Schlüsselindikatoren zu
Klimawandel und Energiewirtschaft und der "Energiefahrplan 2050" der EU
Waren die klimarelevanten
Emissionen aufgrund des Konjunktureinbruches 2009 markant gesunken (–8,3%), so stiegen sie 2010 konjunktur- und witterungsbedingt
um 6,1%, während das BIP um 2,3% wuchs. Somit erhöhte sich auch die Emissionsintensität
wieder. Der Bruttoinlandsverbrauch nahm 2010 um 6,1% auf 1.422 PJ zu, wobei der
Einsatz von erneuerbaren Energieträgern einschließlich der brennbaren Abfälle erneut
um 3,2% gesteigert wurde (2009 +3,3%). In ihrem "Energiefahrplan 2050"
analysiert die Europäische Kommission illustrative Szenarien einer Verringerung
der Treibhausgasemissionen um 80% bis 2050. Die allgemeinen Schlussfolgerungen aus
der Szenarienanalyse werden im vorliegenden Beitrag um Handlungslinien für eine
langfristige Restrukturierung des österreichischen Energiesystems ergänzt.
Begutachtung: Michael Böheim • Wissenschaftliche Assistenz: Katharina
Köberl• E-Mail-Adressen: Claudia.Kettner@wifo.ac.at, Angela.Koeppl@wifo.ac.at, Kurt.Kratena@wifo.ac.at, Ina.Meyer@wifo.ac.at, Franz.Sinabell@wifo.ac.at
INHALT
Klima- und energierelevante
Schlüsselindikatoren
Hohe Investitionen in kohlenstoffarme
Technologien erforderlich
Energieeinsparungen im gesamten System
notwendig
Steigerung des Anteiles erneuerbarer
Energieträger
Zunehmende Bedeutung von Strom
Erdgas: laut Szenarienanalyse Schlüsselrolle
für den Umbau des Energiesystems
CO2-Abscheidung und -Speicherung
(CCS)
Integration lokaler Ressourcen und
zentralisierter Systeme
Fördermaßnahmen und Bepreisung von CO2
notwendig
Leitlinien für eine Transformation des Energiesystems
in Österreich
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN
Abbildung 1: Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Österreich und Kyoto-Ziel
Abbildung 2: Verursacher der Treibhausgasemissionen in Österreich
Abbildung 3: Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum BIP
Abbildung 4: Treibhausgasemissionen pro Kopf der Bevölkerung in der EU
Abbildung 5: Treibhausgasintensität des BIP in der EU
Abbildung 6: CO2-Emissionen, Energieverbrauch und Wertschöpfung der
Industrie
Abbildung 7: CO2-Emissionen, Energieverbrauch der Haushalte und
Heizgradtage
Abbildung 9: Bruttoinlandsverbrauch nach Energieträgern in Österreich
Abbildung 10: Bruttoinlandsverbrauch an erneuerbaren Energieträgern in Österreich
Abbildung 11: CO2-Emissionen des Verkehrssektors
Abbildung 12: Entwicklung der CO2-Emissionen des Verkehrssektors im
Vergleich zum BIP
Abbildung 13: Stickstoffbilanz und Einsatz von mineralischem Dünger
Abbildung 14: Produktion von wirtschaftlich nutzbarer Biomasse in der Landwirtschaft
Abbildung 15: Primärenergieverbrauch und Energieträgeranteile in den Szenarien des
Energiefahrplans
Die vom WIFO jährlich vorgelegten
Schlüsselindikatoren zu Klimawandel und Energiewirtschaft in Österreich verweisen
auf relevante Zusammenhänge von ökonomischen Trends, Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen
auf der Basis der jeweils aktuell verfügbaren Umwelt- und Energiedaten von Statistik
Austria und Umweltbundesamt. Für die Treibhausgasemissionen liegen derzeit Daten
bis 2010 vor. Sie spiegeln die Entwicklung der Emissionen nach der Finanzmarkt-
und Wirtschaftskrise 2008/09 wider (Kettner
et al., 2011): Waren die klimarelevanten Treibhausgasemissionen 2009 aufgrund
des Konjunktureinbruches markant gesunken (–8,3%),
so stiegen sie 2010 konjunktur- und witterungsbedingt um 6,1%, während das BIP um
2,3% wuchs. Auch die Emissionsintensität nahm daher 2010 wieder zu. Im Durchschnitt
der EU 27 nahmen die Treibhausgasemissionen 2010 ebenfalls zu, allerdings um nur
2,4% (EU 15 +2,1%), während die Wirtschaftsleistung ebenfalls um 2% wuchs (European Environment Agency, 2012). Der Anstieg
der Treibhausgasemissionen wäre nach Analysen der Europäischen Umweltagentur jedoch
viel höher ausgefallen, wenn nicht zugleich der Einsatz von erneuerbaren Energieträgern
deutlich gestiegen wäre.
Die offizielle Gesamtbilanz
der klimarelevanten Treibhausgasemissionen in Österreich im Jahr 2011 wird im Jänner
2013 veröffentlicht werden. Für die im EU-Emissionshandelssystem regulierten Anlagen
weisen die Daten für 2011 auf einen Rückgang der CO2-Emissionen um 2%
hin. Auch das milde Winterwetter 2011, die Abnahme der Heizgradtage (–12,4%) sowie die neuerliche starke Rohölverteuerung
(+33,3% auf Euro-Basis; Scheiblecker et al.,
2012) sollten die CO2-Emissionen gedämpft haben.
Als Schwerpunktthema des
Indikatorenberichtes wurde heuer der "Energiefahrplan 2050" der Europäischen
Kommission gewählt ("Energy Roadmap 2050", Europäische Kommission, 2011A). Demnach sollen die Treibhausgasemissionen
in der EU bis 2050 um 80% bis 95% unter den Stand von 1990 gesenkt werden, um so
zu einer weltweiten Verringerung der Emissionen bis 2050 um mindestens 50% beizutragen.
Dieser Ansatz folgt dem Prinzip der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung
von Industrie- und Entwicklungsländern als Grundsatz des Klimaschutzes. Eine weltweite
Emissionsverringerung um mindestens 50% bis 2050 unter das Niveau von 1990 zielt
auf eine Begrenzung des weltweiten Temperaturanstieges auf 2°C gegenüber dem vorindustriellen
Niveau ab, wodurch gefährliche Störungen des Klimasystems vermieden werden sollen
(Europäischer Rat, 2009).
Die Emissionen klimarelevanter
Treibhausgase (Kohlendioxid, Methan, Lachgas, Schwefelhexafluorid und Fluorkohlenwasserstoffe)
betrugen in Österreich im Jahr 2010 84,6 Mio. t CO2-Äquivalente und lagen
damit um 6,1% über den Emissionen des Krisenjahres 2009. Dies ist sowohl auf die
Konjunkturerholung als auch auf die Zunahme der Heizgradtage im Jahr 2010 (+13,3%,
Winterhalbjahr +8,8%) zurückzuführen. Die Entwicklung der CO2-Emissionen
bestimmt im Wesentlichen den Verlauf der Treibhausgasemissionen, da diese über 80%
der gesamten Treibhausgase ausmachen. Gemäß der Zielvorgabe nach dem Kyoto-Protokoll
hat sich Österreich im Rahmen des EU Burden Sharing Agreement verpflichtet, seine
Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 im Durchschnitt der Jahre 2008/2012 um 13%
zu verringern; das entspricht einem Zielwert von 68,8 Mio. t CO2-Äquivalenten
pro Jahr. Für das Jahr 2010 ergibt sich damit eine Abweichung vom Zielwert um rund
23%. Die Emissionsentwicklung in den ersten drei Jahren der Kyoto-Verpflichtungsperiode
zeigt, dass Österreich dieses Ziel nicht durch Verringerung der inländischen Emissionen
erreichen wird. Um die Lücke zwischen Emissionen und Ziel zu schließen, wurden im
Rahmen des österreichischen "JI-CDM"Programmes[a])(Kommunalkredit
Public Consulting, 2012) öffentliche Mittel zum Zukauf von Emissionsrechten
im Ausmaß von 45 Mio. t CO2 zugesichert. Die erwartete verbleibende Lücke
von etwa 30 Mio. t wird durch weitere Zukäufe abgedeckt, so wurden im April 2012
160 Mio. € für Zukäufe im Rahmen des "Green Investment Scheme" (GIS) geplant.
Die Kosten des Zukaufes ausländischer Emissionszertifikate zur Erreichung des Kyoto-Zieles
hängen im Wesentlichen von der weiteren Entwicklung der Preise dieser Zertifikate
sowie von der tatsächlichen Kyoto-Lücke ab.
Den größten Anteil am Ausstoß
von Treibhausgasemissionen hatten 2010 die Industrie und das produzierende Gewerbe
(29,5%) sowie der Verkehr (26,9%) vor der Energieaufbringung (17,1%) sowie der Raumwärme
und dem Kleinverbrauch (13,6%). Der Anteil der Landwirtschaft an den Treibhausgasemissionen
betrug 8,8% und jener der Abfallwirtschaft 2,2%. Landwirtschaft und Abfallwirtschaft
emittieren hauptsächlich Methan und Lachgas und tragen daher nicht zu den CO2-Emissionen
bei. Die CO2-Emissionen verteilen sich auf die Sektoren wie folgt: Industrie
und produzierendes Gewerbe 33,9%, Verkehr 30,7%, Energieaufbringung 19,6%, Raumwärme
und Kleinverbrauch 15,2%.
Im Zeitraum 2000/2010 verzeichneten
die Industrie und das produzierende Gewerbe einen Anstieg der Treibhausgasemissionen
von 10,3% (1990/2010 +16%) und der Verkehrssektor von 9,8% (1990/2010 +59,6%). Der
Sektor Raumwärme und Kleinverbrauch verringerte die Treibhausgasemissionen im Zeitraum
2000/2010 um 22,5% (1990/2010 –20,8%). Die
Emissionen des Sektors Energieaufbringung konnten trotz steigender Energiebereitstellung
aufgrund des zunehmenden Einsatzes erneuerbarer Energieträger annähernd konstant
gehalten werden (2000/2010 +2,9%, 1990/2010 +3,6%). Der Sektor Landwirtschaft verringerte
seine Treibhausgasemissionen beträchtlich (2000/2010 –6,3%, 1990/2010 rund –14%). Noch stärker sanken die Treibhausgasemissionen
im Sektor Abfallwirtschaft (2000/2010 –28%,
1990/2010 –50%).
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Abbildung 1: Entwicklung
der Treibhausgasemissionen in Österreich und Kyoto-Ziel |
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Q: Umweltbundesamt. |
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Abbildung 2: Verursacher
der Treibhausgasemissionen in Österreich |
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Q: Umweltbundesamt. |
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War zwischen 1990 und 2000 eine relative Entkoppelung der Entwicklung der Treibhausgasemissionen vom BIP-Wachstum zu beobachten gewesen – die Emissionen stagnierten bei wachsendem BIP –, so stiegen die Emissionen in der Periode 2000/2005 etwas stärker als das BIP. Seit ihrem Höchststand im Jahr 2005 waren die Emissionen rückläufig, während das BIP weiter wuchs, sodass eine absolute Entkoppelung der Emissionen von der Wirtschaftsentwicklung zu verzeichnen war. Im Krisenjahr 2009 war der Rückgang der Treibhausgasemissionen (–8,3%) größer als jener des realen BIP (–3,8%), weil die Wirtschaftskrise insbesondere die Industrieproduktion und den Güterverkehr in Mitleidenschaft zog. Im Jahr 2010 stiegen die Treibhausgasemissionen (+6,1%) stärker als das reale BIP (+2,3%), weil sich einerseits die Industrie erholte (Anstieg der Emissionen von Industrie und Güterverkehr) und andererseits die Zahl der Heizgradtage höher war als im Vorjahr. Aufgrund dieses Emissionsanstieges nahm die Emissionsintensität 2010 wieder zu.
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Abbildung 3: Entwicklung
der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum BIP |
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Q: Umweltbundesamt, WIFO-Datenbank. – 1) Auf Basis von Vorjahrespreisen,
Referenzjahr 2000. |
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Abbildung 4: Treibhausgasemissionen
pro Kopf der Bevölkerung in der EU |
2010 |
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Q: Eurostat, UNFCCC, WIFO-Berechnungen. |
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Gemessen an der Bevölkerungszahl
lagen die Treibhausgasemissionen in Österreich 2010 bei 10,1 t CO2-Äquivalenten
pro Kopf und damit unter dem Durchschnitt der EU 15 (11,7 t CO2-Äquivalente),
aber über dem der EU 27 (9,2 t CO2-Äquivalente). Österreichs Rang innerhalb
der EU veränderte sich gegenüber dem Vorjahr nicht. Mit Abstand am höchsten war
der Pro-Kopf-Ausstoß wie 2009 in Luxemburg (24,1 t CO2-Äquivalente) sowie
in Estland (15,3 t) und Finnland (13,9 t), die geringsten Pro-Kopf-Emissionswerte
wies Lettland aus (5,4 t CO2-Äquivalente).
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Abbildung 5: Treibhausgasintensität
des BIP in der EU |
2010 |
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Q: Eurostat, UNFCCC, WIFO-Berechnungen. |
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Abbildung 6: CO2-Emissionen,
Energieverbrauch und Wertschöpfung der Industrie |
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Q: Umweltbundesamt; Statistik Austria, Energiebilanz Österreich 1970-2010; WIFO-Datenbank. – 1) Sachgütererzeugung einschließlich Bergbau, zu Herstellungspreisen, Referenzjahr 2000. |
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Die Treibhausgasintensität,
d. h. das Emissionsvolumen in Relation zum nominellen BIP zu Kaufkraftparitäten,
lag 2010 in Österreich bei 0,33 kg CO2-Äquivalenten je Euro. Die niedrigste
Treibhausgasintensität wurde für Schweden verzeichnet (0,24 kg CO2-Äquivalente
je Euro). Mit Rang 4 nach Frankreich (0,31 kg CO2-Äquivalente je Euro)
und gleichauf mit Italien war Österreichs Position damit schlechter als im Vorjahr.
Wie erwähnt erhöhte sich in Österreich 2010 die Emissionsintensität, blieb aber
unter dem Durchschnitt der EU 15 (0,35 kg CO2-Äquivalente je Euro) und
der EU 27 (0,39 kg CO2-Äquivalente je Euro). Überdurchschnittlich hoch
war sie in Estland (0,95 kg), Bulgarien (0,75 kg) und Polen (0,7 kg).
Nach einem markanten Rückgang
der CO2-Emissionen der Industrie im Krisenjahr 2009 (–12,7%) war 2010 ein ausgeprägter Anstieg zu verzeichnen
(+8,4%); allerdings wurde das Niveau von 2008 noch nicht wieder erreicht. Der Endenergieverbrauch
erhöhte sich deutlich schwächer als die Emissionen. Im Krisenjahr dürften demnach
vor allem Prozessemissionen stark gesunken sein. Die Wertschöpfung der Industrie
wuchs 2010 gegenüber dem Vorjahr um lediglich 1,9%. So stieg die Emissionsintensität
je Wertschöpfungseinheit auf der Basis der gegebenen Emissionsdaten um 6,4%.
Die CO2-Emissionen
der Industrie nahmen vor allem seit 2000 stark zu, u. a. weil sich der energetische
Endverbrauch seit 1990 parallel mit der Wertschöpfung entwickelte, sodass die Energieeffizienz
nur wenig gesteigert wurde.
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Abbildung 7: CO2-Emissionen,
Energieverbrauch der Haushalte und Heizgradtage |
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Q: Umweltbundesamt; Statistik Austria, Energiebilanz
Österreich 1970-2010; WIFO-Datenbank. |
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Der Energieverbrauch der
privaten Haushalte stieg 2010 um 8,9%. Das spiegelt eine Zunahme der Heizgradtage
während der Heizperiode 2010 wider (+8,8%). Zwischen 1990 und 2009 stagnierte der
Energieverbrauch annähernd, während die CO2-Emissionen (vor allem seit
2001) sanken. Zunehmend setzen somit die privaten Haushalte Energieträger mit geringerer
CO2-Intensität ein. Im Krisenjahr 2009 war zwischen der Entwicklung der
Pro-Kopf-Emissionen und jener der Heizgradtage kein Zusammenhang zu beobachten,
2010 waren dagegen wieder die Heizgradtage bestimmend für die Emissionsentwicklung.
Der Stromverbrauch wächst
in Österreich seit 1990 sehr dynamisch, sodass trotz der erheblichen Ausweitung
der heimischen Stromproduktion auch die Nettoimporte seit 2002 stark zunahmen. Dieser
Trend setzt sich im Jahr 2010 fort. So stiegen die Bruttoproduktion von elektrischer
Energie und Wärme um 4,5% und der Ausstoß von CO2 um 11,2%. Dies hängt
auch mit dem Rückgang der Stromproduktion aus Wasserkraft zwischen 2009 und 2010
zusammen (Abbildung 10). Die CO2-Emissionen je Energieeinsatz entwickelten
sich 2010 mit +6,4% entgegen dem bisherigen Trend eines abnehmenden CO2-Gehaltes
des Energieeinsatzes, ähnlich die CO2-Emissionen des Sektors Energie
und Wärme.
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Abbildung 8: CO2-Emissionen,
Energieeinsatz und Produktion der öffentlichen Energieversorgungsunternehmen |
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Q: Umweltbundesamt; Statistik Austria, Energiebilanz
Österreich 1970-2010; WIFO-Datenbank. |
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Der Bruttoinlandsverbrauch
an Kohle, Erdöl, Erdgas und erneuerbaren Energieträgern stieg 2010 gegenüber dem
Krisenjahr 2009 um 6,1% auf 1.422 PJ. Er war damit um 36% höher als im Kyoto-Basisjahr
1990. Dabei vergrößerte sich der Einsatz von Kohle 2010 (+17,2%), Gas (+9,9%) und
Erdöl (+3,9%) merklich (insgesamt +7,5%), während der Verbrauch an erneuerbaren
Energieträgern um nur 2,4% ausgeweitet wurde (2009 +4,5%). Den Rückgang im Krisenjahr
2009 (Kohle –23,4%, Gas –2,1%, Erdöl –5,8%)
machte 2010 nur der Gasverbrauch mehr als wett – Gas
gewinnt demnach ebenso wie die erneuerbaren Energieträger an Bedeutung für die Energieversorgung.
Deren Anteil stieg von 20% im Jahr 1990 auf 27% im Jahr 2010.
Im Nachkrisenjahr 2010
nahm der Verbrauch an erneuerbaren Energieträgern (einschließlich
der brennbaren Abfälle) erneut um 3,2% zu (2009 +3,3%). Während die Stromproduktion
aus Wasserkraft 2010 um 6,1% sank, wurde die Energieproduktion aus Solar- und Geothermie
um 17,7% gesteigert, jene aus brennbaren Abfällen um 16,7% und der Einsatz von Brennholz
um 11,3%. Für Windkraft und Photovoltaik ergab sich ein Wachstum von 6,7%, für biogene
Brenn- und Treibstoffe von 5,8%. Wasserkraft (33,6% des Bruttoinlandsverbrauches
aus erneuerbaren Energieträgern) wurde 2010 als wichtigste Energiequelle durch die
biogenen Brenn- und Treibstoffe (38,7%) abgelöst. Auf Brennholz entfielen 16,1%
des Bruttoinlandsverbrauches aus erneuerbaren Energieträgern, auf brennbare Abfälle
6,6%, auf Solar- und Geothermie 3,1% und auf Windkraft und Photovoltaik 1,9%.
Die verkehrsbedingten CO2-Emissionen
stiegen 2010 in Österreich um 4,7%, nachdem sie 2009 um 3,4% gesunken waren. Der
seit 2007 beobachtete Rückgang kam somit zum Stillstand. Dabei erhöhten sich insbesondere
die Emissionen des Güterverkehrs auf der Straße (+11,4%, 2009 –5,6%), aber auch die Emissionen des sonstigen Verkehrs
(u. a. inländischer Luftverkehr, Donauschifffahrt: +36,1%, 2009 –17,7%), sie übertrafen damit das Vorkrisenniveau
von 2008. Die Emissionen des Personenverkehrs auf der Straße blieben hingegen um
1,7% unter dem Vorjahreswert (2009 –0,9%).
Diese Entwicklung kann zum Teil auf die Kraftstoffverteuerung zurückgeführt werden
(2010: Normal- und Superbenzin +14%, Dieselkraftstoff +13,5%).
95,6% der verkehrsbedingten
Emissionen entfielen auf den Straßenverkehr; der Personenverkehr auf der Straße
(54,2%) hatte wie bisher größeres Gewicht als der Straßengüterverkehr (41,3%).
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Abbildung 9: Bruttoinlandsverbrauch
nach Energieträgern in Österreich |
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Q: Statistik Austria, Energiebilanz Österreich
1970-2010. |
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Abbildung 10: Bruttoinlandsverbrauch
an erneuerbaren Energieträgern in Österreich |
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Q: Statistik Austria, Energiebilanz Österreich
1970-2010. |
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Seit 1990 und auch 2010
stiegen die Güterverkehrsemissionen überproportional zur Wirtschaftsleistung. So
wuchs das reale Bruttoinlandsprodukt im Zeitraum 1990/2010 um 50%, die Emissionen
des Güterverkehrs um 114% (2010: Emissionen +4,7%, BIP +2,3%). Die Emissionen aus
dem motorisierten Individualverkehr nahmen hingegen unterproportional zum BIP zu
(1990/2010 +38,7%) und haben sich seit 2007 von der Entwicklung des BIP entkoppelt.
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Abbildung 11: CO2-Emissionen
des Verkehrssektors |
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Q: Umweltbundesamt. |
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Abbildung 12: Entwicklung
der CO2-Emissionen des Verkehrssektors im Vergleich zum BIP |
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Q: Umweltbundesamt
(2012). – 1) Auf Basis
von Vorjahrespreisen, Referenzjahr 2000. |
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Stickstoff ist zwar der
Hauptbestandteil der Atmosphäre, aber dennoch ein knapper Nährstoff für Pflanzen,
da die mineralischen Verbindungen im Boden leicht ausgewaschen werden und der Luftstickstoff
für Pflanzen nicht zugänglich ist. In der Landwirtschaft werden daher Stickstoffverbindungen
als Dünger zugeführt, um das Pflanzenwachstum zu steigern. Andere Elemente wie Kalium,
Kalk und Phosphor werden ebenfalls in großen Mengen als Dünger ausgebracht. Weil
ihre mineralischen Verbindungen aber stabiler sind, ist die potentielle Umweltbelastung
geringer als im Fall von Stickstoff. Stickstoff ist aus zweierlei Gründen als Indikator
für eine potentielle Umweltbelastung relevant: Aufgrund einer Überversorgung der
Nutzpflanzen können nicht gebundene Stickstoffverbindungen ausgewaschen werden und
das Grundwasser belasten. Durch mikrobielle Stoffwechselvorgänge im Boden kann zudem
Distickstoffoxid (Lachgas, N2O), ein Treibhausgas, entstehen. Dieses
trug zuletzt zu 6,1% zu den Gesamtemissionen von Treibhausgasen bei; zu 57% entfallen
die N2O-Emissionen auf die Landwirtschaft (Umweltbundesamt, 2012).
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Abbildung 13: Stickstoffbilanz
und Einsatz von mineralischem Dünger |
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Q: WIFO-Berechnungen auf Basis von OECD und Statistik
Austria. |
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Die Stickstoffbilanz stellt
die Menge des in der Landwirtschaft eingesetzten Stickstoffs dem Entzug durch landwirtschaftliche
Nutzpflanzen gegenüber. Ein Ziel der Agrarumweltpolitik ist es, Überschüsse abzubauen,
und ein Fernziel sollte eine ausgeglichene Stickstoffbilanz sein. Die nationale
Stickstoffbilanz für 2011 zeigt einen Überschuss – in
die Umwelt werden also mehr Nährstoffe eingebracht als entzogen. Seit 1990 ist eine
kontinuierliche Annäherung an das Ziel einer ausgeglichenen Bilanz zu beobachten.
Der Bilanzüberschuss und auch die eingesetzten Düngermengen sinken, da auch der
Einsatz von mineralischem Dünger langfristig abnimmt. In den letzten 20 Jahren wurde
die Effizienz der Stickstoffdüngung in der österreichischen Landwirtschaft daher
laufend gesteigert.
Die Methode zur Berechnung
dieses Indikators wurde von der OECD entwickelt (OECD, 2001). Sie stellt die Inputs an Stickstoff (z. B. aus Mineraldüngern,
Saatgut, Luftdeposition) den Outputs (Nährstoffe in Agrargütern und Nahrungsmitteln)
gegenüber. Natürliche Stickstoffquellen (Dung von Nutztieren, Nährstofffixierung
von Leguminosen) gehen ebenfalls in die Rechnung ein. Der Verlauf der Bilanz wird
kurzfristig von Ertragsschwankungen im Pflanzenbau und dem Einsatz an mineralischem
Dünger bestimmt. Für den langfristig rückläufigen Trend maßgebend sind neben einer
Ausweitung der biologisch bewirtschafteten Flächen die Verbesserung der Düngerqualität,
effizientere Ausbringungstechnik, höhere Ausbildung der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft
und umweltpolitische Maßnahmen wie das Agrarumweltprogramm ÖPUL mit spezifischen
Maßnahmen in Regionen mit hoher Belastung des Grundwassers mit Stickstoffverbindungen.
Die Entwicklung der Stickstoffbilanz
entspricht den ökonomischen Erwartungen: In Phasen sinkender Outputpreise ist mit
einer Abnahme des Einsatzes von mineralischem Dünger zu rechnen, in Hochpreisphasen
mit einem vermehrten Einsatz. Jedoch sind nicht bloß die Outputpreise relevant,
sondern auch die Preise von Stickstoffdünger. Im Jahr 2010 waren die Erzeugerpreise
pflanzlicher Produkte um knapp 20% höher als 2009; der Einsatz von Mineraldünger
stieg deshalb kräftig, während er sich um 12% verteuerte. Im Folgejahr waren die
Preise der Agrargüter neuerlich höher (rund +4%), Dünger kostete aber um 22% mehr
als im Vorjahr. Daher wurde 2011 weniger Stickstoffdünger eingesetzt.
Die Produktion von Nutzpflanzen
ist die Grundlage der Landwirtschaft. Die Ernteprodukte werden als Nahrungsmittel,
als Futtermittel und für die stoffliche und energetische Verwertung eingesetzt.
Daher ist die Produktion von Biomasse ein zentraler Indikator für die Fähigkeit
des Agrarsektors, Inputs für nachgelagerte Sektoren bereitzustellen. Die langfristige
Entwicklung der Biomasseproduktion hängt neben der Flächenverfügbarkeit und der
Entwicklung der Produktivität von den Investitionen in die Landwirtschaft ab. Kurzfristig
beeinflusst das Wetter die Erntemenge entscheidend. 2011 war die geerntete Biomassemenge
nach Abzug von Ernte- und Lagerverlusten wieder etwas höher als im langjährigen
Durchschnitt. Mit nahezu 16 Mio. t Trockensubstanz erreichte sie fast den bisherigen
Höchstwert von 2008.
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Abbildung 14: Produktion
von wirtschaftlich nutzbarer Biomasse in der Landwirtschaft |
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Q: WIFO-Berechnungen auf Basis von Buchgraber – Resch
– Blashka (2003), DLG-Futterwerttabelle, Resch (2007), Statistik Austria. Stroh
ist ein Nebenprodukt der Getreideerzeugung (ohne Mais); unterstellt wird ein einheitliches
Korn-Stroh-Verhältnis von 1 : 0,9. Verlustfaktoren Futterwirtschaft gemäß Buchgraber – Resch
– Blashka (2003), Versorgungsbilanzen laut Statistik Austria. |
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In Österreich ist eine
kontinuierliche Abnahme der landwirtschaftlich genutzten Fläche zu beobachten. Bisher
konnte die dadurch bedingte Verringerung der Ernte durch Produktivitätsfortschritte
gerade noch ausgeglichen werden. Im Jahr 2008 setzte die EU die Verpflichtung zur
Stilllegung von Ackerflächen als Voraussetzung für den Bezug von Förderbeiträgen
aus, durch die Health-Check-Reform im selben Jahr wurde diese Verpflichtung beseitigt.
In der Folge wurde die Getreidefläche in Österreich um rund 30.000 ha ausgeweitet.
Dieser beträchtlichen Ausweitung des Produktionspotentials steht jedoch der anhaltende
Trend des Verlusts an landwirtschaftlich produktiver Fläche gegenüber. Etwa 2.700
ha werden laut Indikatoren-Bericht für das Monitoring der nachhaltigen Entwicklung
pro Jahr versiegelt (BMLFUW, 2011).
Die energetische Nutzung
von Biomasse aus heimischer Produktion kann, abgesehen von diesem Einmaleffekt,
auf unterschiedlichen Wegen erhöht werden: Werden Nebenprodukte wie Stroh oder Abfälle
wie Gülle verwendet, dann besteht keine Nahrungskonkurrenz, wohl aber wenn Getreide,
Ölfrüchte und Zuckerrüben ("Handelsgewächse") dazu herangezogen werden.
Diese Konkurrenz zwischen der Verwendung landwirtschaftlicher Produkte zur Energieerzeugung
und als Nahrungsmittel kann in einigen Bereichen verringert werden, wenn etwa das
Nebenprodukt Eiweiß aus der Ethanol- oder Pflanzenölproduktion für die Fütterung
verwendet wird, wie dies in Österreich der Fall ist.
Die Europäische Kommission
verfolgt mit dem "Energiefahrplan 2050" das Ziel, einen politischen Rahmen
zu entwickeln, der langfristig stabile Bedingungen für nationale und regionale Strategien
zur Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie für Investoren setzt, die eine
Modernisierung des europäischen Energiesystems über das Jahr 2020 hinaus bewirken
können. Die langfristige Perspektive von Investitionen in ein kohlenstoffarmes Energiesystem
ist angesichts der langen Lebensdauer von energierelevanten Kapitalstöcken wie z.
B. Kraftwerken zentral, wenn es darum geht, ein "lock-in" von Technologien
mit hohem Kohlenstoffverbrauch zu verhindern.
Bis zum Jahr 2020 sieht
das EU-Energie- und -Klimapaket (Europäische
Kommission, 2008) mit den "20-20-20-Zielen" bereits konkret eine Verringerung
der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 20%, eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer
Energieträger am Endverbrauch auf 20% und eine Erhöhung der Energieeffizienz um
20% vor. Österreich muss im Rahmen dieser Strategie den Anteil erneuerbarer Energieträger
am Bruttoendenergieverbrauch bis 2020 auf 34% steigern. Innerhalb des "Effort-Sharing"
verpflichtet sich Österreich, jene Treibhausgasemissionen, die nicht dem EU-Emissionshandel
unterliegen, bis 2020 um mindestens 16% des Niveaus von 2005 zu senken. Das Reduktionsziel
für Anlagen des EU-Emissionshandels liegt EU-weit bei 21% des Niveaus von 2005.
Die Ziele für die Emissionshandelssektoren sowie die im "Effort-Sharing"
erfassten Sektoren ergeben EU-weit eine Verringerung der Treibhausgasemissionen
um 20% des Wertes von 1990.
In ihrem "Energiefahrplan"
(Europäische Kommission, 2011A) analysiert
die Europäische Kommission illustrative Szenarien einer Emissionsverringerung um
80% bis 2050. Mit dem Energiesystemmodell PRIMES[b]) werden dazu fünf unterschiedliche technologische
Szenarien der Emissionssenkung simuliert: "Hohe Energieeffizienz", "Diversifizierte
Energiebereitstellung", "Hoher Anteil erneuerbarer Energieträger",
"Verzögerter Einsatz von CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS-Technologie)",
"Geringer Kernenergieanteil". Abbildungen 15 und 16 stellen den Primärenergieverbrauch,
die Anteile der Energieträger sowie den Beitrag von Strom und CCS-Technologie in
den unterschiedlichen Referenz- und Dekarbonisierungsszenarien dem Basisjahr 2005
gegenüber.
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Abbildung 15: Primärenergieverbrauch
und Energieträgeranteile in den Szenarien des Energiefahrplans |
2050 |
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Q: Europäische Kommission (2011C). CCS . . . Carbon Dioxide Capture and Storage. |
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Abbildung 16: Stromproduktion
und CO2-Abscheidung und -Speicherung in den Szenarien des Energiefahrplans |
2050 |
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Q: Europäische Kommission (2011C). CCS . . . Carbon Dioxide Capture and Storage. |
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Die Szenarien veranschaulichen
mögliche Zukunftspfade für die Entwicklung des Energiesystems; sie werden nicht
als einander ausschließende Alternativen betrachtet, sondern heben gemeinsame Entwicklungen
bei unterschiedlichen Entscheidungspfaden hervor und werden einem Referenzszenario
sowie einem Szenario "Aktuelle politische Initiativen" gegenübergestellt:
Das Referenzszenario geht von einem jährlichen Wachstum des Bruttoinlandsproduktes
um 1,7% aus und berücksichtigt politische Konzepte bis einschließlich März 2010
(z. B. 20-20-20-Ziele der EU). Zusätzlich
berücksichtigt das Szenario "Aktuelle politische Initiativen" neuere
Politikinitiativen, einen Anstieg der Energiepreise und Konsequenzen aus dem Kernreaktorunfall
in Fukushima, z. B. den Ausstieg Deutschlands aus der Stromerzeugung aus Kernenergie.
Aus der Analyse dieser Dekarbonisierungsszenarien zieht die Europäische Kommission
folgende Schlussfolgerungen für den Umbau des Energiesystems:
Alle Varianten können bis
2050 die Treibhausgasemissionen um 80% und die energierelevanten CO2-Emissionen
gegenüber 1990 um 85% senken. Die kumulierten Emissionsbudgets der einzelnen Dekarbonisierungsszenarien
unterscheiden sich dabei nicht. Eine Dekarbonisierung des Energiesystems ist nur
geringfügig teurer als eine Entwicklung entsprechend dem Szenario "Aktuelle
politische Initiativen".
In den Szenarien würde
der Sektor Energieaufbringung bis 2050 fast vollständig dekarbonisiert (–96% bis –99%
gegenüber 1990), ebenso die Sektoren Wohnen und Dienstleistungen (–86% bis –88%)
und Industrie (–77% bis –79%). Im Verkehrssektor ergibt sich hingegen bis
2050 eine Verringerung der Emission um 60% bis 62% gegenüber 1990 (Europäische Kommission, 2011B).
Der Umbau des Energiesystems
erfordert einen Übergang vom derzeitigen System mit hohem fossilen Brennstoffbedarf
(hohen variablen Kosten) zu einem Energiesystem, das sich durch höhere Investitionsausgaben
und niedrigere Brennstoffkosten auszeichnet (etwa durch verstärkten Einsatz erneuerbarer
Energieträger wie Sonne, Wind und Gezeiten, deren Brennstoffkosten Null sind). Eine
Ausweitung der Investitionen in die Neuinstallation von Kraftwerken lässt sich auch
daraus ableiten, dass ein Großteil der heute betriebenen Energieversorgungsanlagen
das Ende des Lebenszyklus erreicht hat. Die durchschnittlichen Kapitalkosten des
Energiesystems für neue Kraftwerke oder Technologien zur Nutzung dezentraler erneuerbarer
Energieträger werden folglich steigen. Zentral ist eine strategische Weichenstellung
für ein künftiges kohlenstoffarmes Wirtschaftssystem und für die Vermeidung von
"Lock-in"-Situationen in der Verwendung fossiler Energieträger. In der
Zunahme der Nachfrage nach kohlenstoffarmen Anlagegütern kann dabei eine Chance
für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft liegen. Die Bedeutung für
Investitionen in Forschung und Entwicklung steigt.
Alle Szenarien sehen außerordentlich
große Energieeinsparungen vor. So sinkt die Primärenergienachfrage laut Szenarienanalyse
bis 2030 um 16% bis 20% und bis 2050 um 32% bis 41% gegenüber den Höchstwerten im
Zeitraum 2005/06 (Abbildung 15). Wenn das BIP weiter expandiert, würde dies eine
absolute Entkoppelung des Endenergieverbrauches vom Wirtschaftswachstum voraussetzen.
Der Anteil erneuerbarer
Energieträger am Endenergieverbrauch (heute rund 10%) erhöht sich in allen Szenarien
markant auf mindestens 55% im Jahr 2050. So erreichen die erneuerbaren Energieträger
im Szenario "Hohe Energieeffizienz" einen Anteil von 64% und im Szenario
"Hoher Anteil erneuerbarer Energieträger" 97% (Abbildung 15).
Wie die Szenarienanalyse
zeigt, wird auf Strom ein wachsender Teil der Endenergienachfrage entfallen; dies
trägt insbesondere zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors sowie des Sektors Heizung
und Kühlung bei. In allen Szenarien ergibt sich bis 2050 auch eine absolute Zunahme
der Stromproduktion gegenüber 2005 (Abbildung 16).
Die kurz- bis mittelfristige
Substitution von Kohle und Erdöl durch Erdgas kann aufgrund der geringeren spezifischen
Emissionen und unter Verwendung gegebener Technologien dazu beitragen, die Emissionen
bis 2030 zu senken. Dabei übernehmen Schiefergas sowie andere Quellen nicht konventionellen
Gases laut Europäischer Kommission eine wichtige Versorgungsfunktion, insbesondere
als Puffer für die volatile Energieversorgung mit erneuerbaren Energieträgern. Mit
der Verwendung von Flüssiggas (LNG) werden die Märkte globaler und der Transport
unabhängiger von Erdgasleitungen. Laut Analysen könnte Erdgas in Kombination mit
der CCS-Technologie in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Wie die Szenarien zeigen,
wird die Technologie der CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Dioxide
Capture and Storage – CCS) einen erheblichen Beitrag
zur Verringerung der Treibhausgasemissionen leisten müssen, wenn der Einsatz von
erneuerbaren Energieträgern oder Kernenergie nicht forciert wird (Abbildung 16).
In jenen Ländern, in denen
derzeit Strom aus Kernenergie erzeugt wird, wird Kernenergie gemäß den Szenarien
auch weiterhin als wichtige Technologie für eine kohlenstoffarme Stromerzeugung
genutzt. Die höchste Verbreitung findet sie in den Szenarien "Verzögerte CCS-Technologie"
und "Diversifizierte Energiebereitstellung" (Abbildung 15).
Die zunehmende Verbreitung
von erneuerbaren Energieträgern erfordert eine entsprechende Infrastruktur für Verteilung,
Verbindung und Langstreckenübertragung. Laut Szenarienanalyse müsste etwa die Verbindungskapazität
zwischen den EU-Ländern bis 2020 um insgesamt 40% gesteigert und danach weiter ausgebaut
werden.
Gemäß dem "Energiefahrplan
2050" der Europäischen Kommission sind Fördermaßnahmen (z. B. Energiesubventionen)
sowie die Bepreisung von CO2-Emissionen als Anreizinstrumente zum Ausgleich
von Wettbewerbsnachteilen neuer Technologien notwendig. Mit hoher Wahrscheinlichkeit
würden aber die langfristigen Kosten des Klimawandels die Investitionskosten für
Klimaschutzmaßnahmen übersteigen.
Eine zusammenfassende Darstellung
der nationalen Reduktionspfade, aus der sich die Strategie zur Umstrukturierung
des europäischen Energiesystems ergeben könnte, fehlt bisher. Die Diskussion der
nationalen Dekarbonisierungspfade liegt aber im Interesse einer europäischen Neuausrichtung
des Energiesystems und ist auch für die nationalen Dekarbonisierungsstrategien von
hoher Relevanz. Für Österreich wurden im Projekt "EnergyTransition" (Köppl et al., 2011) Optionen einer Restrukturierung
des Energiesystems ausgehend von den Energiedienstleistungen in den Bereichen Gebäude,
Mobilität und Industrie analysiert. Die Struktur des Energiesystems in etwa vier
Jahrzehnten hängt demnach davon ab, ob die Entscheidungen der nächsten Jahre geeignet
sind, einen erwünschten Transformationsprozess einzuleiten. Folgende allgemeine
Handlungslinien für Politik, Unternehmen und private Haushalte können abgeleitet
werden:
·
Ein langfristig
nachhaltiges Energiesystem erfordert eine Vervielfachung der derzeitigen Energieproduktivität.
·
Eine Steigerung
der Energieproduktivität geht mit einer Zunahme der Energiequalität ("Exergie")
einher. So würde etwa der Niedertemperaturbedarf sinken, während der Anteil der
Elektrizität am Endverbrauch steigt.
·
Die Energiebereitstellung
muss sich dieser Nachfrageveränderung anpassen. Die erwarteten Nachfrageverschiebungen
hinsichtlich der Qualität von Energie müssen sich in einer Veränderung des Erzeugungsmix
niederschlagen, d. h. der Anteil der Energie mit hoher Exergie (Elektrizität) muss
steigen, während jener der Energie mit niedriger Exergie (z. B. Niedertemperaturwärme)
sinkt.
·
Die Energiebereitstellung
wird zunehmend dezentral erfolgen.
·
Primärenergie
sollte kaskadisch genutzt werden. Einige Rohstoffe wie z. B. Rohöl oder Biomasse
können sowohl stofflich (z. B. zur Herstellung von Polymeren) als auch energetisch
genutzt werden. Einer stofflichen Nutzung mit Recycling und erst anschließender
energetischer Nutzung ist gegenüber einer rein energetischen Nutzung Vorrang zu
geben.
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Climate Change and Energy Economics: Key Indicators and the Energy Roadmap for 2050 – Summary |
With this article, WIFO presents an update of its key indicators of the development of greenhouse gas emissions, energy use and economic performance, employing the latest available emissions data of 2010. Indicators thus mirror the development of energy consumption and greenhouse gas emissions after the economic downturn of 2008-09. Following a decline of emissions by 8.3 percent in 2009, greenhouse gas emissions rose sharply again in 2010, by 6.1 percent due to the economic recovery as much as weather conditions: whereas GDP grew by 2.3 percent, heating days rose by 13.3 percent overall or 8.8 percent in the winter period. Hence, emission efficiency declined. Primary energy consumption rose by 6.1 percent to 1,422 PJ while the use of renewable energy sources grew by 3.2 percent (2009 +3.3 percent). This edition of indicators is complemented by a focal point dealing with the EU Energy Roadmap for 2050 and the long-term perspective of emissions mitigation. |
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[a]) JI (Joint Implementation) und CDM (Clean Development Mechanism) zählen zu den projektbasierten "flexiblen Mechanismen", die im Rahmen des Kyoto-Protokolls zur Erfüllung der Emissionsreduktionsziele genutzt werden können. Eine Emissionsverringerung aus Projekten, die in Entwicklungsländern (Non-Annex-I Countries) umgesetzt wurden, kann im Rahmen des CDM zur Erfüllung der Kyoto-Ziele erworben werden. Im Rahmen von JI kann eine Emissionsverringerung aus Annex-I Countries, also aus Industrieländern, die ebenfalls das Kyoto-Protokoll unterzeichnet haben, erworben werden.
[b]) PRIMES ist ein EU-weites Energiesystemmodell, das aus unterschiedlichen Modulen besteht. So werden die Energiebereitstellung, die -umwandlung und die energetische Endnachfrage anhand unterschiedlicher Modelle abgebildet (die energetische Endnachfrage wird auf nationaler Ebene, die Erdgas und Elektrizitätsmärkte werden auf europäischer Ebene modelliert). Durch ein iteratives Verfahren werden die Gleichgewichte auf den Energiemärkten bestimmt (Krey, 2006, Mantzos - Capros, o. J.).