7. Dezember 2000 • Konjunkturhöhepunkt überschritten • Ewald Walterskirchen

Die Konjunktur hat in Österreich sowie in der Euro-Zone in den Sommermonaten ihren Höhepunkt erreicht. Seither mehren sich die Anzeichen, dass sich das Wachstum verlangsamt. Export und Sachgüterproduktion haben bis zum August noch nicht an Schwung eingebüßt. Konsum und Investitionen lassen jedoch erste Schwächezeichen erkennen. Die Unternehmer sind nicht mehr so optimistisch wie im Sommer, und die Stimmung der Verbraucher ist durch die Erdölpreishausse getrübt.

Die österreichische Konjunktur hat im Sommer ihren Höhepunkt erreicht. Seither deuten mehrere Faktoren auf eine Abschwächung hin: Die Funktion der USA als Konjunkturmotor der Weltwirtschaft hat merklich nachgelassen; dies wird die Exporte der Handelspartner dämpfen. Die anhaltend hohen Erdölpreise haben in den Industrieländern Realeinkommenseinbußen zur Folge, die den privaten Konsum beeinträchtigen. Die steigenden Inflationsraten veranlassten weiters die Europäische Zentralbank zu einer Kurskorrektur, die den Unternehmen und den Gewerkschaften Warnsignale gibt. Die Abwärtstendenz auf den Aktienmärkten spiegelt alle diese Unsicherheiten wider.

In den bisher verfügbaren Daten für die österreichische Sachgüterproduktion und den Export schlagen sich diese möglichen dämpfenden Einflüsse noch nicht nieder. Die Exporte übertrafen im August das Vorjahresniveau wie im bisherigen Jahresverlauf um 17%. Die Ausfuhr in Drittländer nahm dreimal so rasch zu wie die Lieferungen innerhalb der EU. Auch die Sachgüterproduktion zeigt noch keine Anzeichen einer Abschwächung der Hochkonjunktur. Sie wurde im August ähnlich wie im 1. Halbjahr um 12% ausgeweitet, vor allem die Kfz-Zulieferungen florierten.

Konsum und Investitionstätigkeit lassen jedoch erste Schwächezeichen erkennen. Die Stimmung der Verbraucher hat sich in Österreich ebenso wie in der EU seit dem Sommer verschlechtert. Vor allem die künftige finanzielle Lage wird von den Haushalten ungünstiger eingeschätzt. Die realen Einzelhandelsumsätze stagnierten im III. Quartal im Vorjahresvergleich. Die reale Kaufkraft je Arbeitnehmer dürfte im Herbst trotz der Effekte der Steuerreform nicht mehr gestiegen sein. Die Inflationsrate ging mit fast 3% um 1 Prozentpunkt über die Tariflohnsteigerung hinaus. Für das Weihnachtsgeschäft wird keine Umsatzsteigerung erwartet.

Die Investitionstätigkeit scheint ebenfalls an Schwung verloren zu haben. Die Stagnation der Importe von Maschinen und Verkehrsmitteln deutet darauf hin, dass auch die Investoren durch die Erdölpreishausse verunsichert wurden. Gegen Jahresende wird allerdings die bevorstehende Streichung der Investitionsprämie Vorzieheffekte auslösen.

Jene Indikatoren, denen eine Vorlauffunktion zugesprochen wird, deuten auf ein Nachlassen der Dynamik hin: Die Unternehmererwartungen waren im III. und IV. Quartal weniger optimistisch als zuletzt. Die Einschätzung der Auftragssituation blieb im IV. Quartal zwar unverändert, die Beurteilung der Geschäftslage und der Produktionserwartungen hat sich aber verschlechtert.

Gemäß dem Financial-Times-Indikator, der von führenden europäischen Wirtschaftsforschungsinstituten (Netzwerk "Euroframe") erstellt wird, verlangsamt sich das Wachstum in der Euro-Zone von 3,7% im II. auf 3,2% im III. Quartal 2000. Die deutsche Wirtschaft expandierte im III. Quartal nach vorläufigen Berechnungen um nur 2,8%.

Rohöl kostete in den letzten Wochen weiterhin deutlich über 30 $ je Barrel, Hoffnungen auf einen Rückgang unter diese Grenze waren verfrüht. Die Erdölverteuerung bildet damit das größte Risiko für den weiteren Konjunkturverlauf.

Die Inflationsrate ging in Österreich im Oktober leicht zurück, blieb aber mit 2,8% nach wie vor hoch. Die Unternehmen sind infolge der Steigerung der Energiekosten gezwungen, entweder geringere Gewinnmargen in Kauf zu nehmen oder die Kosten auf ihre Preise zu überwälzen. Allmählich zeigt sich eine solche teilweise Überwälzung: Der Index der Großhandelspreise ist um 6% gestiegen. Die Preise industriell-gewerblicher Waren, die 1999 stabil geblieben waren, lagen im Oktober bereits um 1% über dem Niveau des Vorjahres.

Der Beschäftigungszuwachs hat in Österreich im Herbst nachgelassen, der Vorjahresabstand verringerte sich von +33.000 im II. Quartal auf +19.000 in den Monaten Juli bis November. Dies lässt sich jedoch nicht mit Konjunktureinflüssen erklären: Die Beschäftigung in der konjunkturreagiblen Sachgüterproduktion nimmt seit dem Sommer zu (Oktober +3.700 gegenüber dem Vorjahr), und die Gesamtbeschäftigung reagiert erfahrungsgemäß erst mit beträchtlicher Verzögerung (von etwa einem halben Jahr) auf den Konjunkturverlauf. Der Hauptgrund für die Abschwächung der Beschäftigungsdynamik im Herbst dürfte in einer Welle von Frühpensionierungen vor dem Inkrafttreten der neuen Pensionsregelungen liegen. Die Arbeitslosigkeit sank im Herbst unvermindert stark. Etwa zur Hälfte betrifft dieser Rückgang Ältere (über 50 Jahre), wobei ebenfalls der verstärkte Übergang in die Pension eine wichtige Rolle spielt.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 12/2000!