WIFO

 

Bundesvoranschlag 2012: Proaktive Elemente der Budgetpolitik sind weiter zu stärken

 

Der Bundesvoranschlag 2012 mit angesichts der jüngsten Verschlechterung der Konjunkturaussichten relativ ungünstigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist das zweite "Konsolidierungsbudget" nach der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise. Nach wie vor fehlt eine Einbettung in eine umfassende proaktive Budgetpolitik. Die in wichtigen Zukunftsbereichen (Bildung, Forschung, thermische Sanierung, Universitäten, Kinderbetreuung) gesetzten Akzente wären weiter zu verstärken. Zudem sollte eine aufkommensneutrale wachstums- und beschäftigungsförderliche Umstrukturierung des Abgabensystems in die Wege geleitet werden: Die hohen Abgaben auf Arbeitseinkommen wären insbesondere für die unteren und mittleren Einkommen zu senken; zur Kompensation der Einnahmenausfälle wären schrittweise umweltbezogene und bestimmte vermögensbezogene Steuern (Grundsteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer) zu erhöhen.

 

Begutachtung: Karl Aiginger • Wissenschaftliche Assistenz: Andrea Sutrich • E-Mail-Adressen: Margit.Schratzenstaller@wifo.ac.at, Andrea.Sutrich@wifo.ac.at  

 

INHALT

Der Bundeshaushalt im Überblick

Entwicklung der Verschuldungssituation

Ausgewählte Aspekte der Ausgabenstruktur

Ausgewählte Aspekte der Einnahmenstruktur

Die österreichische Budgetpolitik im europäischen Kontext

Schlussbemerkung

Literaturhinweise

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN

Übersicht 1: Wirtschaftliche Eckdaten. 4

Übersicht 2: Der Bundeshaushalt im Überblick. 6

Übersicht 3: Staatsquoten. 9

Übersicht 4: Gesamtstaatliche Verschuldungskennzahlen. 10

Übersicht 5: Verschuldungskennzahlen der öffentlichen Haushalte. 11

Übersicht 6: Wichtigste Transferausgaben des Bundes. 13

Übersicht 7: Ausgaben des Bundes für Pensionen. 14

Übersicht 8: Entwicklung der Einnahmen des Bundes. 15

Übersicht 9: Anteile der Steuerarten am Bruttosteueraufkommen. 16

Übersicht 10: Staatsquoten im europäischen Vergleich. 18

Übersicht 11: Maastricht-Saldo und Schuldenstand der EU-Länder 20

 

 

Der im Oktober 2011 verabschiedete Bundesvoranschlag 2012 ist eingebettet in den im April 2011 beschlossenen Bundesfinanzrahmen 2012 bis 2015. Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen hatten sich im Jahresverlauf 2011 verbessert, sodass die WIFO-Konjunkturprognose vom September 2011 (Basis für den Bundesvoranschlag 2012) eine günstigere Wirtschaftsentwicklung wiedergibt als die mittelfristige Prognose des WIFO vom Jänner 2011, die dem Bundesfinanzrahmen 2012 bis 2015 zugrundeliegt (Übersicht 1). Die Wachstumsaussichten für 2012 musste das WIFO jedoch bereits in der September-Prognose 2011 nach unten revidieren, eine weitere leichte Abwärtsrevision erfolgte in der jüngsten WIFO-Prognose vom Dezember 2011. Anders als bei der Erstellung des mittelfristigen Finanzrahmens im Frühjahr 2011 erwartet, kann sich somit der Bundesvoranschlag 2012 nicht auf eine Fortsetzung der zunächst unerwartet kräftigen Erholung der Wirtschaft nach der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise stützen. Das BIP dürfte 2012 real um nur 0,4% und nominell um nur 2,7% wachsen.

Der Bundeshaushalt im Überblick

Die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des Bundes war in den letzten Jahren von der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise geprägt (Übersicht 2). Trotz krisenbedingter Mehrausgaben durch Konjunktur- und Bankenhilfsmaßnahmen sowie des Wirkens der automatischen Stabilisatoren schrumpften die Bundesausgaben 2009 um 6,1% und 2010 um 3,1%. Neben einem Basiseffekt im Jahr 2008 (Kosten des Bankenpakets) beruhte dieser Ausgabenrückgang auf einer angesichts des Konjunktureinbruches eher kontraproduktiven restriktiven Ausgabengebarung (unterstützt durch das 2009 implementierte neue Haushaltsrecht des Bundes). Ausgabendämpfend wirkte auch das niedrige Zinsniveau für die Staatsschuld. Erst 2011 war mit +0,8% wieder ein leichter Anstieg der Ausgaben zu verzeichnen. Die kräftige Zunahme um 8,5% laut Bundesvoranschlag 2012, mit der die Bundesausgaben wieder knapp das Niveau des Jahres 2008 erreichen sollen, ergibt sich aus einem Sondereffekt (erstmalige Berücksichtigung der Vorlaufzahlungen)[a]). Bereinigt um diesen Sondereffekt wachsen die Ausgaben um 6,7% und liegen damit immer noch deutlich unter dem Niveau des Jahres 2008. Im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 bedeutet das eine Stagnation bzw. bereinigt um den Sondereffekt der Vorlaufzahlungen einen Rückgang um 0,6% p. a.

 

Übersicht 1: Wirtschaftliche Eckdaten

 

 

 

 

 

 

Mittelfristige WIFO-Prognose

WIFO-Prognose

 

Jänner 2011

Jänner 2012

September 2011

Dezember 2011

 

2009

2010

2011

2012

2009

2010

2011

2012

2010

2011

2012

2010

2011

2012

2013

 

Bruttoinlandsprodukt

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %, real

3,9

+2,0

+2,2

+2,0

3,8

+2,3

+3,2

+0,4

+2,3

+2,9

+0,8

+2,3

+3,2

+0,4

+1,6

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %, nominell

3,1

+3,2

+3,8

+3,8

2,8

+4,1

+5,5

+2,7

+4,1

+4,9

+2,9

+4,1

+5,5

+2,7

+3,2

 

Mrd. €, nominell

274,3

283,2

293,9

305,1

274,8

286,2

301,8

309,9

286,2

300,3

309,1

286,2

301,8

309,9

320,0

 

Verbraucherpreise

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

+0,5

+1,8

+2,1

+1,8

+0,5

+1,9

+3,3

+2,1

+1,9

+3,1

+2,1

+1,9

+3,3

+2,1

+1,9

 

Lohn- und Gehaltssumme, brutto, nominell

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

+0,8

+2,5

+2,8

+2,8

+0,8

+2,4

+4,8

+3,7

+2,4

+4,6

+2,9

+2,4

+4,8

+3,7

+2,4

 

Pro Kopf

+1,5

+1,4

+2,0

+2,3

+1,6

+1,2

+2,7

+2,9

+1,2

+2,7

+2,5

+1,2

+2,7

+2,9

+1,8

 

Unselbständig aktiv Beschäftigte

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

1,4

+1,0

+0,6

+0,5

1,5

+0,8

+1,9

+0,6

+0,8

+1,8

+0,4

+0,8

+1,9

+0,6

+0,4

 

Arbeitslose

 

 

 

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in 1.000

+48,1

9,6

±0,0

+5,5

+48,1

9,5

3,0

+15,2

9,5

4,5

+11,0

9,5

3,0

+15,2

+11,5

 

In 1.000

260,3

250,7

250,7

256,2

260,3

250,8

247,8

263,0

250,8

246,3

257,3

250,8

247,8

263,0

274,5

 

Arbeitslosenquote

 

 

 

 

 

In % der unselbständig Beschäftigten

+7,2

+6,9

+6,8

+6,9

+7,2

+6,9

+6,8

+7,1

+6,9

+6,7

+7,0

+6,9

+6,8

+7,1

+7,4

 

In % der Erwerbspersonen laut Eurostat

+4,8

+4,5

+4,4

+4,5

+4,8

+4,4

+4,2

+4,5

+4,4

+4,2

+4,4

+4,4

+4,2

+4,5

+4,7

 

Q: WIFO.

 

 

 

Glossar

Administrativer Saldo (Nettosaldo): Einnahmen minus Ausgaben; entspricht der Nettoneuverschuldung.

Maastricht-Saldo: Administrativer Saldo bereinigt (gemäß der Definition des ESVG 95) um Buchungen, die zwar mit Einnahmen und Ausgaben verbunden sind, aber volkswirtschaftlich die Haushaltssituation nicht verändern (z. B. wenn die Ursache der Zahlungen in eine Vor- oder Nachperiode fällt oder wenn den Zahlungen Forderungen oder Verbindlichkeiten in gleicher Höhe gegenüberstehen); Zielgröße für die Verpflichtungen gemäß Europäischem Stabilitäts- und Wachstumspakt.

Primärsaldo: Einnahmen minus Ausgaben, ohne Zinszahlungen; Primärdefizit: die Staatseinnahmen sind geringer als die Staatsausgaben ohne Zinszahlungen, die Zinszahlungen des laufenden Jahres werden somit durch die Neuverschuldung gedeckt; Primärüberschuss: die Staatseinnahmen sind höher als die Staatsausgaben ohne Zinszahlungen, sodass die Zinszahlungen des laufenden Jahres aus den laufenden Einnahmen gedeckt werden.

Struktureller Budgetsaldo: Budgetsaldo bereinigt um die zyklische Komponente; entsteht unabhängig vom Konjunkturverlauf.

Bruttosteuereinnahmen: Einnahmen aus ausschließlichen Bundesabgaben und gemeinschaftlichen Bundesabgaben vor Überweisungen an Bundesfonds, Länder, Gemeinden und die EU.

Nettosteuereinnahmen: Einnahmen aus ausschließlichen und gemeinschaftlichen Bundesabgaben (Bruttosteuereinnahmen) abzüglich Überweisungen an Bundesfonds, Länder, Gemeinden und die EU.

Rücklagen: Beträge, die in einem Haushaltsjahr nicht ausgegeben werden und daher für das folgende Jahr zur Verfügung stehen.

Swaps: Vereinbarungen, wonach Zahlungen, die sich auf gleiche Verbindlichkeiten beziehen, in einem bestimmten Zeitraum zu vorher festgelegten Bedingungen geleistet werden.

 

 

 

Übersicht 2: Der Bundeshaushalt im Überblick

 

 

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

2009

2010

2011

2012

Ø 2008/ 2012

 

Erfolg

Voranschlag

Vorläufiger Erfolg

Voranschlag

 

Mio. €

 

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Einnahmen

64.435

62.376

59.434

62.540

63.452

64.408

3,2

4,7

+6,8

+1,5

0,0

 

Ausgaben1)

73.999

69.457

67.287

70.162

67.814

73.585

6,1

3,1

+0,8

+8,5

0,1

 

Administrativer Saldo

9.564

7.080

7.853

7.622

4.362

9.177

26,0

+10,9

44,5

+110,4

1,0

 

Maastricht-Saldo

1.328

8.767

9.720

8.725

8.150

8.170

+560,1

+10,9

16,2

+0,2

+57,5

 

 

 

 

 

Bruttosteuereinnahmen

44.961

37.638

39.816

41.477

41.931

43.737

16,3

+5,8

+5,3

+4,3

0,7

 

Nettosteuereinnahmen

68.528

63.314

65.492

68.980

69.858

72.525

7,6

+3,4

+6,7

+3,8

+1,4

 

 

 

 

 

In % des BIP

 

 

 

 

 

 

 

 

Einnahmen

22,8

22,7

20,8

21,4

21,0

20,8

 

 

Ausgaben

26,1

25,3

23,5

24,0

22,5

23,8

 

 

Administrativer Saldo

3,4

2,6

2,7

2,6

1,4

3,0

 

 

Maastricht-Saldo

0,7

3,2

3,4

3,0

2,7

2,6

 

 

 

 

 

Bruttosteuereinnahmen

24,2

23,0

22,9

23,6

23,1

23,5

 

 

Nettosteuereinnahmen

15,9

13,7

13,9

14,2

13,9

14,1

 

 

Q: Rechnungshof; Bundesministerium für Finanzen, Budgetbericht 2012; WIFO-Berechnungen. 1) 2012: Sondereffekt durch erstmalige Berücksichtigung der Vorlaufzahlungen von 1.252 Mio. €.

 

2009 sanken die Einnahmen des Bundes gegenüber dem Vorjahr um 3,2%, 2010 um 4,7%. Mit getragen durch die einnahmenseitigen Konsolidierungsmaßnahmen[b]) des im Oktober 2010 in Loipersdorf vereinbarten "Konsolidierungspaketes I", das 2011 implementiert wurde, sowie durch die unerwartet rasche Konjunkturerholung war 2011 ein kräftiger Einnahmenzuwachs von 6,8% zu verzeichnen. 2012 wird mit einem Anstieg der Einnahmen um 1,5% gerechnet. Im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 ergibt sich eine Stagnation; die prognostizierten Einnahmen des Jahres 2012 erreichen knapp das Niveau von 2008.

Die Einnahmenentwicklung ist in hohem Ausmaß determiniert durch die Bruttosteuereinnahmen des Bundes (Übersicht 8). Sie brachen 2009 aufgrund des BIP-Rückganges sowie der Implementierung der Steuerreform 2009/10 um 7,6% ein, stiegen in den Folgejahren jedoch dank der raschen Konjunkturerholung sowie der Steuererhöhungen im Konsolidierungspaket I wieder deutlich (2010 +3,4%, 2011 +6,7%). In beiden Jahren übertrafen die realisierten Steuereinnahmen konjunkturbedingt den Voranschlag. Für 2012 wird ein Anstieg der Bruttosteuereinnahmen um 3,8% erwartet. Die Nettosteuereinnahmen des Bundes verlaufen entsprechend: Nach einem drastischen Einbruch um 16,3% 2009 (der neben dem Konjunktureinbruch auf eine Umstellung eines Teils der Bundestransfers an die Länder auf Ertragsanteile zurückzuführen war) wuchsen sie 2010 um 5,8% und 2011 um 5,3%; für 2012 ist ein Zuwachs von 4,3% veranschlagt. Seit 2008 stiegen die Bruttosteuereinnahmen im Jahresdurchschnitt um 1,4%, während die Nettosteuereinnahmen des Bundes (primär bedingt durch den genannten Sondereffekt) um 0,7% p. a. zurückgingen.

Das im Februar 2012 vereinbarte "Konsolidierungspaket II" wird den Bundeshaushalt bereits im Jahr 2012 betreffen; auf den Bund entfällt ein Konsolidierungsvolumen von insgesamt 1,53 Mrd. € (Mehreinnahmen 1,18 Mrd. €, Minderausgaben 0,35 Mrd. €). Der Großteil der Maßnahmen des Konsolidierungsprogrammes, das im Zeitraum 2012/2016 ein kumuliertes Volumen von 20,74 Mrd. € für den Bund bzw. 27,87 Mrd. € für den Gesamtstaat erreichen soll, wird jedoch erst ab dem Jahr 2013 (oder später) in Kraft treten bzw. wirksam werden[c]).

 

Der Bundeshaushalt im Überblick

Gebarungserfolg 2011

Gemäß vorläufigem Gebarungserfolg erreichten die Einnahmen des Bundes 2011 63,45 Mrd. € und übertrafen somit primär aufgrund unerwartet hoher Steuereinnahmen (insbesondere Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer auf Dividenden, während die aus Kapitalertragsteuer auf Zinsen und Mineralölsteuer hinter dem Voranschlag zurückblieben) den Voranschlag (62,54 Mrd. €) um 0,91 Mrd. €. Sie stiegen damit gegenüber dem Vorjahr um 6,8%. Die Ausgaben des Bundes lagen mit 67,81 Mrd. € um 2,35 Mrd. € unter dem Voranschlag (70,16 Mrd. €); dies entspricht einem Zuwachs von 0,8%. Dass die Zinsausgaben geringer waren als veranschlagt, trug erheblich zu den Ausgabeneinsparungen (0,93 Mrd. €) bei; unter dem Voranschlag blieben aufgrund kräftiger Beitragseinnahmen auch die Überweisungen des Bundes an die Pensionsversicherung (0,5 Mrd. €) sowie die Ausgaben einiger weiterer Ressorts (vor allem Landwirtschaft, Umwelt und Wissenschaft). Damit betrug der administrative Saldo nicht wie geplant 7,62 Mrd. €, sondern nur 4,36 Mrd. € (um 3,26 Mrd. € unter dem präliminierten Wert), der Maastricht-Saldo des Bundes lag mit 8,15 Mrd. € (2,7% des BIP) um 0,58 Mrd. € unter dem Voranschlag von 8,73 Mrd. € (3% des BIP).

Bundesvoranschlag 2012

Der Bundesvoranschlag 2012 sieht einen Anstieg der Einnahmen um 1,5% auf 64,41 Mrd. € und der Ausgaben um 8,5% auf 73,59 Mrd. € vor (bereinigt um Vorlaufzahlungen +6,7% auf 72,3 Mrd. €). Daraus resultiert ein administratives Defizit von 9,18 Mrd. € bzw. ein Maastricht-Defizit von 8,17 Mrd. € (2,6% des BIP).

Mittelfristige Finanzplanung – Bundesfinanzrahmen 2012-2015

Der Bundesfinanzrahmen 2012-2015 sieht eine Erhöhung der Einnahmen des Bundes von 64,17 Mrd. € 2012 auf 71,12 Mrd. € 2015 vor. Die Ausgaben sollen von 73,59 Mrd. € auf 75,49 Mrd. € zunehmen. Damit wird der administrative Saldo des Bundes von 9,42 Mrd. € auf 4,36 Mrd. € gesenkt. Der Maastricht-Saldo wird von rund 8,3 Mrd. € (2,7% des BIP) auf 5,6 Mrd. € (1,6% des BIP) verringert. Für 2012 entsprechen die Ausgaben laut Bundesvoranschlag den im Bundesfinanzrahmen veranschlagten. Die Obergrenzen für die fixen Ausgaben wurden durch Verwendung von Rücklagen (im Umfang von 0,42 Mrd. €) eingehalten, mit deren Hilfe zusätzlicher Ausgabenbedarf (im Wesentlichen für die Dotierung des Mitte 2011 eingerichteten Pflegefonds, im Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie Umwelt) gedeckt wird. Die Einnahmenschätzungen des Bundesfinanzrahmens wurden aufgrund der Auflösung von Rücklagen, die als sonstige Einnahmen verbucht werden, leicht nach oben revidiert.

 

Die gesamtstaatliche Ausgabenquote hatte im Vorkrisenjahr 2007 mit 48,5% des BIP ihren niedrigsten Wert seit 1977 erreicht; sie stieg bis 2009[d]) auf 52,9% des BIP und ging in den Folgejahren aufgrund der Konjunkturerholung und der ausgabenseitigen Konsolidierungsmaßnahmen langsam wieder zurück (Übersicht 3). Mit 51,2% des BIP wird sie 2012 deutlich unter dem bisherigen Höchstwert von 56,4% (1993) liegen.

 

Übersicht 3: Staatsquoten

 

 

1995

2000

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

In % des BIP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ausgabenquote1)

56,2

51,8

49,9

49,0

48,5

49,3

52,9

52,5

51,5

51,2

Einnahmenquote

50,4

50,1

48,2

47,5

47,6

48,3

48,7

48,1

47,9

48,0

Maastricht-Saldo

5,8

1,7

1,7

1,5

0,9

0,9

4,1

4,4

3,6

3,2

Abgabenquote2)

41,4

43,0

42,1

41,5

41,7

42,7

42,6

42,0

42,0

42,1

Q: Statistik Austria; Bundesministerium für Finanzen, Bundesfinanzgesetz 2012. 1) Harmonisiert (ohne Swaps). 2) Ohne imputierte Sozialbeiträge.

 

Die Einnahmenquote des Gesamtstaates hatte 2006 mit 47,5% des BIP ihr niedrigstes Niveau seit 1983 erreicht. Obwohl die Steuereinnahmen 2009 wegen der Wirtschaftskrise und der Steuersenkungen einbrachen, erhöhte sie sich auf 48,7% des BIP und stagniert seither bei etwa 48% des BIP. Analog verlief die Entwicklung der Abgabenquote, die 2001 ihren bisherigen Höchstwert von 44,9% des BIP erreicht hatte und anschließend auf unter 42% des BIP gesunken war. Sie stieg in den Jahren 2008 und 2009 auf 42,7% bzw. 42,6% des BIP und verharrt in den Folgejahren bei etwa 42% des BIP. Damit wird die Abgabenquote anders als Ausgaben- und Einnahmenquote 2012 höher sein als 1995.

Entwicklung der Verschuldungssituation

Angesichts der Staatsschuldenkrise in der EU sowie der auch in Österreich primär krisenbedingten deutlichen Verschlechterung der Verschuldungskennzahlen seit Ausbruch der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008 sind diese Indikatoren für Budgetanalysen aktuell von besonderem Interesse. Übersicht 4 zeigt wichtige Verschuldungskennzahlen für Österreich gemäß den Prognosen vom April 2011 für die Jahre 2011 bis 2015 (laut Strategiebericht[e]) für den mittelfristigen Finanzrahmen 2012 bis 2015 bzw. österreichischem Stabilitätsprogramm für die Jahre 2010 bis 2014).

Demnach sollte das Maastricht-Defizit des Gesamtstaates von seinem Höchstwert von 4,6% des BIP im Jahr 2010[f]) bis zum Jahr 2015 schrittweise auf 2% des BIP gesenkt werden. Das um Konjunkturschwankungen und Einmaleffekte bereinigte strukturelle Defizit sollte ebenfalls 2010 seinen Höchstwert erreicht haben (3,2% des BIP) und schrittweise auf 1,9% des BIP 2014 verringert werden. Der Schuldenstand, der im Vorkrisenjahr 2007 gut 60% des BIP betragen hatte, sollte bis 2013 auf 75,5% des BIP steigen und in den Folgejahren wieder langsam sinken.

Somit wäre die Finanzplanung im Frühjahr 2011 zwar den Ratsempfehlungen im Rahmen des Verfahrens zur Beseitigung eines übermäßigen Defizits ("excessive deficit procedure") mit Bezug auf das Maastricht-Defizit gefolgt: Dieses wäre, wie vorgegeben, bis 2013 auf unter 3% des BIP gesenkt worden. Nicht erfüllt wäre die gleichzeitig geltende Vorgabe, das strukturelle Defizit in den Jahren 2011 bis 2013 (also bis zum Abschluss des Verfahrens zur Beseitigung eines übermäßigen Defizits) um mindestens 0,75% des BIP p. a. und in den Folgejahren bis zur Erreichung des mittelfristigen Haushaltszieles (strukturelles Defizit von höchstens 0,5% des BIP) um jährlich 0,5% des BIP zu senken.

 

Übersicht 4: Gesamtstaatliche Verschuldungskennzahlen

Stand April 2011

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

In % des BIP

 

 

Maastricht-Saldo1)

0,9

0,9

4,1

4,6

3,9

3,3

2,9

2,4

2,0

Struktureller Budgetsaldo

.

.

.

3,2

2,8

2,4

2,1

1,9

.

Öffentliche Verschuldung

60,2

63,8

69,5

72,3

73,6

75,0

75,5

75,1

74,4

Q: Bis 2009: Statistik Austria, ab 2010 Bundesministerium für Finanzen (2011B, 2011C). 1) Einschließlich VGR-Revisionen.

 

Übersicht 5 zeigt die tatsächlichen bzw. (ab 2011) prognostizierten Verschuldungskennzahlen mit Stand vom Oktober 2011, wie sie zusammen mit dem Bundesvoranschlag 2012 vorgelegt wurden. Demnach sollte sich für den Gesamtstaat der Maastricht-Saldo von 4,4% des BIP 2010 auf 3,6% 2011 verringern; obwohl das Defizit 2011 durch die statistische Revision um 0,2% des BIP höher ausfiel als laut Frühjahrsplanung, sollte es damit primär aufgrund der unerwartet hohen Steuereinnahmen niedriger gewesen sein als prognostiziert. Für 2012 wird mit einem Maastricht-Defizit von 3,2% des BIP gerechnet. Der Großteil des Maastricht-Defizits entfällt auch 2012 wie üblich mit 2,6% des BIP auf den Bund. Länder und Gemeinden, die insgesamt bis 2008 einen geringfügigen Budgetüberschuss erwirtschafteten, werden aber mit einem Defizit von 0,6% des BIP ihre Neuverschuldung ebenfalls gegenüber den Vorjahren etwas verringern. Diese Zielwerte entsprechen im Wesentlichen jenen des Mitte 2011 neu vereinbarten innerösterreichischen Stabilitätspaktes 2011 bis 2014, der ein gesamtstaatliches Defizit von 3,3% des BIP vorsieht (Bund 2,7%, Länder und Gemeinden 0,6% des BIP). Diese Prognose rechnet damit, dass der Schuldenstand des Gesamtstaates bis 2012 auf 74,6% des BIP steigt.

 

Übersicht 5: Verschuldungskennzahlen der öffentlichen Haushalte

Stand Oktober 2011

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

In % des BIP

Maastricht-Saldo nach Rechtsträgern

Gesamtstaat

0,9

0,9

4,1

4,4

3,6

3,2

Bund

0,9

1,1

3,2

3,4

2,9

2,6

Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger

±0,0

+0,2

0,9

1,0

0,7

0,6

Schuldenstand

Gesamtstaat

60,2

63,8

69,5

71,8

72,4

74,6

Bund

54,5

57,6

61,5

62,6

.

.

Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger

5,7

6,2

8,0

9,2

.

.

Langfristige Verbindlichkeiten1) von Unternehmen öffentlicher Gebietskörperschaften

11,2

11,0

10,7

11,2

10,7

10,4

Unternehmen des Bundes2)

6,7

6,5

6,9

7,5

7,2

7,0

Marktbestimmte Betriebe der Gemeinden2)

4,5

4,4

3,8

3,7

3,5

3,4

Q: Statistik Austria, Bundesministerium für Finanzen, Staatsschuldenausschuss, WIFO-Berechnungen. + . . . Überschuss,  – . . . Defizit. 1) Kapitalmarktfinanzierungen mit einer originären Laufzeit von über einem Jahr sowie Kapitalmarktfinanzierungen der Gebietskörperschaften im Auftrag der außerbudgetären Einheiten. 2) Nach Abzug der bereits im Staatssektor gemäß ESVG 1995 enthaltenen Verbindlichkeiten. Fortschreibung 2011 und 2012 auf Basis von 2010.

 

Neben den in der Schuldenquote abgebildeten Schulden des Sektors Staat in der Abgrenzung des ESVG sind für ein umfassendes Bild von der Verschuldungssituation der öffentlichen Hand im weiteren Sinne (Schratzenstaller, 2011) die Verbindlichkeiten der ausgegliederten Unternehmen öffentlicher Gebietskörperschaften zu berücksichtigen. Die Datenlage ist hier nach wie vor unbefriedigend. Auf der Gemeindeebene liegen etwa (u. a. aufgrund der Umstellung der Datenerfassung der Gemeindeverbände durch Statistik Austria) nur unvollständige Angaben für die Verbindlichkeiten der ausgegliederten (marktbestimmten) Unternehmen vor. Aber auch für die Bundesländer gibt es konsistente und vergleichbare Daten nur für die inzwischen nach einer Eurostat-Entscheidung vom März 2011 wieder in die Schulden des Sektors Staat eingegliederten Krankenanstaltenbetriebsgesellschaften, nicht aber für eventuelle weitere ausgegliederte Einheiten.

Aus einer gesamtstaatlichen Perspektive gibt der Staatsschuldenausschuss in seinen jährlichen Berichten die langfristigen Verbindlichkeiten der Unternehmen der Gebietskörperschaften an und differenziert auch danach, ob diese in der offiziellen Schuldenquote enthalten sind oder nicht. In den Budgetunterlagen des BMF werden dagegen lediglich für die Unternehmen des Bundes sämtliche Finanzverbindlichkeiten (also neben den lang- auch die kurzfristigen Verbindlichkeiten) ausgewiesen, ohne Differenzierung, ob sie dem Sektor Staat zuzurechnen und damit in der Schuldenquote zu berücksichtigen sind oder nicht. Während diese Unterscheidung bislang insofern keine Relevanz hatte, als die Verbindlichkeiten der quantitativ bedeutenden ausgegliederten Unternehmen des Bundes (BIG, ÖBB, ASFINAG) sämtlich nicht dem Sektor Staat zugeschlagen wurden, ist sie seit der erwähnten statistischen Revision vom März 2011 durchaus relevant: Nunmehr ist nämlich ein Teil der Verbindlichkeiten sowie der Neuverschuldung der ÖBB Infrastruktur dem Bund zuzurechnen. Überdies differieren die Angaben in den Budgetunterlagen und im ebenfalls vom BMF erstellten Ausgliederungsbericht des Bundes.

Laut den Daten des Staatsschuldenausschusses betrugen die langfristigen Verbindlichkeiten der Unternehmen des Bundes und der Gemeinden, die nicht in der Schuldenquote enthalten sind, im Jahr 2010 32,1 Mrd. € bzw. 11,2% des BIP (Übersicht 5). Schreibt man die Werte für 2010 für 2011 und 2012 in unveränderter Höhe fort (da keine Schätzungen verfügbar sind), dann erreichen die langfristigen außerbudgetären Verbindlichkeiten von Bund und Gemeinden zusammen 10,7% des BIP 2011 bzw. 10,4% 2012. Allerdings ist ein weiterer steigender Trend eher plausibel, da sich die langfristigen Verbindlichkeiten des Bundes ähnlich entwickeln dürften wie die im Budgetbericht ausgewiesenen gesamten Finanzverbindlichkeiten (2011 und 2012 jeweils +7,6%).

Ausgewählte Aspekte der Ausgabenstruktur

Der Anteil der Transferausgaben an den gesamten Bundesausgaben steigt mittelfristig: Wurden 2000 noch 35% der Gesamtausgaben des Bundes für Transfers verwendet, so werden es 2012 laut Bundesvoranschlag bereits 43,6% der Gesamtausgaben sein (bereinigt 44,3%). Von konstant hoher Bedeutung sind die Ausgaben für Alterssicherung mit 62,7% der Transferausgaben vor den familienbezogenen Ausgaben mit 19,8%. Der jüngste Anstieg des Anteils des Pflegegeldes an den gesamten Transferausgaben beruht auf der Dotierung des neu eingerichteten Pflegefonds sowie der Übertragung der Landespflegegeldleistung an den Bund. Die Familienausgaben verlieren dagegen gemäß dem ersten Konsolidierungspaket leicht an Gewicht.

 

Übersicht 6: Wichtigste Transferausgaben des Bundes

 

2000

2009

2010

20111)

2012

2012

Ø 2000/2012

Erfolg

Voranschlag

 

 

Mio. €

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

Alterssicherung

11.901

17.165

18.073

18.625

20.107

+8,0

+4,5

Pensionen Bundesbedienstete

2.499

3.321

3.367

3.535

3.914

+10,7

+3,8

Pensionsaufwandsersätze für Landeslehrpersonal

697

1.069

1.138

1.152

1.297

+12,6

+5,3

Pensionen Postbedienstete

872

1.190

1.199

1.216

1.320

+8,5

+3,5

Pensionen ÖBB-Bedienstete

1.695

2.054

2.068

2.141

2.365

+10,5

+2,8

Zuschüsse zur Pensionsversicherung2)

6.139

9.530

10.300

10.582

11.211

+6,0

+5,1

Familien

4.322

6.188

6.528

6.335

6.331

0,1

+3,2

Familienbeihilfen

2.787

3.444

3.447

3.211

3.168

1,3

+1,1

Karenzgeld, Kinderbetreuungsgeld3)

421

1.156

1.155

1.127

1.158

+2,7

+8,8

Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten

77

550

825

852

811

4,9

+21,6

Sonstige

1.037

1.038

1.101

1.145

1.195

+4,3

+1,2

Arbeitslosenunterstützung

1.859

2.796

2.962

2.914

3.186

+9,3

+4,6

Pflegegeld

1.264

1.773

1.855

1.915

2.427

+26,7

+5,6

 

Insgesamt

19.347

27.921

29.418

29.790

32.051

+7,6

+4,3

 

 

 

 

 

Anteile in %

 

Alterssicherung

61,5

61,5

61,4

62,5

62,7

Familien

22,3

22,2

22,2

21,3

19,8

Arbeitslosenunterstützung

9,6

10,0

10,1

9,8

9,9

Pflegegeld

6,5

6,3

6,3

6,4

7,6

Q: Bundesministerium für Finanzen, WIFO-Berechnungen. 1) Vorläufiger Erfolg noch nicht verfügbar. 2) Einschließlich Ausgleichszulagen und Überweisungen an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger. 3) Einschließlich Kleinkindbeihilfen und Mutter-Kind-Pass-Bonus.

 

Die Nettoausgaben des Bundes für Pensionen (Bruttoausgaben abzüglich entsprechender Einnahmen, im Wesentlichen der Pensionsbeiträge der verschiedenen Empfänger öffentlicher Pensionen) stiegen seit 2000 um 4,8% p. a. 2012 erreichen die Bruttopensionsausgaben des Bundes voraussichtlich 27,3% der Gesamtausgaben des Bundes (bereinigt 27,8%), die Nettopensionsausgaben 25,1% (bereinigt 25,5%). Die Zuschüsse des Bundes zur Pensionsversicherung, der größte Einzelposten innerhalb der Bruttopensionsausgaben des Bundes, entwickeln sich mit +6,8% p. a. seit 2000 besonders dynamisch. Auch die an die Länder geleisteten Pensionsaufwandsersätze für das Landeslehrpersonal wachsen mit +5,3% pro Jahr überdurchschnittlich stark.

Übersicht 7: Ausgaben des Bundes für Pensionen

 

2000

2009

2010

20111)

2012

2012

Ø 2000/
2012

Erfolg

Voranschlag

 

Mio. €

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

 

 

 

 

 

Summe Ausgaben brutto

11.901

17.165

18.135

18.625

20.107

+8,0

+4,5

Pensionen Bundesbedienstete

2.499

3.321

3.429

3.535

3.914

+10,7

+3,8

Pensionsaufwandsersätze für Landeslehrpersonal

697

1.069

1.138

1.152

1.297

+12,6

+5,3

Pensionen Postbedienstete

872

1.190

1.199

1.216

1.320

+8,5

+3,5

Pensionen ÖBB-Bedienstete

1.695

2.054

2.068

2.141

2.365

+10,5

+2,8

Zuschüsse zur Pensionsversicherung

4.152

7.655

8.206

8.568

9.175

+7,1

+6,8

Ausgleichszulagen

741

996

990

998

1.002

+0,4

+2,5

Überweisungen an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger

1.246

880

1.105

1.016

1.035

+1,9

1,5

 

Summe Einnahmen

1.412

1.591

1.491

1.554

1.632

+5,1

+1,2

Pensionsbeiträge der Bundesbediensteten

561

588

586

608

665

+9,4

+1,4

Beiträge gemäß §13 PG

47

130

133

132

138

+4,4

+9,4

Beiträge von Landeslehrpersonal

14

40

41

42

45

+6,1

+10,4

Pensionsbeiträge Post

273

211

211

217

223

+2,9

1,7

Pensionsbeiträge und -sicherungsbeiträge ÖBB

435

400

390

374

388

+3,6

0,9

Sonstige Pensionseinnahmen

82

223

130

181

174

3,9

+6,4

 

Nettoausgaben für Pensionen

10.490

15.574

16.644

17.071

18.475

+8,2

+4,8

Q: Bundesministerium für Finanzen, WIFO-Berechnungen. 1) Vorläufiger Erfolg noch nicht verfügbar.

 

Ausgewählte Aspekte der Einnahmenstruktur

Die Gesamteinnahmen des Bundes stagnieren im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 (Übersicht 8). Sie speisen sich 2012 laut Bundesvoranschlag zu zwei Dritteln aus den Nettoabgabeneinnahmen (Ertragsanteile des Bundes an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben und Einnahmen aus den ausschließlichen Bundesabgaben) und zu 15,9% aus den steuerähnlichen Einnahmen (im Wesentlichen Arbeitslosenversicherungsbeiträge und Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds). Zwischen 2008 und 2012 wachsen die Bruttosteuereinnahmen des Bundes um nur 1,4% p. a., vor allem wegen des krisenbedingten Einbruches der Steuereinnahmen im Jahr 2009 sowie der ab 2009 wirksamen Steuerreform 2009/10. Dieselben Faktoren bewirken zusammen mit dem oben genannten Sondereffekt der Umstellung des größten Teils der Bundestransfers an die Bundesländer auf Ertragsanteile einen Rückgang der Nettosteuereinnahmen des Bundes um 0,7% pro Jahr. Die steuerähnlichen Einnahmen dagegen, die infolge der Krise langsamer wuchsen, aber nicht sanken, nehmen seit 2008 um 2,8% p. a. zu.

2011 überstieg wie schon 2010 der Abgabenerfolg die veranschlagten Bruttosteuereinnahmen des Bundes deutlich, mit überplanmäßigen Einnahmen von 0,87 Mrd. € (Übersicht 8). Damit wurde das Niveau des Vorkrisenjahres 2008 erstmals wieder übertroffen. Bedingt durch die kräftige Konjunkturerholung sowie die steuerlichen Konsolidierungsmaßnahmen nahmen die Bruttosteuereinnahmen 2011 gegenüber dem Vorjahr um 6,7% zu. Über dem Voranschlag lagen die Einnahmen aus Lohn- und veranlagter Einkommensteuer (um jeweils 0,18 Mrd. €), insbesondere aber aus der Körperschaftsteuer (+0,78 Mrd. €) und der Kapitalertragsteuer auf Dividenden (+0,15 Mrd. €). Unter den Schätzungen blieben die Einnahmen aus der Kapitalertragsteuer auf Zinsen (0,47 Mrd. €), der Umsatzsteuer (0,21 Mrd. €) und der Mineralölsteuer (0,14 Mrd. €).

2012 wird mit einem Anstieg der Bruttosteuereinnahmen um 3,8% und der Nettosteuereinnahmen um 4,3% gerechnet. Eine besonders dynamische Entwicklung wird für Lohn- und veranlagte Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuern erwartet.

 

Übersicht 8: Entwicklung der Einnahmen des Bundes

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2011

2012

Ø 2008/2012

Erfolg

Vorläufiger Erfolg

Voranschlag

Jährliche Veränderung in %

Mio. €

 

 

Öffentliche Abgaben, brutto

68.528

63.314

65.492

69.853

68.980

72.525

+1,4

Lohnsteuer

21.308

19.897

20.433

21.784

21.600

23.000

+1,9

Veranlagte Einkommensteuer

2.742

2.605

2.668

2.678

2.500

2.850

+1,0

Körperschaftsteuer

5.934

3.834

4.633

5.277

4.500

5.500

1,9

Kapitalertragsteuern

3.750

3.015

2.556

2.712

3.030

2.950

5,8

Umsatzsteuer

21.853

21.628

22.467

23.391

23.600

24.100

+2,5

Verbrauchsteuern

5.633

5.582

5.684

6.103

6.236

6.270

+2,7

Verkehrsteuern

5.027

4.953

5.116

5.627

5.251

5.672

+3,1

Sonstige

2.280

1.798

1.934

2.280

2.263

2.183

1,1

Abzüglich

 

Überweisungen an Länder, Gemeinden usw.

21.517

23.397

23.340

25.414

25.104

26.288

+5,1

Überweisungen an den EU-Haushalt

2.050

2.279

2.336

2.512

2.400

2.500

+5,1

 

 

Öffentliche Abgaben, netto

44.961

37.638

39.816

41.926

41.476

43.737

0,7

Überweisungen Abgabenanteile

1.759

1.609

1.658

1.812

1.787

1.884

+1,7

Steuerähnliche Einnahmen

9.165

9.278

9.608

10.032

9.762

10.242

+2,8

Arbeitslosenversicherungsbeiträge

4.710

4.615

4.771

5.021

4.847

5.000

+1,5

Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds

4.399

4.624

4.762

4.977

4.875

5.111

+3,8

Sonstige Einnahmen1)

14.849

13.851

8.352

9.681

9.515

8.545

12,9

 

 

Einnahmen insgesamt

64.435

62.376

59.434

63.452

62.540

64.408

±0,0 

Q: Bundesministerium für Finanzen, Bundesfinanzgesetz 2012. 1) 2008 bereinigt, Wert nach neuem Haushaltsrecht. 2009 einschließlich einmaliger Entnahme aus der Ausgleichrücklage.

 

 

 

 

 

Übersicht 9: Anteile der Steuerarten am Bruttosteueraufkommen

 

 

 

 

 

Steuern vom Einkommen

Steuern vom Aufwand

Umsatzsteuer

Steuern vom Vermögen

Insgesamt

Einkommensteuer

Körperschaftsteuer

Lohnsteuer

Insgesamt

Energie-bezogene Steuern

In %

 

1990

42,9

7,9

3,2

24,8

50,6

4,6

36,3

4,1

1995

46,7

5,8

5,4

28,8

50,8

6,0

34,5

1,7

2000

47,1

5,6

7,7

28,7

50,5

6,5

33,9

1,4

2001

50,8

7,1

11,1

27,9

47,1

6,5

30,9

1,3

2002

48,5

5,7

8,3

29,5

49,3

6,9

32,1

1,2

2003

49,5

5,0

8,1

31,7

49,2

7,5

30,8

1,3

2004

48,0

5,0

8,0

30,5

50,3

7,7

32,3

1,3

2005

46,6

4,4

7,7

29,6

51,7

7,6

34,0

1,4

2006

47,1

4,2

8,0

30,0

50,4

7,0

33,4

1,5

2007

49,5

4,1

8,9

30,4

48,5

6,9

32,2

1,5

2008

50,5

4,0

8,7

31,1

47,6

6,7

31,9

1,3

2009

47,8

4,1

6,1

31,4

51,0

7,0

34,2

1,4

2010

47,6

4,1

7,1

31,2

50,8

7,0

34,3

1,4

2011 1)

47,2

3,6

6,5

31,3

50,6

7,5

34,2

2,0

2012 2)

48,7

3,9

7,6

31,7

49,2

7,3

33,2

1,9

Q: Bundesministerium für Finanzen, WIFO-Berechnungen. 1) Laut vorläufigem Erfolg. 2) Laut Bundesvoranschlag.

 

Der langsame, aber stetige Bedeutungsgewinn der Lohnsteuer innerhalb der Bruttosteuereinnahmen wurde durch die Steuersenkung 2009/10 nur vorübergehend gebremst (Übersicht 9). 2012 wird der Anteil der Lohnsteuer auf 31,7% steigen; 1990 hatte er noch 24,8% betragen. Die Umsatzsteuer ist nach wie vor die aufkommenstärkste Einzelsteuer, wenn auch mit eher sinkendem Gewicht: Ausgehend von 36,3% 1990 wird ihr Anteil an den gesamten Bruttosteuereinnahmen auf 33,2% 2012 sinken. Die Einnahmen aus energiebezogenen Steuern nähern sich mit einem Anteil von 7,3% langsam wieder ihrem Höchstwert von 7,7% im Jahr 2004. Die Steuern vom Vermögen werden unter Berücksichtigung der 2011 eingeführten Bankenabgabe 2012 1,9% der gesamten Bruttosteuereinnahmen erreichen. Nach dem krisenbedingten Einbruch 2009 erholen sich die Körperschaftsteuererträge wieder und werden 2012 7,6% der Bruttosteuereinnahmen beisteuern. In den letzten zwei Jahrzehnten verringerte sich der Beitrag der veranlagten Einkommensteuer deutlich, insbesondere aufgrund der verschiedenen Tarifsenkungen und der dauerhaften oder vorübergehenden zusätzlichen Ausnahmebestimmungen sowie auch der nach der Körperschaftsteuersenkung 2005 erhöhten Differenz zwischen Körperschaftsteuersatz und Einkommensteuerspitzensatz, die einen Anreiz für die Umwandlung von einkommensteuerpflichtigen Personen- in körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaften bieten dürfte.

Die österreichische Budgetpolitik im europäischen Kontext

Der Verlauf der Staatsquoten in der EU seit dem Vorkrisenjahr 2007 spiegelt die mit Ausbruch der Krise zunächst expansive, ab 2011 aber zunehmend restriktive Fiskalpolitik in der Mehrzahl der EU-Länder wider. Die Ausgabenquote stieg nach der jüngsten Herbstprognose der Europäischen Kommission im Durchschnitt der EU 27 von 45,6% des BIP 2007 (EU 15: 46%) auf 50,6% im Jahr 2010 (EU 15: 51,2%; Übersicht 10). In der Folge wird ein kontinuierlicher Rückgang bis auf 48,4% 2013 erwartet (+2,8 Prozentpunkte gegenüber 2007; EU 15: 48,9%, +3,0 Prozentpunkte). Die Einnahmenquote ging dagegen im Durchschnitt der EU 27 zunächst von 44,7% 2007 auf 44,1% 2010 zurück (EU 15 von 45,1% auf 44,6%) und wird bis 2013 voraussichtlich auf 45,2% steigen (EU 15: 45,7%). Analog entwickelt sich die Abgabenquote: Sie verringerte sich zwischen 2007 und 2010 im Durchschnitt der EU 27 von 39,7% auf 38,6% (EU 15 von 40,1% auf 39,2%) und wird sich bis 2013 auf 39,7% erhöhen (EU 15: 40,2%). Während damit die Einnahmenquote 2013 im EU-Durchschnitt um etwa 0,5 Prozentpunkte höher sein dürfte als 2007, wird die Abgabenquote wieder dem Vorkrisenniveau entsprechen. Österreichs Ausgabenquote ist überdurchschnittlich hoch (2007: 48,6%, 2013: 51%); sie entwickelt sich ähnlich dem EU-Durchschnitt, allerdings ist ihr Anstieg etwas geringer, sodass sich die Lücke gegenüber dem EU-Durchschnitt geringfügig verringert. Auch die Einnahmen- und die Abgabenquote liegen über dem EU-Durchschnitt; für sie wird zwischen 2007 und 2013 ein Anstieg prognostiziert. Der Abstand der Abgabenquote gegenüber dem EU-Durchschnitt wird sich dadurch vergrößern (2013 EU 27 39,7% des BIP, Österreich 42,3%).

 

Übersicht 10: Staatsquoten im europäischen Vergleich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ausgabenquote

Einnahmenquote

Abgabenquote

2007

2010

2011

2012

2013

2007

2010

2011

2012

2013

2007

2010

2011

2012

2013

In % des BIP

 

 

 

 

EU 27

45,6

50,6

49,3

49,0

48,4

44,7

44,1

44,6

45,0

45,2

39,7

38,6

39,1

39,6

39,7

 

 

 

 

EU 15

46,0

51,2

49,8

49,5

48,9

45,1

44,6

45,0

45,5

45,7

40,1

39,2

39,5

40,0

40,2

Belgien

48,3

52,9

52,4

53,2

53,1

48,0

48,8

48,8

48,6

48,5

43,7

43,7

43,7

43,4

43,4

Deutschland

43,5

47,9

45,7

45,5

45,0

43,7

43,6

44,4

44,5

44,3

39,0

38,4

39,2

39,3

39,2

Griechenland

47,6

50,2

50,3

49,5

49,4

40,8

39,5

41,4

42,5

42,6

32,6

31,1

32,5

33,9

34,0

Spanien

39,2

45,6

43,0

42,3

41,9

41,1

36,3

36,4

36,3

36,6

37,1

31,9

31,9

31,9

32,1

Frankreich

52,6

56,6

56,6

57,1

56,9

49,9

49,5

50,8

51,8

51,8

43,4

42,5

43,6

44,4

44,5

Irland

36,6

66,8

45,7

43,9

42,9

36,7

35,5

35,4

35,3

35,0

31,3

28,0

28,8

29,3

29,5

Italien

47,6

50,3

49,6

49,1

48,5

46,0

45,8

45,8

46,9

47,4

42,8

42,3

42,3

43,4

43,9

Luxemburg

36,3

42,5

43,2

44,6

44,9

39,9

41,4

42,6

43,6

44,0

35,7

37,2

38,4

39,3

39,7

Niederlande

45,3

51,2

50,3

49,9

50,0

45,4

46,2

46,0

46,8

47,3

38,7

38,8

38,4

39,0

39,4

Österreich

48,6

52,5

51,5

51,3

51,0

47,6

48,1

48,1

48,3

48,1

41,8

42,1

42,1

42,4

42,3

Portugal

44,4

51,3

49,1

47,2

45,4

41,1

41,6

43,3

42,7

42,2

32,8

31,5

32,9

33,8

33,4

Finnland

47,2

55,1

54,5

54,5

54,8

52,4

52,3

53,3

53,6

54,0

43,1

42,2

43,2

43,4

43,6

Dänemark

50,8

58,5

58,2

58,7

56,9

55,6

55,7

54,0

54,0

54,6

48,9

48,2

46,5

46,6

47,2

Schweden

51,0

52,9

51,5

51,7

51,4

54,5

52,8

52,2

52,1

52,1

47,6

46,1

45,7

45,6

45,6

Großbritannien

43,9

50,6

49,9

48,5

47,1

41,1

40,3

40,4

40,8

41,4

37,3

36,7

36,5

36,9

37,4

Bulgarien

39,8

38,1

37,0

36,1

35,4

40,9

34,9

34,5

34,4

34,1

33,3

27,5

26,9

26,8

26,6

Tschechien

41,0

44,1

43,6

43,7

43,7

40,3

39,3

39,4

40,0

39,8

35,9

33,8

34,0

34,6

34,4

Estland

34,0

40,6

38,4

40,4

38,9

36,4

40,9

39,1

38,7

38,1

31,4

34,0

32,7

32,3

32,2

Zypern

41,3

46,4

46,8

45,1

44,8

44,8

41,0

40,1

40,2

40,2

39,9

35,9

35,3

35,8

35,8

Lettland

35,9

44,4

41,3

40,3

38,4

35,6

36,1

37,2

37,1

35,3

30,6

27,3

27,9

27,9

26,7

Litauen

34,6

40,9

38,1

36,9

36,9

33,6

33,8

33,2

34,1

33,9

29,5

27,1

26,8

26,8

26,7

Ungarn

50,6

49,5

48,6

48,8

48,6

45,6

45,2

52,1

46,0

44,9

40,4

37,7

36,0

38,6

37,1

Malta

42,7

42,9

42,4

42,7

42,4

40,3

39,3

39,4

39,2

38,8

34,7

33,2

33,4

33,0

32,7

Polen

42,2

45,4

45,2

44,8

44,0

40,3

37,5

39,6

40,8

41,0

34,8

31,8

33,1

34,1

34,6

Rumänien

38,2

40,9

38,8

38,4

37,9

35,3

34,0

34,0

34,7

34,9

29,1

27,3

27,7

28,1

28,5

Slowenien

42,5

50,1

51,0

50,5

50,9

42,4

44,3

45,2

45,2

45,2

37,7

38,0

38,4

38,4

38,4

Slowakei

34,2

40,0

38,9

38,5

37,9

32,4

32,3

33,1

33,5

32,7

29,3

28,1

28,7

28,7

28,6

Q: Europäische Kommission, Herbstprognose 2011.

 

Das kürzlich beschlossene Konsolidierungspaket II, das zu knapp 40% einnahmenseitige und zu gut 60% ausgabenseitige Maßnahmen enthält, wird insbesondere ab 2013 die Ausgabenquoten entsprechend senken und die Einnahmen- bzw. Abgabenquoten steigern, sodass sich der Abstand zum Durchschnitt der EU weiter verringert bzw. erhöht.

Das Maastricht-Defizit für den österreichischen Gesamtstaat entsprach im Vorkrisenjahr 2007 mit 0,9% dem EU-Durchschnitt; in den Folgejahren bis 2013 liegt es unter dem Durchschnitt (Übersicht 11). 2013 wird es wieder die Maastricht-Obergrenze von 3% des BIP unterschreiten, während es im EU-Durchschnitt auch 2013 noch darüber liegen wird. Einzelne EU-Länder nutzten die gute Konjunktur vor Ausbruch der Wirtschaftskrise, um die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren: So verzeichneten etwa Finnland und Schweden vor Ausbruch der Krise 2007 einen relativ hohen Budgetüberschuss einerseits und einen niedrigen Schuldenstand andererseits. Schweden wird wie in den letzten Jahren weiter Überschüsse erwirtschaften und so seinen Schuldenstand bis 2013 auf 32,4% des BIP senken. In Finnland ist das Budgetdefizit anhaltend niedrig; die Schuldenquote stieg zwar deutlich, wird aber 2013 mit 53,5% des BIP noch einen gewissen "Sicherheitsabstand" zur Maastricht-Grenze von 60% des BIP aufweisen. Im Durchschnitt der EU 27 erhöhte sich die Schuldenquote vorwiegend krisenbedingt von etwa 60% des BIP 2007 auf 84,9% (EU 15: von 60% auf 87,8%). Unter den Ländern der EU 15 liegt die Schuldenquote nur in Luxemburg, Finnland, Dänemark und Schweden unter der Maastricht-Obergrenze, unter den neuen EU-Ländern liegt sie nur in Zypern, Ungarn und Malta darüber. In Österreich erhöhte sich die Schuldenquote ausgehend vom selben Niveau wie im Durchschnitt der EU wesentlich schwächer; 2013 soll sie nach den Prognosen der Europäischen Kommission 73,7% des BIP erreichen.

 

Übersicht 11: Maastricht-Saldo und Schuldenstand der EU-Länder

 

 

 

 

 

 

 

 

Maastricht-Saldo

Stand der Staatsschuld

2007

2010

2011

2012

2013

2007

2010

2011

2012

2013

In % des BIP

 

EU 27

0,9

6,6

4,7

3,9

3,2

59,0

80,3

82,5

84,9

84,9

 

EU 15

0,8

6,6

4,7

4,0

3,2

60,7

83,1

85,3

87,9

87,8

Belgien

0,3

4,1

3,6

4,6

4,5

84,1

96,2

97,2

99,2

100,3

Deutschland

+0,2

4,3

1,3

1,0

0,7

65,2

83,2

81,7

81,2

79,9

Griechenland

6,5

10,6

8,9

7,0

6,8

107,4

144,9

162,8

198,3

198,5

Spanien

+1,9

9,3

6,6

5,9

5,3

36,2

61,0

69,6

73,8

78,0

Frankreich

2,7

7,1

5,8

5,3

5,1

64,2

82,3

85,4

89,2

91,7

Irland

+0,1

31,3

10,3

8,6

7,8

24,9

94,9

108,1

117,5

121,1

Italien

1,6

4,6

4,0

2,3

1,2

103,1

118,4

120,5

120,5

118,7

Luxemburg

+3,7

1,1

0,6

1,1

0,9

6,7

19,1

19,5

20,2

20,3

Niederlande

+0,2

5,1

4,3

3,1

2,7

45,3

62,9

64,2

64,9

66,0

Österreich

0,9

4,4

3,4

3,1

2,9

60,2

71,8

72,2

73,3

73,7

Portugal

3,1

9,8

5,8

4,5

3,2

68,3

93,3

101,6

111,0

112,1

Finnland

+5,3

2,5

1,0

0,7

0,7

35,2

48,3

49,1

51,8

53,5

Dänemark

+4,8

2,6

4,0

4,5

2,1

27,5

43,7

44,1

44,6

44,8

Schweden

+3,6

+0,2

+0,9

+0,7

+0,9

40,2

39,7

36,3

34,6

32,4

Großbritannien

2,7

10,3

9,4

7,8

5,8

44,4

79,9

84,0

88,8

85,9

Bulgarien

+1,2

3,1

2,5

1,7

1,3

17,2

16,3

17,5

18,3

18,5

Tschechien

0,7

4,8

4,1

3,8

4,0

27,9

37,6

39,9

41,9

44,0

Estland

+2,4

+0,2

+0,8

1,8

0,8

3,7

6,7

5,8

6,0

6,1

Zypern

+3,5

5,3

6,7

4,9

4,7

58,8

61,5

64,9

68,4

70,9

Lettland

0,4

8,3

4,2

3,3

3,2

9,0

44,7

44,8

45,1

47,1

Litauen

1,0

7,0

5,0

3,0

3,4

16,8

38,0

37,7

38,5

39,4

Ungarn

5,1

4,2

+3,6

2,8

3,7

67,0

81,3

75,9

76,5

76,7

Malta

2,4

3,6

3,0

3,5

3,6

62,1

69,0

69,6

70,8

71,5

Polen

1,9

7,8

5,6

4,0

3,1

45,0

54,9

56,7

57,1

57,5

Rumänien

2,9

6,9

4,9

3,7

2,9

12,8

31,0

34,0

35,8

35,9

Slowenien

0,0

5,8

5,7

5,3

5,7

23,1

38,8

45,5

50,1

54,6

Slowakei

1,8

7,7

5,8

4,9

5,0

29,6

41,0

44,5

47,5

51,1

Q: Europäische Kommission, Herbstprognose 2011.

 

Schlussbemerkung

Der Bundesvoranschlag 2012 ist das zweite "Konsolidierungsbudget" nach der Überwindung des Tiefpunktes der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise. Ihm fehlt wie schon dem Bundesvoranschlag 2011 weitgehend eine Einbettung in eine proaktive Wirtschaftspolitik, die angesichts der anstehenden längerfristigen Herausforderungen mäßiges Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum, Klimawandel, demographische Veränderungen die langfristigen Wachstums- und Beschäftigungspotentiale stärken würde. Über das mit dem Konsolidierungspaket I beschlossene Offensivprogramm hinaus (thermische Sanierung, Ausbau der Nachmittagsbetreuung von Kindern, Förderung von Forschung und Entwicklung sowie Zusatzmittel für Universitäten und Fachhochschulen) sind nur kleine Akzente vorgesehen (Einrichtung des Pflegefonds, weitere Förderung des Ausbaus der Kinderbetreuung durch den Bund). Mittelfristig wären jedoch energischere Schritte erforderlich. Dazu wären allerdings ausgabenseitige Strukturreformen notwendig, um entsprechenden budgetpolitischen Handlungsspielraum zu schaffen. Die Chance, solche tiefgreifenden Strukturreformen, die im Konsolidierungspaket I völlig fehlen, mit dem mittelfristigen Bundesfinanzrahmen 2012 bis 2015 vom April 2011 oder mit dem Bundesvoranschlag 2012 einzuleiten, wurde jedoch nicht genutzt. Auch die längst überfällige aufkommensneutrale Abgabenstrukturreform, die die Arbeitseinkommen entlasten würde, gegenfinanziert durch die Anhebung von Umweltsteuern, von Steuern auf Grund- und Immobilienvermögen sowie hohe Erbschaften ebenso wie durch die Abschaffung bzw. Einschränkung von steuerlichen Ausnahmen mit fragwürdigen wirtschaftspolitischen Effekten oder zweifelhafter sozialer Treffsicherheit, steht weiter aus. Weiters ist nach wie vor ein systematischer Ansatz zur Durchführung von Gender Budgeting-Analysen zu vermissen. In vielen Ressorts werden offenbar Pilotprojekte zur Vorbereitung vor der flächendeckenden Einführung von Gender Budgeting als integraler Bestandteil der Wirkungsorientierung mit der zweiten Stufe der Haushaltsrechtsreform 2013 nur unzureichend genutzt.

Die Erreichung der vorgesehenen Budgetziele unterliegt einigen Risiken. Zunächst haben sich die Konjunkturaussichten bereits kurz nach Erstellung des Bundesvoranschlages verschlechtert; eine weitere Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Österreich und im internationalen Umfeld, die auch die öffentlichen Haushalte belasten würde, zeichnet sich ab. Die kurz- und mittelfristige Wirtschaftsentwicklung wird entscheidend davon abhängen, ob die Schuldenkrise in Europa bald gelöst werden kann. Auch ist nicht auszuschließen, dass notverstaatliche Banken und andere Kreditinstitute weiteres Kapital benötigen (verschärfte Eigenkapitalvorschriften, möglicher Abschreibungsbedarf aufgrund des Schuldennachlasses für Griechenland); dies würde ebenso wie die teilweise Uneinbringlichkeit Kredite an Griechenland die Einhaltung des angestrebten Verschuldungspfades erschweren. Nicht zuletzt ist die Defizitvorgabe für Länder und Gemeinden wesentlich ambitionierter als ihre tatsächlichen Defizite in den Jahren seit Ausbruch der Krise.

Literaturhinweise

Bundesministerium für Finanzen (2011A), Budgetbericht 2012, Wien, 2011.

Bundesministerium für Finanzen (2011B), Strategiebericht 2012-2015, Wien, 2011.

Bundesministerium für Finanzen (2011C), Österreichisches Stabilitätsprogramm für die Jahre 2010 bis 2014, Wien, 2011.

Schratzenstaller, M., "Bundesvoranschlag 2011 setzt erste Konsolidierungsschritte", WIFO-Monatsberichte, 2011, 84(1), S. 63-84, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/41151.

 

Draft Federal Budget 2012: Proactive Elements Should Be Strengthened Further Summary

The draft federal budget 2012 is the second "consolidation budget" after the nadir of the financial and economic crisis. The general government's Maastricht deficit is to decline from 3.6 percent of GDP in 2011 to 3.2 percent in 2012. According to the federal medium-term financial framework for 2012-2015 it is to be reduced to 2 percent by 2015. The debt ratio is expected to increase further to 74.6 percent in 2012. It is predicted to rise to 75.5 percent by 2013 and decline again gradually in subsequent years. Due to the financial crisis, the general government expenditure ratio, which, in the pre-crisis year 2007, had reached the lowest level since 1997 at 48.5 percent of GDP, increased to 52.9 percent until 2009. In subsequent years it declined again slowly as a consequence of the cyclical recovery and expenditure-based consolidation measures. For 2012 a level of 51.2 percent is expected. The tax ratio rose slightly in 2008 and 2009 to 42.7 percent and 42.6 percent, respectively, and has remained near 42 percent since then. At 0.9 percent Austria's general government budget deficit as defined in the Maastricht treaty was comparable to the EU average in the pre-crisis year 2007. During the years until 2013 it is expected to remain below average. In 2013 the Austrian budget balance will fall below the Maastricht limit of 3 percent of GDP again, while the EU average will continue to exceed this limit also in 2013. Starting from a level near the EU-27 average of about 60 percent, Austria's debt ratio increased far less than the EU average which will rise to 84.9 percent until 2013.

The share of government transfers in total expenditures will increase in the medium term: whereas government transfers accounted for 35 percent of total expenditures in 2000, they will reach 43.6 percent of total expenditures in 2012 according to the draft federal budget. Expenditures for old age pensions will remain of high importance at an envisaged level of 62.7 percent of total transfers, followed by family-related expenditures amounting to 19.8 percent.

The slow, but steady increase of the share of the wage tax in gross tax revenues was slowed only temporarily by the tax reform of 2009-10. In 2012 the share of the wage tax will increase to 31.7 percent; in 1990 it had amounted to only 24.8 percent. Value added tax remains the individual tax generating the highest revenues, although its weight is declining: starting from 36.3 percent in 1990, its share in overall gross tax revenues will decline to 33.2 percent in 2012. Energy-related taxes will reach a share of 7.3 percent and thus converge towards their maximum share of 7.7 percent experienced in 2004. Taxes on wealth will reach a share of 1.9 percent of total gross tax revenues in 2012, if the bank levy introduced in 2011 is included. Following the crisis-induced recession of 2009 corporate income tax revenues are recovering and will contribute 7.6 percent of gross tax revenues in 2012.

Like its predecessors this draft federal budget is largely lacking a proactive economic policy framework strengthening the long-term growth and employment potential. Beyond the action programme ("Offensivprogramm": energy-efficient modernisation of buildings, expansion of after-school care, promotion of R&D as well as additional funding for universities and universities of applied sciences) enacted simultaneously with the first consolidation package in October 2010 only minor measures (establishment of a fund for long-term care, further federal transfers for the expansion of childcare facilities) are envisaged. However, additional structural reforms would be necessary to create the budgetary leeway required to finance further measures that will become necessary in the medium term. Yet, the chance of initiating such far-reaching structural reforms, which the first consolidation package lacks completely, with the federal medium-term financial framework for 2012-2015 of April 2011 or with the draft federal budget 2012, has been missed. The long overdue revenue-neutral reform of the tax structure also remains to be implemented. It would relieve income from wages and salaries while being financed by a corresponding increase of environmental taxes, of taxes on real estate and high inheritances as well as the abolition or reduction of tax exemptions with questionable effects or questionable social incidence. Further, a systematic approach to gender budgeting analyses is still lacking.

There are some risks with respect to meeting the envisaged budget targets. The potential worsening particularly of the European economic prospects, potential capital requirements of nationalised banks as well as other financial institutions, the (partial) default on loans to Greece or the non-compliance with deficit rules by Länder and municipalities would make it more difficult to adhere to the envisaged debt trend.

 

 

 



[a])  Laut neuem Haushaltsrecht des Bundes werden Zahlungen im Dezember eines Jahres, die jedoch wirtschaftlich in das Folgejahr fallen (z. B. Bundespflegegeld, Bezüge und Pensionen der Beamtenschaft und des Landeslehrpersonals), administrativ dem Auszahlungsjahr zugerechnet. Gemäß Maastricht-Richtlinien erfolgt die Zurechnung weiterhin nach dem Wirtschaftsjahr.

[b])  Zu den Einzelheiten siehe Schratzenstaller (2011).

[c])  Eine ausführliche Darstellung und Bewertung des Konsolidierungspaketes II wird im Heft 5/2012 der WIFO-Monatsberichte publiziert.

[d])  Bei der Interpretation aller am BIP gemessenen Quoten ist in den Jahren 2008 und 2009 ein Niveaueffekt aufgrund des deutlichen BIP-Rückganges zu berücksichtigen.

[e])  Der Strategiebericht ist das zentrale Dokument des Bundesministeriums für Finanzen zum mittelfristigen Bundesfinanzrahmen; er enthält Informationen zur Einnahmen- und Ausgabenplanung des Bundes für die Geltungsperiode des aktuellen Bundesfinanzrahmens (2012 bis 2015) sowie zum vorläufigen Erfolg für den Bundeshaushalt für das vorhergehende Haushaltsjahr (in diesem Fall 2010).

[f])  Dieser Wert wurde im September 2011 aufgrund der Umbuchung des Kapitaltransfers an die Hypo Alpe Adria nach unten revidiert auf 4,4% des BIP, zugleich wurde das Defizit des Jahres 2011 entsprechend um 0,2 Prozentpunkte erhöht; siehe auch die neuen Werte in Übersicht 5.