23. Juni 2000 • Wirtschaftswachstum in Europa rascher als in den USA?. Weltkonjunktur im Aufschwung • Fritz Breuss

Die Weltwirtschaft befindet sich in einem kräftigen Aufschwung. Vor allem die von ihren Finanzkrisen gesundeten Staaten Asiens und Lateinamerikas tragen zum Wachstum bei, aber auch die Wirtschaft Ost-Mitteleuropas liegt wieder auf Wachstumskurs. Für die Weltwirtschaft wird heuer und im Jahr 2001 eine Expansion von jeweils rund 4% erwartet, nach knapp über 3% 1999. Dieser Boom in der Produktion bewirkt eine Verdoppelung der Wachstumsraten des Welthandels auf rund 10% in diesem Jahr. Für 2001 wird eine geringfügige Abschwächung prognostiziert.

Die Wirtschaft der USA verlängert nahezu ungebrochen ihren langanhaltenden Konjunkturaufschwung. Dennoch dürfte die Schwäche des Euro dazu beitragen, dass das Wirtschaftswachstum in Europa (insbesondere im Euro-Raum mit einem BIP-Wachstum von 31/4%) jenes der USA (+3% BIP) im kommenden Jahr überholt. Dieser Prognose liegt das Szenario einer "weichen Landung" der Konjunktur in den USA zugrunde. Japans Wirtschaft wird auch im kommenden Jahr kaum zu den hohen Wachstumsraten vor der Rezession zurückfinden.

Der gegenwärtige weltwirtschaftliche Aufschwung ist von niedrigen Inflationsraten begleitet (in der EU heuer und im kommenden Jahr rund 2%). Die Beschäftigungsentwicklung weist in Europa deutlich aufwärts und wird im Jahr 2001 an jene der USA heranreichen. Damit ist in der EU erstmals seit langem mit einem beträchtlichen Rückgang der Arbeitslosenquote (von rund 10% 1998 auf 8% 2001) zu rechnen.

Die Volkswirtschaften Westeuropas wurden seit dem Inkrafttreten der Wirtschafts- und Währungsunion in ihrem wirtschaftspolitischen Verhalten maßgeblich beeinflusst. Dies gilt nicht nur für die Länder des Euro-Raums, sondern auch für jene EU-Staaten, die noch nicht an der WWU teilnehmen. Die asymmetrische Konstruktion der Wirtschaftspolitik – zentrale Geldpolitik durch die EZB und dezentrale Fiskalpolitik in der Verantwortung der Mitgliedstaaten – führte letztlich zu einer hohen Stabilitätskultur. Zum einen ist die Inflationsrate so niedrig wie schon lange nicht. Zum anderen hatte der Zwang zur Budgetkonsolidierung im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts eine erstaunliche fiskalpolitische Disziplin zur Folge, sodass einige EU-Staaten in den nächsten Jahren in ihrem Staatshaushalt einen Überschuss aufweisen werden. Auch das aktive und koordinierte Vorgehen in der Beschäftigungspolitik trägt bereits Früchte in Form steigender Beschäftigung und sinkender Arbeitslosenquoten. Die Schwäche des Euro lässt sich teilweise aus dem negativen Zinsdifferential zu den USA erklären, andererseits aber auch durch das mangelnde Vertrauen in den Euro vor dessen konkreter Einführung als gesetzliches Zahlungsmittel im Jahr 2002.

Abbildung 1: Wirtschaftswachstum, Inflation und Beschäftigung

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Q: OECD, Europäische Kommission.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 6/2000!