WIFO

 

Gemeindestrukturreformen und Gemeindekooperation

 

In der Diskussion über eine Verwaltungs- und Finanzausgleichsreform wird häufig argumentiert, kleinteilige Gemeindestrukturen würden einer effizienten Aufgabenerfüllung entgegenstehen. In Österreich gibt es eine vergleichsweise hohe Zahl kleiner Gemeinden, die ökonomische Mindestgrößen für die Leistungserstellung möglicherweise nicht erreichen. Empirisch zeigen sich Effizienznachteile kleiner und sehr kleiner Gemeinden vor allem in der Allgemeinen Verwaltung. Politische Hindernisse erschweren jedoch häufig die erfolgreiche Umsetzung von Zusammenlegungen. Als Alternative zur Fusion können verschiedene Formen interkommunaler Zusammenarbeit in einzelnen Funktionen sinnvoll sein. Der institutionelle Rahmen für Gemeindestrukturreformen sollte so gestaltet werden, dass Fusionen oder Kooperationen nicht unterbleiben, obwohl sie ökonomisch vorteilhaft sind. Eine Stärkung der fiskalischen Autonomie auf lokaler Ebene würde die Bereitschaft zu Fusionen stärken. Die aktive Förderung von Zusammenschlüssen und Kooperationen im Finanzausgleich ist aufgrund der damit verbundenen Informations- und Anreizprobleme nicht unumstritten.

 

Dieser Beitrag basiert auf einer Studie von WIFO und Zentrum für Verwaltungsforschung – KDZ im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen: Hans Pitlik (WIFO), Klaus Wirth, Barbara Lehner (KDZ), Gemeindestruktur und Gemeindekooperation (November 2010, 138 Seiten, 60 €, kostenloser Download: http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/41359) • Begutachtung: Peter Mayerhofer (WIFO) • Wissenschaftliche Assistenz: Andrea Sutrich (WIFO) • E-Mail-Adresse: Hans.Pitlik@wifo.ac.at

 

INHALT

Optimale Gemeindegrößen durch Gemeindestrukturreformen?

Ausschöpfung von Skalen- und Verbundvorteilen

Internalisierung von Spillovers

Bürokratiekosten (Diseconomies of Scale)

Bürgernähe der Verwaltung, interkommunale Präferenzunterschiede

U-förmiger Kostenverlauf

Hindernisse für Gemeindestrukturreformen

Spezielle Umstellungskosten und temporäre Anpassungsförderungen

Unterschiede in der kommunalen Finanzkraft

Verringerte fiskalische Verantwortlichkeit auf lokaler Ebene

Eigeninteressen von Politik und Verwaltung

Funktionale Gemeindekooperationen als Alternative?

Schlussfolgerungen für die Strukturreformdiskussion in Österreich

Transaktionskostensparende Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit

Verringerung bestehender Fehlanreize

Aktive Gemeindestrukturreformpolitik

Information, Beratung und Transparenz erhöhen Effizienzanreize

Positive Kooperationsanreize im Finanzausgleichsgesetz

Strukturanpassungen einfordern

Literaturhinweise

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN

Übersicht 1: Gesamtausgaben der Gemeinden pro Kopf nach Einwohnergrößenklassen. 6

 

 

In der Diskussion über eine Verwaltungs- und Finanzausgleichsreform wird immer wieder argumentiert, die kleinteilige Struktur des österreichischen Föderalismus würde einer effizienten und kostengünstigen Aufgabenerfüllung entgegenstehen (z. B. Handler Pitlik, 2010, S. 48ff): Die relativ große Zahl kleiner und kleinster Gemeinden würde eine ökonomisch optimale Mindestgröße nicht erreichen. Mehr als ein Viertel der 2.357 österreichischen Gemeinden (einschließlich Wiens) weisen eine Einwohnerzahl unter 1.000 und knapp 73% der Gemeinden unter 2.500 auf. Nur 25 Städte haben eine Bevölkerung von mehr als 20.000 Personen.

Gemeindestrukturreformen sind Thema in vielen europäischen Ländern. Mindestgrößen und Fusionen zu größeren Einheiten werden speziell in Deutschland, der Schweiz und in Österreich diskutiert. Dänemark hat in jüngerer Zeit weitreichende Strukturbereinigungen abgeschlossen. Das Leitbild ist stets die Schaffung größerer und somit leistungsfähigerer Einheiten. Die Diskussion wird dabei nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Kostensenkung geführt. So liegt etwa der laufenden Strukturreform in der Steiermark ein breiteres Zielbündel zugrunde[a]). Neben der angestrebten Senkung des Verwaltungs- und Betriebsaufwandes zielt die Strukturreform darauf ab, Kräfte zu bündeln, um größere Projekte zu realisieren, die Professionalisierung der Verwaltungstätigkeit fortzuführen, die Koordination der Infrastrukturplanung und -ausstattung und nicht zuletzt die Standortattraktivität zu verbessern sowie die Siedlungsentwicklung und Raumnutzung besser abzustimmen.

Optimale Gemeindegrößen durch Gemeindestrukturreformen?

Hinter der Debatte über Fusionen zur Strukturbereinigung verbirgt sich die Vorstellung einer idealen Gemeindegröße. Dabei stellt sich die Frage, ob es ökonomische Mindest- oder Optimalgrößen für die Leistungserbringung durch die Verwaltung gibt. Ansätze in der Tradition des Fiskalföderalismus stellen auf die Gemeindegröße als administrativen Entscheidungsraum für die Bereitstellung und Nutzung lokaler Kollektivgüter ab.

Ausschöpfung von Skalen- und Verbundvorteilen

Als wichtigstes Argument für Gemeindefusionen wird üblicherweise das Vorliegen steigender Skalenerträge in der Produktion und Nutzung lokaler öffentlicher Leistungen genannt (z. B. Lüchinger Stutzer, 2002, Seitz, 2002, Bauer, 2008). Demnach können kleinere Gemeinden bei der Erfüllung bestimmter Aufgaben Größenvorteile in Produktion oder Nutzung öffentlicher Leistungen nicht ausschöpfen.

Economies of Scale sind vor allem für lokale Aufgaben mit kapitalintensiver Produktion zu erwarten, und zwar vor allem im Infrastrukturbereich (Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Bauhof, Müllentsorgung usw.). Der parallele Betrieb von gering ausgelasteten identischen Einrichtungen in mehreren Gemeinden verursacht höhere Kosten als der Betrieb von nur einer Einrichtung, gegebenenfalls mit größeren Kapazitäten, wenn durch Fusion ein Fixkostenblock wegfällt oder bei größerer Kapazität die variablen Kosten niedriger sind. Auch für die allgemeine Verwaltung werden Größenvorteile für möglich gehalten: Die größere Zahl der Fälle gestattet eine intensivere Arbeitsteilung und eine höhere Auslastung und Professionalisierung der Fachkräfte. Durch konzentrierte Abwicklung gleicher administrativer Vorgänge in einer Einheit können Verbundvorteile ausgeschöpft werden. Allerdings ist die durch Fusion erreichbare degressive Kostenwirkung von der Art der erbrachten Leistungen abhängig. Nicht für alle kommunalen Leistungen werden Skalenvorteile größeren Ausmaßes erwartet. Arbeitsintensive Dienste wie etwa im Sozialwesen sind eher durch konstante Skalenerträge gekennzeichnet (Dollery Byrnes Crase, 2008).

Internalisierung von Spillovers

Räumliche Spillover-Effekte liegen vor, wenn öffentliche Leistungen, die in einer Gemeinde erbracht werden, von Personen in anderen (häufig benachbarten) Gemeinden genutzt werden können. Hauptproblem der optimalen Größe ist die Herstellung institutioneller Kongruenz von Entscheidungs- und Kostenträgern auf der einen und dem Nutzerkreis auf der anderen Seite (Blankart, 2007). Eine effiziente Bereitstellung würde demnach nur zustandekommen, wenn jene, die Leistungen in Anspruch nehmen, auch über Höhe und Qualität der Leistungen entscheiden und die erforderlichen Ausgaben selbst finanzieren (Olson, 1969). Zur Herstellung fiskalischer Äquivalenz sollte man Gemeindegrößen anstreben, für die diese Kongruenz von Entscheidern, Kostenträgern und Nutznießern möglichst hoch ist, sodass Kosten und Nutzen innerhalb der Entscheidungsregion internalisiert werden. Dabei könnte auch an die Eingemeindung kleinerer Umlandgemeinden in eine Kernstadt gedacht werden. Gleichwohl ist für viele Angebote (z. B. Kultur- und Sporteinrichtungen) die Abgeltung durch Gebühren oder Preise denkbar, da ein Nutzungsausschluss möglich ist. In diesem Fall würden gar keine räumlichen Externalitäten entstehen[b]).

Gemäß der Untersuchung von Schaltegger Zemp (2003) zur Stadt Luzern und ihren Umgebungsgemeinden spielen die räumlichen Spillover-Effekte nur eine geringe Rolle. Weder für die allgemeine Verwaltung noch für die Ausgaben für Bildung, Gesundheit, soziale Wohlfahrt, Verkehr, Kultur, Umwelt und Wirtschaft finden sie substantielle Interaktionseffekte zwischen Kernstadt und Umland. Nur in den Bereichen Polizei und Sicherheitsbehörden lassen sich Spillovers in signifikantem Ausmaß nachweisen.

Bürokratiekosten (Diseconomies of Scale)

Das für Gemeindezusammenschlüsse oft verwendete Argument "bigger is cheaper" muss aber relativiert werden. Mit wachsender Einwohnerzahl können die Pro-Kopf-Kosten aus einer Reihe von Gründen steigen (z. B. Boyne, 1995, Lüchinger Stutzer, 2002, Sorensen, 2006).

So steigen etwa die internen Koordinations- und Transaktionskosten mit wachsender Organisationsgröße überproportional (z. B. Tullock, 1969). Dabei geht es um Informations- und Kontrollprobleme im Management größerer Verwaltungseinheiten. Ferner wird nicht nur die interne, sondern auch die externe Kontrolle der Verwaltung durch Bevölkerung und Politik immer kostspieliger. Je schwächer die Kontrolle ist, desto eher kann die Verwaltung ihr Interesse an einer Ausweitung des Budgets durchsetzen (Niskanen, 1971) und diskretionäre Freiräume für bureaucratic slack nützen. Überdies werden durch einen Zusammenschluss die kompetitiven Beziehungen zwischen Gemeinden eliminiert, sodass die Anreize zu Innovation und kostenminimaler Produktion sinken. Für eine leistungsfördernde Konkurrenzbeziehung der Gemeindeverwaltungen müssen die Bürger und Bürgerinnen über Vergleichsoptionen verfügen (z. B. Kosten und Qualität der Serviceleistungen; Besley Case, 1995, Andrews Boyne, 2009).

Bürgernähe der Verwaltung, interkommunale Präferenzunterschiede

Mit der Bürgernähe der Verwaltung ist die räumliche Nähe zum Leistungsort angesprochen. Wenn in (fusionierten) großen Gemeinden kommunale Dienste nur an einem zentralen Punkt angeboten werden, bedeutet das höhere Wegekosten in der Leistungsnutzung. Zusätzliche Ausgaben der Bevölkerung scheinen zwar nicht im Gemeindebudget auf, sind aber als Nutzen- und Qualitätsverlust ökonomisch von Relevanz. Freilich wird der Zugang zum Leistungsangebot durch den Einsatz moderner E-Government-Applikationen von der physischen Nähe immer stärker entkoppelt (Schuppan, 2008).

Größere Gemeinden könnten das Problem der Erreichbarkeit von kommunalen Einrichtungen mildern, indem sie das Leistungsangebot dezentral organisieren. Allerdings verringern sich damit potentielle Kostenvorteile. Das betrifft auch die Anpassung an interkommunale Präferenzen. Eine Gemeindezusammenlegung, die trotz unterschiedlicher Bürgerpräferenzen ein uniformes Leistungsniveau zum Ergebnis hat, ist ineffizient, wenn diese Wohlfahrtsverluste die Gewinne durch Realisierung von Skalenerträgen überschreiten (Oates, 1972, Poel, 2000)[c]).

U-förmiger Kostenverlauf

In empirischen Studien werden üblicherweise Kostenfunktionen für kommunale Leistungen in Abhängigkeit von der Bevölkerungsgröße geschätzt. Ein U-förmiger Verlauf der Pro-Kopf-Kostenfunktion würde darauf hindeuten, dass es eine "kostenminimale" Lösung gibt. Schwierig zu messende Aspekte (Spillovers, Leistungsqualität, Bürgerpräferenzen) bleiben, obwohl für die theoretische Bestimmung der "optimalen" Gemeindegröße von großer Bedeutung, meistens unbeachtet. Internationale Schätzungen kommen je nach Land zu einer optimalen Gemeindegröße zwischen 500 und 18.000 Einwohnern. Es ist jedoch kaum sinnvoll, eine international einheitliche Optimalgröße zu definieren, wenn die Gemeinden mit unterschiedlichen Aufgaben betraut sind.

Die Analyse österreichischer Daten für das Jahr 2008 liefert zwar Hinweise auf einen U-förmigen Verlauf (Übersicht 1). Sowohl der arithmetische Mittelwert als auch der Median der Pro-Kopf-Ausgaben sinken mit zunehmender Einwohnerzahl bis zur Bevölkerungsklasse 2.001 bis 2.500 Personen und steigen danach wieder. Allerdings ist die Streuung innerhalb der Klassen beträchtlich. Zusätzliche Informationen über die Stärke des Zusammenhanges liefert ein Signifikanztest der Unterschiede zwischen den Klassenmittelwerten:

·          Die Gesamtausgaben pro Kopf sind demnach in den untersten Gemeindeklassen (bis 250 bzw. 251 bis 500 Personen) signifikant höher als in der jeweils nächsthöheren Klasse.

·          Die Pro-Kopf-Ausgaben sind in der Klasse 2.501 bis 3.000 Personen signifikant niedriger als in der Klasse 3.001 bis 3.500 Personen und in der Klasse 3.501 bis 4.000 Personen signifikant geringer als jene der Klasse 4.001 bis 4.500 Personen.

 

Gemeindestrukturreform in Dänemark 2007

Eine umfassende Gemeindegebietsreform fand in Dänemark bereits in den 1970er-Jahren statt. Dabei wurde die Zahl der Gemeinden von über 1.200 auf 277 verringert. Die Reform umfasste folgende zentrale Elemente:

Die bisherigen 18 Bezirke wurden zugunsten einer neuen Regionalebene mit insgesamt fünf Regionen abgeschafft. Die Regionen haben im Gegensatz zu den Bezirken keine Steuerhoheit und finanzieren sich aus Beiträgen von Gemeinden und Zentralstaat. Ihnen kommen primär Aufgaben im Gesundheitswesen zu (Krankenhäuser und öffentliche Krankenversicherung).

Ziel der Gemeindestrukturreform war es, Gemeinden mit einer Bevölkerung von wenigstens 20.000 Personen zu schaffen; zugleich wurden die kommunalen Aufgaben erweitert. Gemeinden mit einer niedrigeren Einwohnerzahl wurden angehalten, Fusionspartner zu suchen oder dauerhafte Kooperationen mit Nachbargemeinden einzugehen. In diesem Fall war eine Mindestbevölkerungszahl von 30.000 zu erreichen. Von heute 98 selbständigen Gemeinden in Dänemark sind 65 durch Fusionen entstanden. Die sieben verbliebenen Gemeinden mit einer Bevölkerung von weniger als 20.000 Personen sind verpflichtende Partnerschaften eingegangen. Um funktionale Überschneidungen zwischen den Gemeinden und den Regionen etwa im Gesundheitssektor zu bewältigen, sind für Gemeinden und Regionen verbindliche Kooperationen vorgesehen.

               

Q: Ministry of the Interior and Health (2005).

 

Eine detailliertere Betrachtung nach einzelnen Aufgabenbereichen ergibt ein differenzierteres Bild. Auch in einer feineren Unterteilung der Größenklassen für Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner sind die Pro-Kopf-Ausgaben in nur zwei von acht funktionalen Gruppen höher als in Gemeinden mit mehr als 1.000 Einwohnern (Allgemeine Verwaltung bzw. die Hauptverwaltung und Wirtschaftsförderung einschließlich der Land- und Forstwirtschaft). Die Pro-Kopf-Ausgaben für Öffentliche Ordnung und Sicherheit (u. a. Feuerwehr) sind in Gemeinden mit 2.001 bis 2.500 Personen am niedrigsten.

 

Übersicht 1: Gesamtausgaben der Gemeinden pro Kopf nach Einwohnergrößenklassen

2008, ohne Finanztransaktionen

 

 

 

 

 

 

 

 

Zahl der Gemeinden

Minimum

Maximum

Durchschnitt1)

Standardabweichung

Median

 

In € je Einwohner

Bevölkerungszahl

 

 

 

 

 

 

Bis 250

36

1.007

11.350

3.233*

2.339

2.360

251 bis 500

135

809

8.357

2.472*

1.311

2.138

501 bis 750

219

925

5.443

2.149

866

1.859

751 bis 1.000

208

966

6.900

2.037

871

1.856

1.001 bis 1.500

543

886

11.600

1.966

803

1.813

1.501 bis 2.000

346

1.061

8.378

1.979

733

1.851

2.001 bis 2.500

240

940

5.388

1.923

586

1.764

2.501 bis 3.000

158

1.034

5.485

1.936*

539

1.859

3.001 bis 3.500

103

1.191

5.271

2.071

669

1.893

3.501 bis 4.000

71

1.189

3.521

1.991*

468

1.918

4.001 bis 4.500

41

1.400

6.505

2.241

799

2.142

4.501 bis 5.000

40

1.451

4.849

2.199

761

1.945

5.001 bis 7.500

108

1.380

4.209

2.276

602

2.209

7.501 bis 10.000

36

1.560

7.339

2.451

1.037

2.161

10.001 bis 15.000

40

1.703

7.128

2.641

873

2.445

15.001 bis 20.000

9

2.085

4.661

2.735

776

2.579

20.001 bis 50.000

16

1.976

4.526

2.873

673

2.789

50.001 bis 100.000

3

2.947

3.013

2.974

34

2.963

100.001 bis 500.000

4

2.754

3.512

3.077

317

3.021

Q: WIFO-Berechnungen. Aufgrund geringer Fallzahlen sind Vergleiche zwischen Gemeindeklassen mit einer Bevölkerungszahl über 10.000 nicht sinnvoll. 1) Die Mean-Comparison-Teststatistik gibt an, ob Klassenmittelwerte statistisch signifikant höher sind als in der nächstgrößeren Klasse. * . . . signifikant auf einem -Konfidenzniveau von 5%.

 

Für kommunale Betriebe und Einrichtungen ergeben sich in der Größenklasse bis 250 Personen sogar geringere Pro-Kopf-Ausgaben als in der Klasse 251 bis 500. In dieser Ausgabenkategorie verzerren aber nicht nur bereits bestehende interkommunale Kooperationen, sondern auch budgetäre Ausgliederungen die Ergebnisse.

Insgesamt kann unter der gegebenen Aufgabenverteilung zwischen den föderalen Ebenen auf der Gemeindeebene relativ gesichert auf Größenvorteile in der Allgemeinen Verwaltung geschlossen werden. Skalenerträge sind vermutlich in den Größenklassen bis etwa 1.000 Personen zu erzielen[d]). Hier zeigen sich deutliche Effizienznachteile kleiner und sehr kleiner Gemeinden. Infrastruktureinrichtungen und eventuell der Bereich Ordnung und Sicherheit sind weitere Aufgabenfelder mit Skalenvorteilen, auch wenn hier die Datenlage nicht so eindeutig ist. Allerdings drückt das Ausgabenniveau "sowohl den Ausgabenbedarf als auch die Effizienz des Mitteleinsatzes vielfach nur unzureichend aus" (Bröthaler, 2005, S. 20). Insbesondere könnten die Ausgaben eher durch die jeweilige Finanzausstattung als durch Bestrebungen zur Kostenminimierung bestimmt werden.

Hindernisse für Gemeindestrukturreformen

Zu den Auswirkungen von Gemeindezusammenschlüssen in Österreich sind aus den vergangenen 30 Jahren kaum empirisch gehaltvolle Aussagen möglich. Seit Anfang der 1990er-Jahre gab es nur drei Zusammenschlüsse, hingegen waren seit 1980 58 Gemeindetrennungen zu verzeichnen (Bröthaler, 2008, S. 84). Die Zahl der Fusionen steht somit in deutlichem Gegensatz zur Intensität der Fusionsdiskussion. Wie empirische Erfahrungen mit der Zusammenlegung von Gemeinden in anderen Ländern zeigen, kann aus dem möglichen Vorliegen von Skalennachteilen kleiner Strukturen nicht zwangsläufig auf Einsparungen durch Fusionen geschlossen werden.

Durch ökonomisch sinnvolle Fusionen ergibt sich definitionsgemäß ein Nutzenüberschuss, der theoretisch immer so aufgeteilt werden kann, dass alle Beteiligten bessergestellt werden könnten. Für Zustandekommen und Ergebnisse freiwilliger Zusammenschlüsse sind Verteilungskonflikte und politische Transaktionskosten aber mindestens ebenso relevant.

Spezielle Umstellungskosten und temporäre Anpassungsförderungen

Ein potentielles Hindernis für freiwillige Gemeindezusammenschlüsse sind die einmaligen Kosten von Vorbereitung und Durchführung der Fusion (Kettiger, 2004). Je nach Reorganisationsbedarf, Gemeindegröße und Komplexität des Vorhabens können diese Umstellungskosten unterschiedlich hoch ausfallen. Sie stehen als einmalige Investition am Anfang der Prozesse. Anlaufkosten sind ein Reformhindernis, wenn politische Entscheidungsträger angesichts ihres (wahlterminbedingt) kurzen Planungshorizonts die temporären Anpassungslasten für das Gemeinwesen nicht akzeptieren.

Anlauf- und Umstellungskosten sind unvermeidliche Bestandteile einer Strukturanpassung. Sie können eine Höhe erreichen, die die Durchführung eines Fusionsvorhabens ökonomisch nicht sinnvoll erscheinen lässt. Kreditrestriktionen der Gemeinden oder hohe Diskontfaktoren der Entscheidungsverantwortlichen können aber auch prinzipiell sinnvolle Zusammenschlüsse verhindern. In diesem Falle könnte die Fusionsbereitschaft über temporäre Unterstützungen ("Hochzeitsprämien") durch Bund oder Länder gesteigert werden. Die Anpassungshilfen sollten einerseits hoch genug sein, um negative Anreize aus temporären Anlauf- und Umstellungskosten auszugleichen. Andererseits dürfen sie aber nicht so hoch sein, dass sie Lösungen generieren, die kurzfristig für fusionierende Gemeinden attraktiv, langfristig aber suboptimal sind. Auch sollten sie nur geringe Mitnahmeeffekte auslösen.

Unterschiede in der kommunalen Finanzkraft

Permanente Umverteilungseffekte begründen häufig einen massiven Reformwiderstand. Durch den Zusammenschluss werden Ressourcen der Gemeinden zusammengelegt. Wenn sich die Finanzkraft der Gemeinden deutlich unterscheidet, bedeutet das für die wohlhabendere Gemeinde einen Rückgang der Steuereinnahmen pro Kopf. Finanzstarke Gemeinden stimmen einer Fusion mit einer finanzschwächeren Gemeinde nur zu, wenn sie keine Nachteile erwarten. Dies setzt voraus, dass sich Entscheidungsträger glaubwürdig darauf verpflichten, das Leistungsniveau der reicheren Gemeinde aufrechtzuerhalten. Da ein solches politisches Commitment kaum möglich ist, ist der Widerstand gegen eine Fusion in wohlhabenderen Gemeinden oft ausgeprägt (Sorensen, 2006).

Manche Schweizer Kantone und deutsche Bundesländer bedienen sich zur Förderung von "Hochzeiten ungleicher Partner" einer Entschuldungsprämie. Angelini Gulde Thöny (2006) sind gegenüber speziellen Zusammenschlussförderungen für Gemeinden unterschiedlicher Stärke allerdings skeptisch. Grundsätzlich können nicht alle Einheiten auf das Niveau der ressourcenstärksten Gemeinde angehoben werden; im Rahmen der Fusionsförderung wäre dies im Einzelfall jedoch erforderlich. Daraus würde sich aber eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von Gemeinden mit und ohne Fusionspläne ergeben.

Verringerte fiskalische Verantwortlichkeit auf lokaler Ebene

Je stärker die politischen Entscheidungsträger und die Bevölkerung die Kosten einer ineffizienten Gemeindegröße spüren, umso größer ist der Druck, Abhilfe zu schaffen. Ist die fiskalische Verantwortlichkeit, insbesondere aufgrund geringer Steuerautonomie auf Gemeindeebene, unzureichend ausgeprägt, dann sinkt der Anreiz für die lokale Politik, nach effizienten und kostenminimierenden Lösungen zu suchen. Die Gemeinden sollten die Kosten ineffizienter Lösungen und strukturbedingter Kostennachteile selbst tragen, dann bestehen auch verstärkte Anreize zu ökonomisch sinnvollen Fusionen und Kooperationen.

Die finanzverfassungsrechtliche Ausgangssituation begünstigt in Österreich die Entwicklung einer hinreichenden fiskalischen Accountability nicht. Mischfinanzierungen und mangelnde Steuerautonomie verschleiern die finanzpolitische Verantwortlichkeit auf allen gebietskörperschaftlichen Ebenen (z. B. Pitlik, 2007). Die Ineffizienz kleinteiliger Strukturen, die sich etwa in höheren Bereitstellungskosten pro Kopf widerspiegelt, ist somit für die Bevölkerung der Gemeinden selbst nicht immer unmittelbar zu erkennen. Das gilt vor allem für jene Aufgaben der Verwaltung, die nicht über Gebühren und/oder lokale Steuern finanziert werden. Jede Stärkung der lokalen Abgabenautonomie insbesondere durch Äquivalenzabgaben stärkt die fiskalische Verantwortlichkeit der lokalen Politik gegenüber der Bevölkerung und schafft damit auch positive Anreize zur Beseitigung der Ineffizienzen kleinteiliger Strukturen. Die Finanzausgleichsbestimmungen können die Vorteile einer Fusion für die potentiellen Partner verringern oder gar vollständig eliminieren. Regelungen, die tatsächliche oder vermeintliche Kostendegressionsnachteile kompensieren, wie zum Teil die Gemeindebedarfszuweisungen, wirken strukturkonservierend.

Umgekehrt kann das Finanzausgleichssystem auch Fusionsanreize setzen. Die Idee des abgestuften Bevölkerungsschlüssels basiert auf der Annahme einer überproportionalen Zunahme der Pro-Kopf-Ausgaben mit steigender Einwohnerzahl (Matzinger, 2008). Größere Gemeinden würden aufgrund der höheren Bevölkerungsdichte oder ihrer zentralörtlichen Funktionen einen höheren Finanzbedarf haben, der durch höhere Ertragsanteile abgegolten werden soll. Beide Begründungsansätze sind jedoch umstritten (Pitlik, 2007). Die Modifikationen durch verschiedene Reformen des Finanzausgleichs (Senkung des Vervielfachers und Anhebung der Einwohnerzahl für die Kategorisierung der Kleingemeinden) hatten in Österreich eine stetige Schwächung der positiven Fusionsanreize für kleinere Gemeinden zur Folge[e]). Freilich sind die finanziellen Auswirkungen einer Fusion auf der Gemeindeebene insgesamt viel komplexer und sind nur im Einzelfall genau zu quantifizieren (Bröthaler, 2008, S. 88ff).

Eigeninteressen von Politik und Verwaltung

Wenn das Interesse politischer und bürokratischer Akteure an Macht und Einkommen durch die Ausübung von Funktionen und Ämtern befriedigt wird (Niskanen, 1971), werden Zusammenschlüsse von jenen Akteuren präferiert, die in der fusionierten Gemeinde eine relativ sichere Position innehaben. Eine dauerhafte Straffung der Bürokratie verringert jedoch die Beschäftigtenzahl in der Verwaltung (pro Kopf). Fusionen sind mit politökonomisch sensiblen Ausgabenentscheidungen verbunden. In diesem Kontext sind auch Fragen der Standortwahl für gemeinsame Infrastruktur- oder Verwaltungseinrichtungen in einer fusionierten Gemeinde zu sehen. Ob eine Einrichtung in einem Teilort bestehen bleibt bzw. neu errichtet wird und im anderen Teilort nicht, birgt erhebliches Konfliktpotential (Ecoplan, 2009). Aus politischem Eigeninteresse werden bei einem Zusammenschluss oft Einrichtungen aufrechterhalten, obwohl eigentlich Doppelgleisigkeiten beseitigt werden sollten. Die potentiellen Kostenvorteile aus dem Zusammenschluss werden somit spürbar verringert. Auch identitätsstiftende Faktoren wie die Wahl des neuen Gemeindenamens oder eines Stadtwappens können sich im Laufe eines Fusionsvorhabens als Hindernis erweisen.

Für politische Entscheidungsträger sinken ceteris paribus die Wiederwahlchancen nach der Zusammenlegung durch die relative Verknappung der Ämter. Die Größe des Gemeinderates ist in den Gemeindeordnungen unterschiedlich geregelt. In allen Ländern steigt die Zahl der Gemeinderatssitze mit zunehmender Gemeindegröße unterproportional. Selbst wenn durch eine Fusion Stufengrenzen für die Mitgliederzahl überschritten werden, nimmt vor allem für die Amtsinhaber in kleineren Gemeinden das Amtsverlustrisiko zu, sodass sie das Fusionsvorhaben tendenziell ablehnen.

Funktionale Gemeindekooperationen als Alternative?

Als Alternative zur Zusammenlegung von Gemeinden werden gegenwärtig verschiedene Formen interkommunaler Zusammenarbeit diskutiert[f]): zum einen die vielen funktionalen und auf einzelne kommunale Aufgaben bezogenen Kooperationen (z. B. gemeinsamer Einkauf), zum anderen gesamthafte Ansätze wie die Bildung von gemeinsamen Verwaltungszentren (etwa als Mehrzweckverband) oder die Konkretisierung der bislang offenen Idee der in Art. 120 B-VG grundsätzlich vorgesehenen Gebietsgemeinde (vgl. Wirth, 2011B).

Gegenüber einer Fusion bieten Kooperationen jedenfalls einige Vorteile (z. B. Biwald Hack Wirth, 2006):

·          Im Rahmen der gegebenen Aufgabenverteilung könnten punktuelle Kooperationen in einzelnen Feldern überlegen sein, wenn die Gemeinden über die Optimalgröße für ihre anderen Aufgaben verfügen. Aufgabenspezifische Unterschiede liefern Hinweise auf die Vorteilhaftigkeit einer stärker an funktionalen Aspekten ausgerichteten Zusammenarbeit.

·          Skalenvorteile können mit Kooperationslösungen insbesondere dann realisiert werden, wenn Produktion und Bereitstellung der Leistungen nicht untrennbar verbunden sind. Kostenvorteile können durch Outsourcing an private Unternehmen, Bildung von Zweckverbänden usw. auch von kleinen Gemeinden ausgeschöpft werden.

·          Kooperationen sind einfacher zu revidieren als Fusionen, der Kreis der Partner kann den sich ändernden Anforderungen flexibler angepasst werden. Die gesamthafte Steuerung wird jedoch durch Kooperationen schwieriger, weil ein Nebeneinander von unterschiedlichen Organisationen entsteht, die Partikularinteressen einzelner Gemeinden immer wieder aufs Neue ausverhandelt werden müssen und zusätzliche Leistungs- und Verrechnungskreise zwischen den Kooperationspartnern entstehen.

Die informelle Zusammenarbeit auf der Basis von Absprachen oder Verträgen ist dabei sehr flexibel und offen für wechselnde Funktionen oder Partner. Sie ist jedoch von geringer Verbindlichkeit und für kostenintensive oder langfristige Kooperationen weniger geeignet. In der Rechtsformwahl haben die Gemeinden weitreichende Gestaltungsfreiheit. Dem Prinzip der Gemeindeautonomie folgend sind Kooperationen[g]) freiwillig, allerdings nicht abschließend geregelt. Ist es jedoch das erklärte politische Ziel, die Gemeindegrößenstruktur hin zu größeren politischen oder zumindest administrativen Einheiten zu verändern, dann reicht es vermutlich nicht aus, allein auf freiwillige funktionale Kooperationen zu setzen.

Schlussfolgerungen für die Strukturreformdiskussion in Österreich

Transaktionskostensparende Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit

Aus volkswirtschaftlicher Sicht sollte der institutionelle Rahmen für Gemeindestrukturreformen so gestaltet werden, dass Fusionen oder Kooperationen nicht unterbleiben, obwohl sie ökonomisch vorteilhaft wären. Potentielle Hindernisse, die sich aus dem Rechtsrahmen ergeben, sollten daher durch Maßnahmen zur Verringerung der Transaktionskosten so weit wie möglich beseitigt werden.

Ein Beispiel für die Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen ist die Schaffung eines bundesweiten Rechtsrahmens, der Gemeinden die Einrichtung von Mehrzweckverbänden ermöglicht. Bislang haben aber nicht alle Länder dieses Gesetz umgesetzt. Ferner wurde die Restriktion aufgehoben, wonach Bezirks- und Landesgrenzen übergreifende Kooperationen von Gemeinden im hoheitlichen Bereich nicht mehr ausgeschlossen gewesen wären. Auch sollen künftig öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zwischen Gemeinden möglich sein (Wirth, 2011A). Für die Stärkung der Gemeindezusammenarbeit wäre ferner hilfreich, das Recht zur Gebietsgemeinde (§ 120 BVG) inhaltlich zu konkretisieren und diese grundsätzlich vorgesehene Form der überörtlichen Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Verringerung bestehender Fehlanreize

Wenn ein Rechtsrahmen existiert, der Kooperationen oder Fusionen zu niedrigen Kosten gestattet, stellt sich grundsätzlich die Frage, weshalb dennoch verhältnismäßig selten eine Zusammenarbeit zwischen Gemeinden zustande kommt. Zum einen mögen die ökonomischen Nettovorteile von Kooperation oder Fusion für die Betroffenen nicht ausreichend groß ausfallen, um entsprechende Aktivitäten zu veranlassen; dies kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Zum anderen könnten die ökonomischen Konsequenzen ineffizienter Strukturen nicht von den Gemeinden selbst getragen, sondern externalisiert werden. Maßgeblich für die Bereitschaft der Gemeinden zu Zusammenarbeit und Fusion ist nach diesen Vorstelllungen die fiskalische Accountability. Tragen Gemeinden die Kosten ineffizienter Lösungen vollständig selbst, dann bestehen Anreize zu ökonomisch sinnvollen Fusionen und Kooperationen. Ein Ausbau der Abgabenautonomie insbesondere der verstärkte Einsatz von Äquivalenzabgaben verbessert die fiskalische Verantwortlichkeit der Politik gegenüber der Bevölkerung und kann somit einen wertvollen Beitrag zur Bereinigung ineffizienter Strukturen leisten.

Kooperations- oder Zusammenschlussvorhaben werden ebenfalls behindert, wenn im Zuge der Verteilung von Bedarfszuweisungen nach § 11 Abs. 1 FAG 2008 Abgänge kleiner Gemeinden landesintern ausgeglichen werden. Sind die Verluste auf größenbedingt ineffiziente Strukturen zurückzuführen, dann bedeutet dies eine Subventionierung der Kleinheit. Durch den partiellen Bail-out verringern sich Anreize, nach effizienteren Lösungen gegebenenfalls auch durch interkommunale Kooperation oder Gemeindezusammenschluss zu suchen. Tatsächliche (oder auch nur vermeintliche) Kostendegressionseffekte in Kleingemeinden sollten aufgrund der strukturkonservierenden Effekte nicht berücksichtigt werden.

Aktive Gemeindestrukturreformpolitik

Weniger Konsens findet sich in der Literatur dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus eine aktive Gemeindestrukturreformpolitik verfolgt werden soll. Darunter wird die spezielle Förderung von Zusammenschlüssen und Kooperationen durch Bund und Länder verstanden. Wenn freiwillige Kooperationen nicht in dem Ausmaß entstehen, wie sie ökonomisch sinnvoll wären, und wenn sich auch die Gemeindestrukturen nicht selbst regulieren, kann es sinnvoll sein, mit aktiv steuernden Eingriffen Strukturen und Verhaltensweisen zu verändern. Bereits jetzt werden in allen Bundesländern, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß und Intensität, sowohl Kooperationen als auch Fusionen finanziell gefördert.

Dabei sollte die Gestaltung der ökonomischen Fusions- und Kooperationsanreize einer konsistenten Gesamtstrategie folgen. Werden spezielle finanzielle Anreize in Betracht gezogen, die vom Bund oder vom Land (und damit der Gesamtheit der Steuerpflichtigen) gewährt werden, so ist zu prüfen, ob potentielle Einsparungen und Wohlfahrtsgewinne den Mitteleinsatz zur Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit rechtfertigen. So liegt es zwar durchaus im gesamtstaatlichen Interesse, Effizienzpotentiale zu heben, selbst wenn davon nur die kooperierenden Gemeinden profitieren. Es wäre jedoch ein fundamentaler Verstoß gegen das Leitprinzip der fiskalischen Äquivalenz, wenn Steuerpflichtige anderer Regionen einen wesentlichen Finanzierungsbeitrag leisten, ohne von der Kooperation ebenfalls zu profitieren. Eine Verschlechterung der Kooperationsbedingungen ist etwa durch anstehende Änderungen im Umsatzsteuerrecht zu erwarten. Demnach werden privatrechtliche Leistungen, die von einer Gemeinde an die Nachbargemeinde bzw. von einem Verband an Mitgliedsgemeinden erbracht werden, künftig als unternehmerische Tätigkeit klassifiziert und umsatzsteuerpflichtig. Einerseits werden dadurch bestehende und geplante Kooperationen etwa im Bereich der Bauhöfe wirtschaftlich unattraktiv (Heiss, 2012). Andererseits ist zu fragen, ob Kooperationen, die nur auf einem steuerlichen Privileg beruhen, ökonomisch sinnvoll sind.

Information, Beratung und Transparenz erhöhen Effizienzanreize

Kooperationen und Fusionen sind keine Vorgänge, die zur Routine der Beteiligten gehören würden. Die Ausbildung von rechtlichem und ökonomischem Spezialwissen ist auf der kommunalen Ebene unwahrscheinlich. Institutionalisierte Beratungsplattformen und das Instrument der Fach- und Rechtsberatung könnten verstärkt eingesetzt werden. Darüber hinaus sollten Benchmarkingsysteme ausgebaut und Leistungsvergleiche der Verwaltungsqualität öffentlich gemacht werden. Unterschiede zwischen Qualität und Kosten der Verwaltung werden besser sichtbar gemacht und dadurch Impulse zur Veränderung gesetzt.

Positive Kooperationsanreize im Finanzausgleichsgesetz

Ein mögliches Instrument zur Setzung finanzieller Anreize sind Vorschriften im FAG:

·          Das FAG schafft in § 21 Abs. 9 die Möglichkeit, Fusionen und Kooperationen durch befristete Anschubfinanzierungen zu fördern (Hüttner Griebler Huemer, 2008). Die Förderung könnte, statt sich unspezifisch auf alle Kooperationen zu richten, auf Fusionen und "gesamthafte Verwaltungszusammenschlüsse" fokussiert werden, die alle Verwaltungs- und Leistungsbereiche der kooperierenden Gemeinden betreffen. Prinzipiell ist auch zu fragen, ob der Anreiz nicht in Form eines günstigen Kredits statt als verlorener Zuschuss zu gewähren wäre. Die indirekte Beteiligung Dritter im Rahmen des Finanzausgleichs ist nur zu rechtfertigen, wenn auch jene durch den Zusammenschluss bessergestellt werden.

·          Aufgrund asymmetrischer Informationen über die Umstellungskosten bergen pauschale Förderungen das Risiko eines Verzichts auf Vorhaben aufgrund zu geringer Förderung oder beträchtlicher Mitnahmeeffekte. Eine Alternative wäre die Beteiligung übergeordneter Ebenen an den (entsprechend zu dokumentierenden) Umstellungskosten zu einem Prozentsatz bis zu einer Obergrenze. Dem stehen höhere Transaktionskosten der Subventionierung gegenüber, die mit Dokumentation und Kontrolle der Umstellungskosten verbunden sind. Sofern die kooperierenden Einheiten selbst die ökonomischen Vorteile aus der Zusammenarbeit oder Fusion lukrieren, könnte eine temporäre Unterstützung nur in Form von Krediten und nicht als "verlorener" Zuschuss gewährt werden.

·          Weitreichende Gemeindekooperationen (im Sinne einer gesamthaften Verwaltungs- und Leistungszusammenlegung) könnten unabhängig von der rechtlichen Form bei der Berechnung der Ertragsanteile im Finanzausgleich so behandelt werden, als wäre diese Kooperation eine Gemeindefusion.

·          Die Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden nach einer veredelten Bevölkerungszahl sollte nicht als Instrument zur Förderung von Zusammenschlüssen eingesetzt werden. Dem Bevölkerungsschlüssel liegt ursprünglich die Idee zugrunde, eine Abgeltung für positive Spillovers zu leisten bzw. ökonomische Nachteile einer höheren Bevölkerungsdichte zu kompensieren. Während die Internalisierung der externen Effekte durch Zusammenarbeit (oder Fusion) erreicht wird, würde im Falle der zweiten Begründung das Zusammengehen keinen Vorteil generieren und sollte daher nicht gefördert werden.

Strukturanpassungen einfordern

Ein wenig populärer Weg wäre es, Strukturanpassungen einzufordern. Dänemark wählte diesen direkten Weg. So wurden Mindestgrößen für Verwaltungsstrukturen bzw. Gemeinden definiert und diese nach einer Phase der freiwilligen Findung angeordnet. Der Prozess der Strukturreform auf der Ebene der Gemeinden war jedoch eingebettet in eine gesamtstaatliche Strukturreform. Die Steiermark verfolgt mit ihrer Gemeindestrukturreform einen ähnlichen, wenn auch sehr abgeschwächten Weg der Anpassung[h]).

Alternativ wäre denkbar, exogene Leistungsstandards für kommunale Leistungen vorzugeben und damit indirekt den Anpassungsdruck zu Kooperationen zu verstärken. Erfolgreich wird dies in Österreich etwa im Bereich der Abwasserwirtschaft praktiziert, indem durch Standards lenkend auf die örtlichen Lösungen eingewirkt wird.

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Municipal Structural Reform and Inter-municipal Cooperation – Summary

In the debate on the reform of public administration and of the system of federal fiscal relations it is often argued that small-scale structures impede the effective accomplishment of municipal tasks. Austria has a comparatively high number of smaller communities which supposedly do not have the minimum economic size required for an effective provision of services. 

In empirical studies, cost functions for municipal services are often estimated based on population size. Aspects that are more difficult to measure, such as local spillovers, quality of services and service provision according to citizens' preferences, are usually not taken into consideration, although these are highly important for a theoretical determination of optimal municipal size. In Austria, economies of scale are shown to play a role in general administration at the municipal level. Small and very small communities therefore often lack administrative efficiency. However, political obstacles frequently prevent successful municipal mergers. Alternatively, different forms of inter-municipal cooperation can be worthwhile for specific local tasks.

The institutional framework for structural reform at the municipal level should not hamper economically advantageous consolidations due to high transaction costs; hence, legal obstacles to local cooperation and consolidation should be removed. A strengthening of fiscal autonomy at the municipal level would also enhance incentives to consolidate. Due to information and incentive problems, an active promotion of inter-municipal consolidation and cooperation through financial equalisation schemes is not undisputed.

 

 

 



[a])  Vgl. http://www.gemeindestrukturreform.steiermark.at/cms/ziel/69771465/DE/ (abgerufen am 4. November 2012).

[b])  Damit eng verwandt ist die Überlegung von Christaller (1933), Städte und Gemeinden nach ihrer "Zentralität" zu ordnen. "Zentraler Ort" ist ein Standort von Einrichtungen, die eine über die Gemeindegrenzen hinaus wirkende Versorgungsfunktion wahrnehmen und Leistungen für ein räumlich begrenztes Umland anbieten. In diesem Konzept gibt es für die Hierarchiestufen von Ober-, Mittel- und Unterzentren unterschiedliche optimale Gemeindegrößen.

[c])  Die Vorstellung der Bevölkerung zum öffentlichen Leistungsangebot dürften sich zwischen hochverdichteten Kernstädten und Umlandgemeinden unterscheiden.

[d])  Unterschiede in der Leistungsqualität werden dabei allerdings ausgeklammert.

[e])  Schrank - Verhounig - Wittmann (2008, S. 7) vermuten einen engen Zusammenhang zwischen der Änderung von Finanzausgleichsbestimmungen und der Zahl freiwilliger Gemeindezusammenschlüsse.

[f])  Zu den unterschiedlichen organisatorischen und rechtlichen Formen der Gemeindekooperation siehe etwa Wirth - Matschek (2005) oder Pitlik - Wirth - Lehner (2010).

[g])  Eine Ausnahme sind die in den Bundesländern jeweils vorgeschriebenen Pflichtverbände.

[h])  Vgl. http://www.gemeindestrukturreform.steiermark.at/cms/beitrag/11558627/69294537 (abgerufen am 4. November 2012).