30. Mai 2000 • Wachstum im Westen Österreichs etwas stärker. Die Wirtschaft in den Bundesländern 1999 • Gerhard Palme

Die regionalen Unterschiede der österreichischen Wirtschaftsentwicklung waren 1999 geringer als in Jahren mit einem durchgehenden Konjunkturaufschwung. Der Abschwung wurde erst zur Jahresmitte von einem kräftigen Aufschwung abgelöst. Das Muster des regionalen Konjunkturverlaufs spiegelt vor allem die Entwicklung der Sachgüterproduktion wider.

Mit +2,2% wuchs Österreichs Wirtschaft 1999 deutlich langsamer als in den Jahren zuvor. Trotz einer gleichmäßigeren Entwicklung folgte die Bruttowertschöpfung der Bundesländer einem deutlichen West-Ost-Gefälle. Im Gegensatz zum Österreich-Durchschnitt schwächte sich im Westen die Dynamik im Vergleich zu den Vorjahren nicht ab (1999 +2,6%), die Bruttowertschöpfung erhöhte sich um 2,0% (Salzburg) bis 2,9% (Tirol). Der Süden Österreichs wies im Jahresdurchschnitt etwas geringere Wachstumsraten auf als der Osten (+1,7% bzw. +1,9%). Die südlichen Bundesländer gerieten in der ersten Jahreshälfte in einen Rückstand, den auch eine anschließende rasche Belebung nicht wettmachte. Dadurch war Kärnten 1999 das Bundesland mit dem geringsten Wirtschaftswachstum (+1,1%). Im Osten verlief die Entwicklung sehr uneinheitlich und asynchron. Aufgrund eines guten Wachstums zu Jahresbeginn schnitt die burgenländische Wirtschaft im Jahresdurchschnitt am besten ab (+2,6%), verzeichnete aber in der zweiten Jahreshälfte eine deutliche Abschwächung. Hingegen setzte der Aufschwung in Niederösterreich besonders kräftig ein (1999 +2,5%). Wien erhielt das ganz Jahr hindurch keine außergewöhnlichen Wachstumsimpulse (+1,5%).

Das Muster des regionalen Konjunkturverlaufs wurde weitgehend durch die Entwicklung in der Sachgüterproduktion bestimmt. In fast allen Bundesländern mit überdurchschnittlichem Wirtschaftswachstum wurde die Sachgüterproduktion überdurchschnittlich ausgeweitet (ausgenommen Burgenland), und in fast allen Bundesländern mit geringerem Wirtschaftswachstum entwickelte sich auch die Sachgüterproduktion weniger dynamisch (ausgenommen Steiermark und Salzburg). In der Steiermark und in Salzburg übertrug sich die Expansion aus der Sachgüterproduktion nicht auf die wirtschaftsnahen Dienste. Zur Jahresmitte wurde die Konjunkturwende in der Sachgüterproduktion von der Beschleunigung des Anstiegs der Exportnachfrage ausgelöst. Dadurch entfielen weniger Impulse auf Wien und das Burgenland, deren Unternehmen noch immer sehr viel für den heimischen Markt produzieren. Im Übrigen war aber für die regionale Entwicklung der Sachgüterproduktion weniger das Marktengagement als vielmehr die Branchenstruktur ausschlaggebend. Der Einfluss der Branchenstruktur hatte zur Folge, dass der Aufschwung entweder um ein Quartal früher eintrat (Salzburg und Tirol aufgrund der Holzindustrie) oder kräftiger ausfiel (Ober- und Niederösterreich aufgrund der Eisen- und Metallindustrie). Die Einflüsse des Technologiesektors bewirkten einen gleichmäßigeren Jahresverlauf in der Sachgüterproduktion von Wien, Vorarlberg und der Steiermark. Die Beschäftigungsentwicklung folgte weitgehend der Produktionsdynamik: Im Osten gingen in der Sachgüterproduktion am meisten Arbeitsplätze verloren, in Vorarlberg und Tirol kamen sogar neue hinzu.

Teilweise in Abhängigkeit von der öffentlichen Nachfrage und den Witterungsverhältnissen entwickelten sich die Bau- und die Energiewirtschaft in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich. In Wien, Vorarlberg und Tirol war die Bauwirtschaft sehr expansiv, die Energie- und Wasserwirtschaft weitete die Produktion in Tirol, Niederösterreich und im Burgenland am stärksten aus. Andererseits verzeichnete die Bauwirtschaft in Kärnten, Niederösterreich und dem Burgenland Auftragslücken; in Kärnten, Wien und Vorarlberg erlitt die Energiewirtschaft Einbußen.

Im Tourismus hatten Angebotsverbesserungen in Qualitätsbetrieben eine Fortsetzung der Aufwärtstendenz zur Folge, wenngleich sich das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr abschwächte (Übernachtungen 1999 +1,6%). Dank einer Zunahme der Tagesausgaben überstiegen aber die Umsätze das Vorjahresniveau um fast 4%. Ein leichter Rückgang war nur im internationalen Städtetourismus zu verzeichnen – die Sondereinflüsse der österreichischen EU-Präsidentschaft sind weggefallen. In der Wintersaison 1998/99 wurde das beste Ergebnis seit 10 Jahren erzielt, in der Sommersaison fielen die Zuwächse geringer aus. Aufgrund günstiger Schneeverhältnisse schnitten nicht nur die Wintersportzentren des Westens, sondern auch die tiefer gelegenen, extensiven Wintersportregionen gut ab. Im Osten und Südosten kamen Erfolge in Regionen hinzu, die auf Thermen- und Gesundheitstourismus spezialisiert sind. Die Sommersaison wurde hauptsächlich von der Nachfrage der Inländer belebt. Das zunehmende Bedürfnis nach Kurzurlaubsreisen mit überwiegend hohen Qualitätsansprüchen wird häufig durch Inlandsaufenthalte befriedigt. Das kommt den Regionen mit hoher Inlandsnachfrage zugute. Die Zuwächse konzentrierten sich in der Sommersaison auf die Bundesländer Burgenland, Nieder- und Oberösterreich, Steiermark und Salzburg. Dagegen verzeichneten die anderen Bundesländer, die viele intensive Bade- und Wandergebiete für ein internationales Publikum anbieten, im Sommer keine Nachfragesteigerung. Der kurzfristige Rückschlag im Städtetourismus hielt auch im Sommerhalbjahr an.

Der Arbeitsmarkt erholte sich 1999, die Beschäftigungsausweitung, die vor allem auf die Zunahme neuer Arbeitsverhältnisse (z. B. Teilzeit) im Dienstleistungssektor zurückzuführen ist, setzte sich in allen Bundesländern fort. Insbesondere Frauen und Ausländer fanden zusätzliche Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor. Dies betraf die ländlichen Gebiete überproportional, sie holten in Bezug auf die Versorgung mit Dienstleistungen auf. Hingegen beeinträchtigte der Produktionsrückgang in der Sachgüterproduktion und in der Bauwirtschaft die Beschäftigungschancen von Männern und Inländern. Davon waren insbesondere die intensiven Industrieregionen und Mittelstädte in den Zentralräumen der Bundesländer betroffen. Das Beschäftigungswachstum und gezielte Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik hatten im Jahr 1999 zur Folge, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich erstmals seit fünf Jahren gesenkt werden konnte (–6,8%). Von der Verringerung der Arbeitslosigkeit war kein Bundesland ausgenommen, die Unterschiede waren nicht allzu groß (etwa zwischen –10% und –5%). Die Arbeitslosigkeit nahm auch in fast allen Bezirken ab, tendenziell ging sie in den Randgebieten etwas schwächer zurück. Die höchste Arbeitslosenquote wiesen im Jahresdurchschnitt 1999 weiterhin die Bundesländer Wien (8,1%), Kärnten (8,3%) und das Burgenland (8,5%) auf (Österreich 6,7%). Die niedrigste Quote verzeichneten neuerlich die westlichen Bundesländer (insbesondere Salzburg 4,6%, Oberösterreich 4,8%).

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 5/2000!