27. April 2000 • Arbeits- und Qualifikationsnachfrage im Telekom- und Mediensektor • Hannes Leo

Das WIFO hat die Beschäftigungs- und Qualifikationsnachfrage im Telekommunikations- und Mediensektor erhoben. Im Zentrum standen dabei die vergangene und künftige Beschäftigungsentwicklung und die Nachfrage nach Arbeitskräften mit IT-Qualifikationen. Befragt wurden Unternehmen in den Bereichen Telefoniedienste (fest und mobil), Datendienste (ISP, ASP, Content), Kabel-TV und Rundfunk, Software, Multimedia und Telekommunikationshardware.

IT-Qualifikationen sind durch die Telekommunikationsliberalisierung und die Ausbreitung des Internet nicht nur in Österreich, sondern in allen entwickelten Industrieländern knapp. Wien ist von dieser Entwicklung besonders betroffen, weil sich mehr als 60% der Beschäftigten des Medien- und Telekommunikationssektor in Wien konzentrieren.

Insgesamt wird die Beschäftigung im Telekommunikations- und Medienbereich von rund 58.300 im Jahr 1999 auf 69.020 im Jahr 2003 steigen – allein in Wien von 37.250 auf 44.010 (Übersicht 1). Diese Werte sind noch um die Abgänge der Telekom Austria zu korrigieren, weil diese nicht oder nur in geringem Umfang von den anderen Anbietern absorbiert werden können. Damit dürfte in Österreich die zusätzliche Nachfrage dieses Sektors nach Arbeitskräften bis 2003 rund 13.000 und in Wien rund 9.000 erreichen.

Übersicht 1: Beschäftigungsentwicklung im Telekom- und Mediensektor

 

1999

2003

Veränderung 1999/2003

 

Österreich

Wien

Österreich

Wien

Österreich

Wien

             

Telefonie

23.000

11.500

26.450

13.225

+ 3.450

+ 1.725

Datendienste

3.500

2.600

6.650

4.940

+ 3.150

+ 2.340

TV, Rundfunk

4.600

2.500

5.060

2.750

+ 460

+ 250

Software

12.200

8.150

15.860

10.595

+ 3.660

+ 2.445

Hardware

15.000

12.500

15.000

12.500

± 0

± 0

             

Insgesamt

58.300

37.250

69.020

44.010

+ 10.720

+ 6.760

Q: WIFO-Erhebung und Schätzung.

Mit Ausnahme von Telekommunikationshardware ist in allen Sektoren eine beachtliche Beschäftigungssteigerung zu erwarten: Telefonie (ohne TA) +25%, Datendienste +90%, TV, Rundfunk +10%, Software +30%.

Die Nachfrage nach Arbeitskräften mit IT-Qualifikationen kommt jedoch zunehmend auch aus anderen Wirtschaftsbereichen. Daher sind die benötigten 13.000 Arbeitskräfte für Österreich (9.000 für Wien) als Untergrenze für den künftigen Bedarf zu sehen.

Abbildung 1: Arbeitsmarktsituation nach Unternehmensbereichen

Q: WIFO-Erhebung. Bedarf 2000: 1 . . . großes Überangebot, 5 . . . große Engpässe.

Derzeit planen die Unternehmen Beschäftigungsausweitungen in allen Unternehmensbereichen (Abbildung 1) und konstatieren Knappheiten auf dem Arbeitsmarkt. Besonders groß sind die Engpässe im Bereich Netzinfrastruktur, IT-Funktionen und Software. In allen Bereichen – mit Ausnahme der Hardware – wird die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften im Jahr 2003 deutlich größer sein als derzeit.

Durch die Expansion des Telekom- und Mediensektors werden überwiegend hochwertige Arbeitsplätze geschaffen. Dementsprechend sind derzeit vor allem Abgänger von Fachhochschulen, berufsbildenden höheren Schulen, Kollegs und Universitäten knapp (Übersicht 2). Keine Engpässe bestehen hingegen an Absolventen von Pflicht- oder Hauptschulen, Lehre, berufsbildenden mittleren Schulen und AHS.

Abbildung 2: Arbeitsmarktsituation nach höchstabgeschlossener Schulbildung

Q: WIFO-Erhebung. Bedarf 2000: 1 . . . großes Überangebot, 5 . . . große Engpässe.

Dieses Nachfragemuster wird sich in Zukunft weiter verstärken. Am deutlichsten wird die Nachfrage dieses Sektors nach Fachhochschulabgängern steigen. Eine Zunahme ist auch im Bereich der Absolventen von berufsbildenden höheren Schulen, Kollegs und Universitäten zu verzeichnen. Stagnieren wird die Nachfrage nach Absolventen von berufbildenden mittleren Schulen und AHS. Arbeitskräfte mit Pflichtschulabschluss und Lehre werden sogar weniger benötigt als derzeit.

Diese Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften aus dem Telekom- und Mediensektor wird eine weitere strukturelle Anspannung auf dem Arbeitsmarkt auslösen, die Konsequenzen für das Aus- und Weiterbildungssystems hat. Dabei geht es nicht nur um eine Erhöhung der Absolventenzahlen, sondern vielfach um die Schaffung von Weiterbildungsangeboten, die die Zahl der Arbeitskräfte mit IT-Qualifikationen nachhaltig erhöhen. Andernfalls wird die dynamische Entwicklung dieses Sektors gebremst und das gesamtwirtschaftliche Wachstum gedämpft.

Die Studie "Arbeits- und Qualifikationsnachfrage im Telekom- und Mediensektor" erscheint Anfang Mai (40 Seiten, ATS 600,– bzw. EUR 43,60). Bestellungen bitte an das WIFO, z. Hd. Christine Kautz, Tel. (+43 1) 798 26 01/282, Fax (+43 1) 798 93 86, E-Mail Christine.Kautz@wifo.ac.at.