30. Juni 2000 • Kräftiger Konjunkturaufschwung mildert die gravierenden Budgetprobleme. Prognose für 2000 und 2001 • Ewald Walterskirchen

Die Konjunkturindikatoren weisen steil aufwärts. Das WIFO hebt deshalb seine Wachstumsprognose auf 3,5% für 2000 und 3,2% für 2001 an. Diese Beschleunigung hat positive Auswirkungen auf das Budget und den Arbeitsmarkt. Allerdings birgt der Aufschwung zunehmende Inflationsrisken.

Die Konjunktur gewinnt deutlich an Schwung. Heuer wird die österreichische Wirtschaft um 3,5% und nächstes Jahr um 3,2% wachsen. Der Export profitiert von der erstarkten europäischen Nachfrage und vom niedrigen Euro-Kurs. Europa wird für internationale Investoren immer attraktiver. Im kommenden Jahr dürfte das Wirtschaftswachstum der Euro-Zone jenes der USA überflügeln.

Der Exportboom und die optimistischen Aussichten stimulieren auch die Investitionstätigkeit in Österreich. Die Industrieunternehmen planen, ihre Investitionen heuer um eine zweistellige Rate zu steigern. Der private Konsum floriert ebenfalls, zusätzlich unterstützt durch den Einkommensschub infolge der Steuerreform und des "Familienpakets". Die Pkw-Neuzulassungen stagnieren jedoch nach einem erheblichen Anstieg im vergangenen Jahr.

Das kräftige Wirtschaftswachstum gibt dem Arbeitsmarkt in Österreich und in der gesamten EU starke Impulse. Die hohe Arbeitslosigkeit dürfte demnach – mehr noch als aus rigiden Arbeitsmarktstrukturen – aus der verhaltenen Wirtschaftsentwicklung im letzten Jahrzehnt resultieren. Die Beschäftigung wird heuer und im nächsten Jahr um rund 40.000 zunehmen, dazu kommen etwa 10.000 zusätzliche geringfügige Beschäftigungsverhältnisse pro Jahr. Die Produktivität je Vollzeiterwerbstätigen steigt 2000 mit +21/2% relativ kräftig, wie es im Aufschwung üblich ist.

Die Arbeitslosigkeit geht noch stärker zurück, als dies die Beschäftigungsentwicklung erwarten ließe. Der Rückgang der Arbeitslosen entspricht etwa dem Zuwachs an inländischen Beschäftigten, d. h. das inländische Arbeitskräfteangebot steigt trotz Hochkonjunktur wenig. Die Zahl der Arbeitslosen wird heuer erstmals seit 1992 die Grenze von 200.000 unterschreiten und nächstes Jahr weiter auf rund 180.000 sinken. Die Arbeitslosenquote liegt gemäß Eurostat im Jahr 2000 bei etwa 3,5%, der Zielwert laut dem Nationalen Aktionsplan für 2002 wird also bereits zwei Jahre früher erreicht. Diese Berechnungsmethode der Arbeitslosenquote (gemäß Eurostat) ist allerdings umfangreichen Revisionen unterworfen und damit nicht sehr verlässlich.

Das Defizit im Staatshaushalt ist zweifellos das wirtschaftspolitische Kernproblem in Österreich. Die kräftige Konjunktur mildert etwas die massiven Budgetprobleme, die heuer durch die nicht bedeckte Steuerreform und das "Familienpaket" entstanden sind. Für den Gesamtstaat kann durch die Beschleunigung der Konjunktur eine Verringerung des Defizits um 5 bis 6 Mrd. S gegenüber der bisherigen Schätzung erwartet werden. Das Maastricht-Defizit dürfte heuer bei rund 13/4% des BIP liegen und damit annähernd dem im Stabilitätsprogramm definierten Wert entsprechen, allerdings großteils infolge von Einmalmaßnahmen.

Im nächsten Jahr ist mit einer höheren "Wachstumsdividende" zu rechnen, die Prognose des nominellen BIP-Wachstums für 2001 wurde um 1/2 Prozentpunkt hinaufrevidiert. Neben höheren Lohnsteuereinnahmen werden mit der üblichen Verzögerung auch höhere Einnahmen aus Einkommen- und Körperschaftsteuer anfallen. Für 2001 kann keine Budgetprognose erstellt werden, da noch kein Bundesvoranschlag vorliegt. Den politischen Ankündigungen entsprechend wurde die technische Annahme getroffen, dass die Staatsausgaben spürbar eingeschränkt werden, um dem Stabilitätsprogramm zu genügen.

Die Inflationsrisken nehmen im Aufschwung allmählich zu, sie bleiben jedoch geringer als in vergangenen Hochkonjunkturphasen, weil der Arbeitsmarkt noch nicht so angespannt ist und die Geldpolitik schon frühzeitig bremst. Die Inflationsrate wird heuer auf etwa 2% steigen und nächstes Jahr wieder auf 11/2% bis 13/4% zurückgehen, da von den Energiepreisen 2001 kein neuerlicher Beitrag zum Preisauftrieb zu erwarten ist. Die privaten Haushalte profitieren weiter von Preissenkungen infolge der Liberalisierung des Telekommunikations- und des Strommarktes, und der Wohnungsüberhang drückt die Mieterhöhungen. Der zu erwartende Rückgang der Teuerungsrate im nächsten Jahr verdeckt jedoch, dass die "Kerninflation" (ohne Energie und Nahrungsmittel) deutlich steigt: von 0,8% 1999 auf 2% 2001.

Für die weitere Entwicklung der Inflationsrate wird auch entscheidend sein, in welchem Ausmaß die Energieverteuerung sowie die Erhöhung von indirekten Steuern und Gebühren auf die Löhne weitergewälzt werden und damit zu neuen Preissteigerungen Anlass geben können. Zum Zeitpunkt der Lohnrunde dürfte die Inflationsrate gerade ihren Höhepunkt erreichen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 7/2000!