4. Dezember 2000 • Konsumwachstum fiskalisch gestützt. Weihnachtsgeschäft erreicht reales Vorjahresniveau knapp • Michael Wüger

Die Konsumnachfrage war in der ersten Jahreshälfte 2000 sehr kräftig, weil die Effekte der Steuerreform und der guten Konjunktur die Auswirkungen der steigenden Energiepreise überwogen. Davon profitierten auch die Einzelhandelsumsätze. Seit Jahresmitte verläuft der Geschäftsgang des Einzelhandels gedämpft, die Erwartungen für das Weihnachtsgeschäft sind deshalb nicht allzu optimistisch.

Steuersenkungen, wie jene zum 1. Jänner 2000, stützen die Konsumnachfrage, obwohl nicht die gesamte hinzugewonnene Liquidität kurzfristig nachfragewirksam und das Sparen relativ noch stärker begünstigt wird. Ähnlich wie in Phasen guter Konjunktur steigt die Sparquote nach einer Steuersenkung zumindest kurzfristig. Konterkariert wird der Effekt dieser Senkung der direkten Steuern heuer durch die starke Erhöhung mancher Energiepreise (insbesondere Treibstoffe und Heizöl) und die Anhebung indirekter Steuern in der zweiten Jahreshälfte, die die Realeinkommen und damit die reale Konsumnachfrage dämpfen. Da der Energiekonsum zumindest kurzfristig ein "Zwangskonsum" ist, sinkt in Phasen steigender Energiepreise in der Regel die Sparquote.

Die Konsumnachfrage war in der ersten Jahreshälfte 2000 sehr kräftig, weil die Effekte der Steuerreform und der guten Konjunktur die Auswirkungen der steigenden Energiepreise überwogen. Davon profitierten auch die Einzelhandelsumsätze. Seit Jahresmitte verläuft der Geschäftsgang des Einzelhandels gedämpft, die Erwartungen für das Weihnachtsgeschäft sind deshalb nicht allzu optimistisch.

Die Ausgaben der privaten Haushalte für Zwecke des privaten Konsums lagen im 1. Halbjahr 2000 nominell um 5%, real um 3,5% über dem Niveau des Vorjahres. Der deutliche Anstieg wurde erwartungsgemäß trotz einer Erhöhung der Sparquote realisiert. Die reale Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern stagnierte in der ersten Jahreshälfte 2000. Einem Rückgang der Ausgaben für Pkw (im Vergleich mit dem durch Sondereffekte überhöhten Vorjahresniveau) sowie für Möbel (in der Folge der schwachen Entwicklung des Wohnbaus) stand eine Zunahme der Ausgaben für Freizeitgegenstände gegenüber. Deutlich gestiegen sind aufgrund des anhaltenden Handy- und Internet-Booms die Ausgaben für Kommunikation.

Dank der steigenden Konsumausgaben der Österreicher und der Zuwächse im heimischen Tourismus verzeichnete der Einzelhandel im 1. Halbjahr 2000 einen lebhaften Geschäftsgang. Der Großhandel steigerte seine Umsätze noch stärker als der Einzelhandel, weil sich Industrieproduktion und Außenhandel sehr günstig entwickelten.

Die Preise stiegen im Handel im 1. Halbjahr infolge der starken Rohölverteuerung etwas stärker als in den letzten Jahren. Deutlich erhöhte sich auch die Produktivität. Offenbar zwingt der verschärfte Wettbewerb zu Rationalisierungen. Die Beschäftigung nimmt dementsprechend nur wenig zu, sie dürfte hauptsächlich im Teilzeitbereich sowie im Bereich der geringfügig Beschäftigten ausgeweitet werden.

Der Geschäftsgang des Einzelhandels hat sich in der zweiten Jahreshälfte abgeschwächt, im Durchschnitt der Monate Juli und August lagen die Umsätze unter dem hohen Niveau des Vorjahres. Dies lässt keinen großen Optimismus für das Weihnachtsgeschäft zu, das – wie die ausgeprägten Dezember-Spitzen (Abbildung 1) zeigen – für einige Branchen von besonderer Bedeutung ist.

Das WIFO definiert als Weihnachtsgeschäft jene Umsätze im Dezember, die ein anhand der maßgebenden Einflussfaktoren der Einzelhandelsentwicklung (Trend, Konjunktur, Saison, Kalender, fiskalische Maßnahmen, Sondereffekte usw.) errechnetes Normalmaß übersteigen. Aufgrund von Umstellungen der statistischen Basis kann heuer nur eine Tendenz abgeleitet werden. Demnach dürfte das so definierte Weihnachtsgeschäft die realen Vorjahresumsätze knapp erreichen.

Abbildung 1: Dezember-Spitzen ausgewählter Einzelhandelsbranchen 1999

Differenz zwischen dem Umsatz im Dezember und dem Durchschnitt von Jänner bis November in %

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 12/2000!