14. November 2000 • Benchmarking volkswirtschaftlicher Rahmenbedingungen auf Unternehmensebene • Michael Böheim

Unternehmensinterne Standortbewertungen stehen häufig in Widerspruch zu externen Wettbewerbsfähigkeitsanalysen. Während letztere mit wissenschaftlichen Methoden intersubjektiv nachvollziehbare Ergebnisse erzielen, sind erstere Ausdruck einer subjektiven Sichtweise der Unternehmen. Die Wirtschaftspolitik kann beide Verfahren als Quellen komplementärer Information nützen: externe Wettbewerbsfähigkeitsanalysen zur Ermittlung der "harten Fakten", unternehmensinterne Studien als pointierte Form der Erkennung von Standortdefiziten.

Obwohl die Ansprüche von internen und externen Standortanalysen grundsätzlich verschieden sind, ergeben sich gerade aus ihrer Komplementarität mögliche interessante Synergieeffekte. Unternehmensinterne Standortbewertungen sind von der betrieblichen Perspektive geprägt, meist kasuistisch und nur bedingt verallgemeinerungsfähig. Externe Standortbewertungen werden aus einer gesamtwirtschaftlichen Perspektive verfasst und liefern auf Basis quantitativer Analysen nachvollziehbare Ergebnisse.

Die Ergebnisse von Struktur- und Wettbewerbsfähigkeitsanalysen bieten den Unternehmen wichtige Grundlagen für ihren unternehmensinternen Meinungsbildungsprozess, andererseits geben Standortbewertungen aus unternehmerischer Sicht der Wirtschaftspolitik wichtige Hinweise auf Defizite der Standortqualität (z. B. Dauer der Verfahren von Umweltverträglichkeitsprüfungen, Konzernsteuerrecht). Als pointierte Form der "Defiziterkennung" – soweit objektiv nachvollziehbar – sind die Ergebnisse des Standort-Benchmarking von Unternehmen mit der Betonung der subjektiven Betroffenheit somit auch für die wissenschaftliche Analyse und die Wirtschaftspolitik von Wert.

Zur Zeit werden unternehmensinternes und -externes Standort-Benchmarking getrennt nebeneinander verfolgt. Ziel der Wirtschaftspolitik sollte es sein, die beiden komplementären Ansätze einander anzunähern. Als wirtschaftspolitische Initiativen bieten sich deshalb folgende Maßnahmen an:

  • Im Rahmen einer Imagekampagne für den Wirtschaftsstandort Österreich sollen die Standortqualitäten herausgestrichen und multinationale Unternehmen gezielt darauf hingewiesen werden.
  • Der in den neunziger Jahren vom WIFO regelmäßig verfasste Standortbericht sollte als Benchmarking-Indikatorset weitergeführt werden, das um Beratungsleistungen für die Unternehmen und die Wirtschaftspolitik ergänzt werden könnte. Dieses Indikatorset könnte auch als Argumentationshilfe für die Imagekampagne und im Rahmen des Standortmarketing für Betriebsansiedlungen genützt werden.
  • Ein jährliches Benchmarking-Forum sollte eingerichtet werden, um die Ergebnisse des externen Standort-Benchmarking für Österreich zu präsentieren. Die Unternehmensvertreter hätten die Gelegenheit, die Ergebnisse ihrer Benchmarking-Studien vorzustellen sowie Anregungen und Kritik zu äußern. Damit könnte die Einbindung der Wirtschaft in die kontinuierliche Weiterentwicklung des externen Standort-Benchmarking sichergestellt werden. Anzustreben ist die Etablierung eines Qualitätszirkels mit dem Ziel der kontinuierlichen Verbesserung der Standortqualität Österreichs.
  • Für die Lösung von Problemen an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und öffentlicher Verwaltung wäre ein unabhängiger und weisungsfreier Ombudsmann – entweder im Wirtschaftsministerium oder in der Wirtschaftskammer – anzusiedeln. Die Finanzierung könnte zu gleichen Teilen von der Wirtschaft und der öffentlichen Hand getragen werden.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 11/2000!

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