13. Dezember 2000 Umstellung des Abfertigungsrechtes: Impuls oder Hemmnis auf dem österreichischen Arbeitsmarkt? Christine MayrhuberDem Parlament liegen zwei Entschließungsanträge vor, die einen Umbau des Abfertigungsrechts in ein beitragsorientiertes System vorsehen. Das WIFO hat die Auswirkungen einer solchen Reform auf den Arbeitsmarkt untersucht. Nur ein kleiner Teil der Dienstverhältnisse erfüllt in Österreich derzeit bei Beendigung die Voraussetzungen für eine Abfertigungszahlung: Bei Kündigung durch den Arbeitnehmer gebührt keine Abfertigung. Rund ein Drittel aller Beschäftigungsverhältnisse wird innerhalb eines Jahres gelöst; bis zu einer Betriebszugehörigkeit von 3 Jahren besteht jedoch kein Abfertigungsanspruch. Die Anwartschaft steigt sprunghaft mit der Verweildauer im Betrieb, nach dem 25. Jahr beträgt die Abfertigung ein Jahresgehalt. Die Abfertigung hat daher vor allem die Funktion einer Prämie für Betriebstreue. Die Entschließungsanträge von SPÖ und ÖVP stellen darauf ab, das Abfertigungssystem besser in Einklang mit der hohen Arbeitskräftemobilität zu bringen und gleichzeitig in Richtung Pensionsvorsorge umzubauen. Beide Modelle sind beitragsorientierte Systeme, die Abfertigungsansprüche der Arbeitnehmer wachsen gleichmäßig mit der Dauer der Erwerbstätigkeit. Auch bei Selbstkündigung bleibt die Anwartschaft im Abfertigungsfonds bestehen, im ÖVP-Modell kann in diesem Fall der Arbeitnehmer allerdings nicht über das Geld verfügen. Im ÖVP-Vorschlag leistet der Arbeitgeber Beiträge nur für Mitarbeiter, die mindestens ein Jahr im Betrieb beschäftigt sind. Dies ist zwar eine Verbesserung gegenüber dem aktuellen Stufentarif, die angestrebte Steigerung der Mobilität von Arbeitskräften bringt aber gegenüber dem SPÖ-Modell Verluste an Abfertigungsansprüchen mit sich. Für mobile Arbeitskräfte und Saisonarbeitskräfte bietet dieses Abfertigungsmodell weder eine Überbrückungshilfe noch eine zusätzliche Altersvorsorge. Nach 300 Beitragsmonaten (25 Jahre) ist der Arbeitnehmer beitragsfrei gestellt. Weil das neue System nur für neue Dienstverhältnisse gelten soll, setzt erst im 26. Jahr nach der Einführung eine Lohnkostenreduktion für ältere Arbeitskräfte ein zu einem Zeitpunkt, für den demographische Prognosen eine starke Verknappung der Arbeitskräfte erwarten lassen. Aus heutiger Sicht wird diese Deckelung wegen der überwiegend langen Betriebszugehörigkeit vor allem in den Bereichen Kredit- und Versicherungswesen, Herstellung von Chemikalien sowie Energie- und Wasserversorgung wirksam. Da auch gegenwärtig die Abfertigung höchstens ein Jahresentgelt beträgt, würden Arbeitnehmer dieser Branchen nicht schlechter gestellt. Der SPÖ-Vorschlag schließt alle Arbeitnehmer in das System ein, unabhängig von der Dauer der Erwerbstätigkeit und der Art der Beschäftigungsbeendigung. Betriebe müssen für alle Mitarbeiter Beiträge an die Abfertigungsfonds überweisen, von ihrem Eintritt bis zu ihrem Austritt bzw. Pensionsantritt. Dieses Modell übernimmt in einem stärkeren Ausmaß sowohl eine Überbrückungsfunktion als auch eine zusätzliche Altersvorsorgefunktion, da die Anwartschaft über die gesamte Dauer der Erwerbstätigkeit steigt. Knapp 71% der beendeten und 23% der aufrechten Beschäftigungsverhältnisse dauern weniger als ein Jahr. Diese Kurzzeitarbeitsverhältnisse sind besonderes häufig in der Baubranche, der Tourismusbranche, im Einzelhandel, in der Datenverarbeitung, in mit Kredit- und Versicherungswesen verbundenen Tätigkeiten und im Bereich der unternehmensbezogenen und sonstigen Dienstleistungen. Eine Abfertigungsreform im Sinne des SPÖ-Entschließungsantrags würde für diese Branchen einen zusätzlichen Aufwand für die Betriebe bedeuten, die Arbeitnehmer aber besser gegen die Risken Arbeitslosigkeit und Alter absichern. Die Absicherung würde im ÖVP-Modell in diesen Branchen geringer ausfallen. Übersicht 1: Beschäftigungsverhältnisse mit einer Dauer bis zu einem Jahr und über 25 Jahre ÖNACE-Wirtschaftsabteilungen
Q: WIFO, Synthesis. Ohne Beamte, geringfügig Beschäftigte, Werkverträge.
Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 12/2000!
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