

+ 3,3

+ 3,9

+ 5,4

+ 4,6

+ 2,9

  Staat

+ 3,9

+ 4,4

+ 5,1

+ 5,9

+ 5,2

+ 4,6

+ 3,6

Bruttoinvestitionen

+ 3,9

- 2,3

+ 6,7

+ 4,2

+ 4,8

+ 8,1

- 1,3

  Bruttoanlageinvestitionen

- 0,8

+ 6,6

+ 6,9

+ 3,7

+ 11,0

+ 4,4

- 3,2

    Ausrüstungen

+ 1,7

+ 8,5

+ 8,4

+ 1,4

+ 9,8

+ 8,8

- 5,0

    Bauten

- 3,2

+ 6,0

+ 6,0

+ 4,9

+ 12,0

+ 1,4

- 2,5

Exporte

+ 0,7

+ 7,3

+ 10,5

+ 11,3

+ 13,4

+ 10,2

+ 8,5

  Waren

+ 2,9

+ 3,7

+ 7,8

+ 14,2

+ 17,8

+ 16,1

+ 13,3

  Dienstleistungen

- 3,4

+ 16,7

+ 16,2

+ 5,2

+ 4,7

- 3,4

- 1,1

Importe

+ 0,4

+ 3,3

+ 11,5

+ 13,1

+ 15,8

+ 13,4

+ 6,6

  Waren

+ 2,4

+ 5,3

+ 9,3

+ 11,1

+ 13,0

+ 12,1

+ 9,2

  Dienstleistungen

- 5,4

- 1,2

+ 16,5

+ 17,8

+ 24,1

+ 16,8

+ 1,2

Bruttoinlandsprodukt

+ 2,9

+ 2,5

+ 4,4

+ 5,0

+ 5,1

+ 5,3

+ 3,8

               

Real, zu Preisen von 1995

             

Konsumausgaben insgesamt

+ 1,8

+ 2,3

+ 2,9

+ 3,1

+ 4,2

+ 2,8

+ 1,3

  Private Haushalte1)

+ 1,4

+ 2,0

+ 2,8

+ 2,8

+ 4,5

+ 2,8

+ 1,2

  Staat

+ 2,6

+ 2,9

+ 3,4

+ 3,9

+ 3,7

+ 2,8

+ 1,7

Bruttoinvestitionen

- 2,4

+ 3,8

+ 4,6

+ 1,2

+ 7,3

+ 2,1

- 4,5

  Bruttoanlageinvestitionen

- 1,7

+ 5,6

+ 5,7

+ 2,2

+ 9,5

+ 2,7

- 5,2

    Ausrüstungen

+ 1,4

+ 8,4

+ 8,3

+ 1,2

+ 9,3

+ 8,0

- 5,6

    Bauten

- 4,9

+ 4,1

+ 4,1

+ 2,8

+ 9,6

- 1,3

- 5,4

Exporte

+ 1,9

+ 8,3

+ 10,5

+ 9,8

+ 10,4

+ 6,7

+ 4,7

  Waren

+ 4,9

+ 5,2

+ 8,3

+ 12,7

+ 14,6

+ 12,1

+ 9,1

  Dienstleistungen

- 3,6

+ 16,5

+ 15,3

+ 3,3

+ 1,8

- 6,3

- 4,3

Importe

+ 2,8

+ 4,7

+ 11,3

+ 9,3

+ 10,7

+ 8,0

+ 1,0

  Waren

+ 5,4

+ 7,1

+ 9,1

+ 7,2

+ 7,6

+ 6,3

+ 2,9

  Dienstleistungen

- 4,6

- 0,8

+ 16,7

+ 14,5

+ 20,3

+ 12,5

- 3,2

Bruttoinlandsprodukt

+ 2,0

+ 1,4

+ 3,8

+ 4,0

+ 4,1

+ 4,0

+ 1,9

Sachgütererzeugung

- 0,6

+ 1,2

+ 2,9

+ 5,9

+ 8,6

+ 8,3

+ 5,8

               
 

Saisonbereinigt, Veränderung gegen das Vorquartal in %

               

Bruttoinlandsprodukt real

+ 0,6

+ 1,1

+ 1,3

+ 1,0

+ 0,7

+ 0,4

+ 0,3

 1)  Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.