1. Dezember 2000 • Dämpfung des Wachstums der Weltwirtschaft im Jahr 2001 • Markus Marterbauer

Die Industrieländer verzeichneten im Jahr 2000 eine Hochkonjunktur. Das kräftige Wirtschaftswachstum hatte vor allem in der EU einen merklichen Rückgang der Arbeitslosigkeit und einen weiteren Abbau der Budgetdefizite zur Folge. Der starke Anstieg der Erdölpreise mit der daraus resultierenden Kaufkraftumverteilung zulasten der Konsumenten in den erdölimportierenden Ländern und die restriktivere Zinspolitik tragen nun zu einer deutlichen Abschwächung der lebhaften Wachstumsdynamik bei.

Das Jahr 2000 zeigt die Weltwirtschaft in der Hochkonjunktur: In den USA expandieren Nachfrage und Produktion real um etwa 5¼%, in der EU um 3½%, und sogar Japan, dessen Wirtschaft seit mehr als einem Jahrzehnt weitgehend stagniert, erreicht einen Zuwachs von 2%. Zu dieser Entwicklung haben relativ günstige monetäre Rahmenbedingungen und eine starke Expansion der Binnennachfrage beigetragen.

Nun mehren sich allerdings die Anzeichen für eine Verlangsamung der hohen Wachstumsdynamik, ausgelöst vor allem durch den Anstieg der Erdölpreise mit der daraus resultierenden Kaufkraftumverteilung zulasten der Industrieländer. Daneben spielt auch die restriktivere Ausrichtung der Geldpolitik eine konjunkturdämpfende Rolle. Für die USA erwartet die Mehrzahl der internationalen Beobachter ein "Soft Landing" mit Wachstumsraten von gut 3% in den Jahren 2001/02, allerdings haben die Risken beträchtlich zugenommen, und die Unsicherheit über den weiteren Konjunkturverlauf hat sich wesentlich erhöht.

In Europa hat der Aufschwung erst 1999/2000 nach Überwindung der Konjunkturdelle infolge der Asien- und Russlandkrise eingesetzt. Das rasche Wirtschaftswachstum hat sehr positive Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte und den Arbeitsmarkt. Da die Produktionsausweitung markant über der "Beschäftigungsschwelle" (Wirtschaftswachstum von etwa 1¾% ) und der "Arbeitslosigkeitsschwelle" (+2½%) liegt, expandiert die Zahl der Arbeitsplätze im Jahr 2000 kräftig (+1,6%), die Arbeitslosenquote geht um 0,8 Prozentpunkte auf 8½% zurück. Nun muss mit Sorge beobachtet werden, dass die Konjunktur schon sehr früh gedämpft wird. Die jüngsten Prognosen von EU und OECD – das reale Wirtschaftswachstum wird für 2001 auf 3,1% bzw. 3,0% geschätzt – fallen für die EU-Länder eher optimistisch aus. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Anstieg der Erdölpreise stärker nachfragedämpfende Effekte zeigt. Er hat eine Beschleunigung des Preisauftriebs und einen Verlust an Kaufkraft für die privaten Haushalte zur Folge. Die Inflationsrate dürfte in der EU 2000 und 2001 aufgrund zunehmender Überwälzung des erdölpreisbedingten Kostenauftriebs deutlich über 2% liegen. Damit kann der Konsum die Konjunktur nur noch schwach stützen. Zudem hat sich vor allem in Deutschland die Unternehmerstimmung eingetrübt, in der deutschen Bauindustrie sind die Auftragseingänge eingebrochen.

Die Geldpolitik reagiert rascher mit Zinserhöhungen als in der Vergangenheit. Der Hauptrefinanzierungssatz der EZB wurde seit Oktober 1999 bereits um 2¼ Prozentpunkte angehoben. Die Zinsdifferenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen beträgt nur mehr ¼ Prozentpunkt – ein Hinweis auf eine restriktivere Zinspolitik. Der niedrige Außenwert des Euro trägt zwar zum Anstieg der Importpreise bei, verbessert aber auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und bietet Impulse für eine hohe Export- und Investitionsdynamik.

Von der europäischen Fiskalpolitik, die die Konsolidierungsperiode abgeschlossen hat, kommen im Jahr 2001 konjunkturstützende Impulse. Im Jahr 2000 erreichen alle Länder des Euro-Raumes – wie im Stabilitätspakt gefordert – eine Position, in der selbst eine markante Verlangsamung des Wirtschaftswachstums das Budgetdefizit nicht über 3% des BIP steigen lassen würde. Mehrere Länder nutzen die günstige Finanzlage nun zu signifikanten Einkommensteuersenkungen. Das gilt insbesondere für Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande. Sollten die Hausse auf den Weltmärkten für Rohöl in den nächsten Quartalen abklingen und die monetären Rahmenbedingungen seitens der Zins- und Wechselkursentwicklung sich nicht deutlich verschlechtern, dann könnte sich die Wachstumsdämpfung in Europa im Jahr 2001 deshalb als temporär erweisen.

Abbildung 1: Ergebnisse aus dem Konjunkturtest der EU

Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten Firmen

Q: Europäische Kommission.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 12/2000!