Erholung der europäischen
Bauwirtschaft verzögert sich
Nach wie vor schwächen
die Konjunktureintrübung und das ungünstige gesamtwirtschaftliche Umfeld die europäische
Baukonjunktur. Eine nachhaltige Erholung ist im Durchschnitt der 19 vom europäischen
Bauforschungsnetzwerk Euroconstruct untersuchten Länder derzeit nicht in Sicht.
Für 2012 erwartet Euroconstruct einen weiteren Rückgang der Bauproduktion um 0,3%.
Insgesamt schrumpft die europäische Bauwirtschaft somit das fünfte Jahr in Folge.
Während der Sektor in Portugal, Spanien, Großbritannien und Irland immer noch unter
den Nachwirkungen der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise leidet, ist aber in den
nordischen Ländern bereits eine stabile Erholung zu verzeichnen. Auch für die österreichische
Bauwirtschaft wird im Prognosezeitraum (2012/2014) ein geringfügiges Wachstum erwartet.
Der vorliegende Beitrag fasst
die Ergebnisse der 72. Euroconstruct-Konferenz
vom November 2011 zusammen (72nd Euroconstruct Conference: European Construction
Market – Recovery Further Delayed. Summary Report: http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/43043, Country Report: http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/43044, Country Report Austria: http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/43045). • Begutachtung: Stefan Ederer • Wissenschaftliche Assistenz: Michael Weingärtler
• E-Mail-Adresse: Andrea.Kunnert@wifo.ac.at
INHALT
Wachstum des Bausektors springt erst 2013 an
Divergierende Baukonjunktur in Europa
Unterschiede
zwischen den Sparten
Wohnbau bleibt
Wachstumstreiber
Gedämpfte
Aussichten für sonstigen Hochbau
Tiefbauschwäche dämpft Wachstum
Österreichs Bauproduktion stagniert
VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND
ABBILDUNGEN
Übersicht 1: Prognose der Bauproduktion
Übersicht 2: Baubewilligungen in Relation zur Bevölkerung in den 19
Euroconstruct-Ländern 2012
Abbildung 1: Bauvolumen und BIP
Abbildung 2: Entwicklung des Bauvolumens
Abbildung 3: Prognose des Bauvolumens in Europa 2012
Abbildung 4: Das Bauvolumen nach Sparten in West- und Ostmitteleuropa
Abbildung 5: Entwicklung des Tiefbaus in Europa
Abbildung 6: Das Bauvolumen nach Sparten in Österreich
Bereits seit 2008 schrumpft
die europäische Bauwirtschaft infolge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise. Angesichts
der Unsicherheit über die Einkommens- und Wachstumsentwicklung, der Verwerfungen
auf den Immobilienmärkten in einigen Ländern (insbesondere Spanien, Großbritannien
und Irland) und teilweise erschwerter Finanzierungsbedingungen wurden langfristige
Investitionen, zu denen auch die Bauinvestitionen zählen, nur zögerlich getätigt.
Zuletzt wurden die Aussichten für die europäische Bauwirtschaft durch die gesamtwirtschaftliche
Konjunktureintrübung und einen erhöhten Konsolidierungsdruck in den öffentlichen
Haushalten weiter gedämpft. Nach –0,6% im Jahr
2011 wird die Bauproduktion auch 2012 sinken (–0,3%)
und erst 2013 (+1,8%) und 2014 (+2%) etwas anziehen (Euroconstruct, 2011A, 2011B).
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Bauforschung im Rahmen des Euroconstruct-Netzwerkes |
Dem Euroconstruct-Netzwerk gehören
Bau- und Konjunkturforschungsinstitute aus 19 europäischen Ländern an, darunter
auch das WIFO. Zweimal jährlich werden im Rahmen einer Konferenz Analysen und
Prognosen zur Baukonjunktur und zur Entwicklung in den einzelnen Sparten (Wohnbau,
sonstiger Hochbau, Tiefbau) vorgelegt. Der vorliegende Beitrag fasst die
Ergebnisse der 72. Konferenz im November 2011 in Paris zusammen. Als die 19 Euroconstruct-Länder
werden hier 15 westeuropäische Länder bezeichnet (Belgien, Dänemark, Deutschland,
Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen,
Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz und Spanien) und 4 ostmitteleuropäische
Länder (Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn). |
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Die europäische Bauwirtschaft
entwickelte sich in den letzten Jahren somit deutlich schwächer als die Gesamtwirtschaft:
Während die Bauwirtschaft der 19 Euroconstruct-Länder zwischen 2007 (Hochkonjunktur)
und 2011 um 15,7% schrumpfte, stagnierte das BIP im selben Zeitraum, wobei nur 2009
infolge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise ein Rückgang zu verzeichnen war. Auch
2012 wird der Wachstumsbeitrag der Bauwirtschaft negativ sein. Erst mit dem Anziehen
der Konjunktur 2013 und 2014 wird der Sektor wieder stärker expandieren als die
Gesamtwirtschaft. Wegen des niedrigen Ausgangsniveaus wird das reale Bauvolumen
aber 2014 niedriger sein als vor der Krise (2007).
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Abbildung 1: Bauvolumen und BIP |
Reale Veränderung gegen das Vorjahr in % |
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Q: Euroconstruct (November 2011). Ab 2011: Prognose. Westeuropa: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien. Ostmitteleuropa: Tschechien, Ungarn, Polen, Slowakei. |
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Sowohl das Bruttoinlandsprodukt
als auch das Bauvolumen entwickelten sich in den letzten Jahren in Westeuropa und
Ostmitteleuropa unterschiedlich: In Ostmitteleuropa wuchs die Gesamtwirtschaft sowohl
vor als auch nach der Krise deutlich stärker als in den westeuropäischen Ländern,
auch der Rückgang 2009 fiel geringer aus. Ähnliches gilt für die Baukonjunktur,
die in Ostmitteleuropa vor allem durch das große Gewicht von Polen geprägt wird:
Die Bauwirtschaft schrumpfte nur in den Jahren 2008 und 2009 leicht. Nach einer
kräftigen Erholung im Jahr 2011 (insbesondere in Polen) schwächt sich das Wachstum
des Bausektors etwas ab. In Westeuropa war hingegen bereits 2008 ein tiefer Einbruch
zu verzeichnen, insbesondere in den großen europäischen Ländern (Frankreich, Spanien,
Großbritannien, Italien), der Schrumpfungsprozess hält bis 2012 an (Konsolidierung
der öffentlichen Haushalte, Aufschieben von langfristigen Investitionen).
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Übersicht 1: Prognose der Bauproduktion |
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2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
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Reale Veränderung gegen das Vorjahr in % |
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Österreich |
–7,6 |
–2,9 |
+0,7 |
+0,7 |
+1,1 |
+0,9 |
Hochbau |
–5,7 |
–1,7 |
+2,0 |
+1,0 |
+1,4 |
+1,1 |
Tiefbau |
–12,7 |
–6,4 |
–3,5 |
–0,3 |
–0,1 |
+0,1 |
Westeuropa |
–9,1 |
–3,8 |
–0,9 |
–0,4 |
+1,9 |
+2,0 |
Hochbau |
–11,4 |
–3,4 |
+0,3 |
+0,1 |
+2,2 |
+2,3 |
Tiefbau |
–0,4 |
–5,1 |
–5,0 |
–2,5 |
+0,8 |
+0,8 |
Ostmitteleuropa |
–0,4 |
–0,8 |
+3,9 |
+1,5 |
+0,6 |
+1,5 |
Hochbau |
–7,8 |
–3,4 |
–1,3 |
+1,6 |
+3,0 |
+2,4 |
Tiefbau |
+15,4 |
+3,4 |
+12,1 |
+1,4 |
–2,7 |
+0,2 |
Europa |
–8,6 |
–3,6 |
–0,6 |
–0,3 |
+1,8 |
+2,0 |
Hochbau |
–11,3 |
–3,4 |
+0,2 |
+0,2 |
+2,2 |
+2,3 |
Tiefbau |
+0,8 |
–4,4 |
–3,3 |
–2,1 |
+0,4 |
+0,7 |
Q: Euroconstruct (November 2011). Ab 2011: Prognose.
Westeuropa: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien,
Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz,
Spanien. Ostmitteleuropa: Tschechien, Ungarn, Polen, Slowakei.
Europa: 19 Euroconstruct-Länder. |
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Für das Anspringen der
Baukonjunktur ab 2013 spielen in Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Dänemark
und den Niederlanden neben dem Nachholbedarf nach dem starken Einbruch in den Vorjahren
vor allem die Sanierungstätigkeit sowie in eingeschränkter Form auch öffentliche
Maßnahmen eine Rolle.
Die Euroconstruct-Partner
revidierten vor diesem Hintergrund die Prognosen gegenüber der 71. Konferenz (Juni
2011) nach unten. Das ist insbesondere auf die Verschärfung der Staatsschuldenkrise
(Konsolidierungsdruck) und der Verwerfungen im Euro-Raum zurückzuführen, die insbesondere
im Jahr 2012 das gesamtwirtschaftliche Wachstum deutlich bremsen. Für das BIP wird
deshalb für das Jahr 2012 eine Steigerung um nur 1,9% prognostiziert; die Schätzung
für die Bauproduktion wurde von +1,3% auf –0,3%
revidiert, vor allem weil sich der Tiefbau (Einschränkung der öffentlichen Investitionen)
und der sonstige Hochbau (besonders konjunkturreagibel) ungünstig entwickeln. Aus
den Unsicherheiten hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere
im Euro-Raum, ergibt sich ein beträchtliches Prognoserisiko.
Zwischen den einzelnen
europäischen Ländern divergiert die Baukonjunktur. 2012 ist in Osteuropa eine stärkere
Dynamik zu erwarten als in Westeuropa, die aber nur von den Bauprojekten im Zusammenhang
mit der Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen bestimmt wird; in der Folge ist
mit einer Dämpfung der Baukonjunktur zu rechnen. In Tschechien, Ungarn und der Slowakei
wird die Bauproduktion hingegen merklich schrumpfen, nur für die Slowakei sind die
Aussichten (auch aufgrund des stärkeren gesamtwirtschaftlichen Wachstums) etwas
optimistischer.
Auch in Westeuropa entwickelt
sich der Bausektor unterschiedlich. In den nordischen Ländern (Dänemark, Finnland,
Norwegen, Schweden) wurde der Tiefpunkt der Baukonjunktur bereits 2010 oder früher
durchschritten, mit Ausnahme von Finnland folgt der Sektor bereits wieder einem
stabilen Wachstumspfad. Die Expansion aller Subsektoren ist durch das gesamtwirtschaftliche
Umfeld (kräftiges Wachstum, niedrige Arbeitslosigkeit) begünstigt, im Wohnbau zusätzlich
durch das Bevölkerungswachstum. In den meisten mitteleuropäischen Ländern hat sich
das Wachstum der Bauwirtschaft ebenfalls bereits stabilisiert, bleibt jedoch hinter
jenem der nordischen Länder zurück. Die hohe Staatsverschuldung, die geringe Expansion
der Gesamtwirtschaft und die damit einhergehende hohe Arbeitslosigkeit (insbesondere
in Spanien) dämpfen die Perspektiven der Bauwirtschaft in den südlichen Ländern
(Italien, Spanien, Portugal). In Spanien und Irland kommen zudem weiterhin Nachwirkungen
der Ungleichgewichte auf den Immobilienmärkten zum Tragen: Der Preisverfall und
das Überangebot dämpfen die Neubautätigkeit. Der Tiefpunkt der Baukonjunktur wird
in diesen Ländern frühestens 2012 erreicht.
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Abbildung 2: Entwicklung des Bauvolumens |
Reale Veränderung gegen das Vorjahr in % |
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Q: Euroconstruct (November 2011). Ab 2011: Prognose. Westeuropa: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien. Ostmitteleuropa: Tschechien, Ungarn, Polen, Slowakei. |
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Abbildung 3: Prognose
des Bauvolumens in Europa 2012 |
Reale Veränderung gegen das Vorjahr in % |
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Q: Euroconstruct (November 2011). |
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In Westeuropa ist der Wohnbau
mit einem Anteil von etwa 47% die bedeutendste Sparte. In Ostmitteleuropa trägt
er nur knapp ein Viertel zur gesamten Bauproduktion bei, der Tiefbau hingegen über
40%, in Tschechien sogar etwa 50%. Dieses große Gewicht des Tiefbaus hängt mit den
umfangreichen Infrastrukturinvestitionen in diesen Ländern zusammen. Der sonstige
Hochbau macht sowohl in Ostmitteleuropa als auch in Westeuropa etwa ein Drittel
der Bauproduktion aus.
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Abbildung 4: Das Bauvolumen
nach Sparten in West- und Ostmitteleuropa |
2008 = 100 |
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Q: Euroconstruct (November 2011). Ab 2011: Prognose. Westeuropa: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien. Ostmitteleuropa: Tschechien, Ungarn, Polen, Slowakei. |
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Im europäischen Wohnungsbau
ist nach massiven Einbrüchen seit 2010 eine Erholung zu erkennen. Obwohl das Produktionsniveau
weiterhin deutlich unter dem Vorkrisenwert liegt, liefert die Sparte derzeit den
größten Wachstumsbeitrag. 2013 wird die Wohnbauproduktion nur in Portugal und Tschechien
weiter sinken. Während in Portugal der Wohnungsmarkt seit 2001 aufgrund der Nachfrageschwäche
und des Reformbedarfs (insbesondere Mietrecht, Grundsteuerbemessung, Bürokratieabbau
für Renovierungsarbeiten) schrumpft, leidet die tschechische Wohnbauproduktion noch
unter den Nachwirkungen des bis 2007 anhaltenden Booms und unter den öffentlichen
Sparmaßnahmen. 2014 wird die Wohnbauproduktion in allen Euroconstruct-Ländern expandieren.
In den westeuropäischen
Ländern entwickelt sich der Wohnbau am besten in den nordischen Ländern, in der
Schweiz und den Niederlanden sowie in Frankreich und Deutschland. Insbesondere in
Deutschland zeichnet sich ein stabiles Wachstum ab, das von einer positiven wirtschaftlichen
(günstige Arbeitsmarktsituation, niedrige Finanzierungskosten, vergleichsweise geringer
Wohnungsbestand) und demographischen (Anstieg der Zahl der Haushalte, Zuwanderung)
Entwicklung getrieben wird.
In Ostmitteleuropa setzte
die Erholung etwas später ein, fiel aber kräftiger aus. Wiederum verzeichnete Polen
bis 2011 die stärkste Steigerung. In Ungarn dürfte der erwartete Kurswechsel der
Wohnungspolitik ab 2012 einen deutlichen Zuwachs bewirken; das Fehlen öffentlicher
Zuschüsse könnte die positive Entwicklung jedoch lähmen.
Sehr unterschiedlich sind
die Wachstumsaussichten für den Wohnungsneubau und die Sanierungs- und Renovierungstätigkeit.
In den letzten Jahren erwies sich die Renovierungstätigkeit als stabilisierender
Faktor in der Wohnbautätigkeit, teilweise massiv gestützt durch öffentliche Maßnahmen.
Seit 2011 gewinnt der Neubau wieder an Bedeutung. Angesichts der hohen Leerstände
werden in Spanien und Irland kaum neue Wohnungen gebaut (Übersicht 2), das starke
Wachstum in Norwegen, der Schweiz und Frankreich wird hingegen durchaus durch die
Neubauproduktion gestützt, die die Nachfragesteigerung infolge einer starken Zunahme
der Zahl der Haushalte widerspiegelt.
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Übersicht 2: Baubewilligungen
in Relation zur Bevölkerung in den 19 Euroconstruct-Ländern 2012 |
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Baubewilligungen je 1.000 Einwohner |
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Großbritannien, Portugal, Ungarn, Spanien, Italien |
Unter 2 |
Dänemark, Deutschland, Irland |
2 bis unter 3 |
Tschechien, Schweden, Slowakei |
3 bis unter 4 |
Belgien, Österreich, Polen, Niederlande |
4 bis unter 5 |
Finnland, Norwegen, Frankreich, Schweiz |
5 oder mehr |
Q: Euroconstruct (November 2011). |
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Der sonstige Hochbau steht
europaweit immer noch unter dem Eindruck der Nachwirkungen der Finanzmarkt- und
Wirtschaftskrise. Bereits seit 2009 schrumpft dieser Sektor beträchtlich und entwickelt
sich seither durchwegs unterdurchschnittlich. Erst ab 2013 ist mit einem Wachstum
zu rechnen (jeweils etwa +2%), das vor dem Hintergrund der erwarteten Besserung
des gesamtwirtschaftlichen Umfeldes sogar überdurchschnittlich ausfallen wird, da
bislang insbesondere im gewerblichen Bereich wegen der ungünstigen Ertragsentwicklung
Investitionen aufgeschoben wurden. 2012 liefert vor allem der Renovierungssektor
Impulse, in einigen Ländern auch der Neubau. 2012 wird damit der Anteil der Sparte
"Renovierungen" am sonstigen Hochbau 48% erreichen (2008: 42%). Er beträgt
in den größeren Ländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien) teilweise über
60%, während er in den ostmitteleuropäischen Ländern deutlich niedriger ist (32%).
Auch im sonstigen Hochbau
wird der verstärkte Konsolidierungsdruck der öffentlichen Haushalte spürbar. Gerade
in jenen Sparten, die einen überdurchschnittlichen Anteil öffentlicher Aufträge
aufweisen, wird bis 2014 ein neuerlicher Rückgang erwartet. So wird das Neubauvolumen
im Bildungswesen in diesem Zeitraum um 15% schrumpfen, in erster Linie wegen der
Aufhebung des Schulbauprogramms in Großbritannien ("Building Schools for the
Future"; auf Großbritannien entfielen 2010 46% der Neubauten im Bildungsbereich
in den Euroconstruct-Ländern). Auch im Gesundheitsbereich sind weitere Einbußen
zu erwarten (–2%). Diese beiden Sparten waren
allerdings während der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise nur sehr wenig geschrumpft.
Bis 2014 wird das stärkste
Wachstum für jene Sparten prognostiziert, deren Produktion in der Krise aufgrund
der hohen Konjunkturreagibilität eingebrochen war: Die Errichtung von Lager- und
Bürogebäuden erholt sich derzeit rasch (2011 und 2012 kumuliert +10%), ähnlich die
Nachfrage nach Industriegebäuden (+5%), während die Sparte Geschäftsgebäude u. a.
wegen der mäßigen Zunahme des privaten Konsums stagniert.
Sowohl in Westeuropa als
auch in Ostmitteleuropa wird der Tiefbau im Zeitraum 2012/2014 keinen positiven
Beitrag zur Entwicklung der Bauwirtschaft liefern. Nachdem das Tiefbauvolumen in
Westeuropa in der Wirtschaftskrise 2008 und 2009 dank der Konjunkturprogramme nur
stagniert hatte, schrumpfte die Produktion 2010 und 2011 massiv (jeweils etwa –5%). 2012 ist ein weiterer Einbruch zu erwarten,
2013 dürfte eine Stagnation oder leichte Steigerung folgen.
Aufgrund der forcierten
und mit EU-Mitteln unterstützten Infrastrukturinvestitionen spielt der Tiefbau in
Ostmitteleuropa seit einigen Jahren eine relativ bedeutende Rolle. Der Wachstumspfad
wurde in den Jahren 2009 und 2010 durch einen geringfügigen Rückgang unterbrochen.
2011 wuchs der Sektor wieder, aber schwächer als zuvor. In Tschechien, Ungarn und
der Slowakei entwickelte sich der Tiefbau zudem wesentlich weniger günstig als in
Polen, wo zur Vorbereitung auf die Fußballeuropameisterschaft 2012 zusätzlich in
die Infrastruktur investiert wird. 2013 und 2014 wird die Tiefbaunachfrage auch
in Polen sehr gedämpft sein.
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Abbildung 5: Entwicklung
des Tiefbaus in Europa |
2008 = 100 |
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Q: Euroconstruct (November 2011). Ab 2011: Prognose. Europa: 19 Euroconstruct-Länder. |
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Insbesondere die Investitionen
in die Verkehrsinfrastruktur werden in den nächsten Jahren vom Konsolidierungsdruck
der öffentlichen Haushalte betroffen sein. Der Straßenbau wird dabei noch stärker
gedrosselt werden als der Bau von Bahnanlagen. Stabiler ist die Entwicklung im Energie-
und Wasserbaubereich, der erwartete Anstieg der Nachfrage (insbesondere nach Elektrizität)
löst Investitionen in diesem Bereich aus.
Die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise
zog die österreichische Bauwirtschaft im europäischen Vergleich relativ wenig in
Mitleidenschaft. Die Einbußen zwischen Hoch- und Tiefpunkt fielen mit etwa –10% (kumuliert 2008/2010) gering aus (Westeuropa
2007/2012 –17%). Vor dem Hintergrund der
raschen Erholung der Gesamtwirtschaft kehrte die Bauwirtschaft bereits 2011 auf
einen Wachstumspfad zurück (+0,7%). Umgekehrt zeichnet sich im Prognosezeitraum
nur ein leichtes Wachstum ab: Bis 2014 wird das Bauvolumen in Österreich den Wert
von 2008 noch nicht wieder erreichen. Die Eintrübung der Konjunktur im Euro-Raum
infolge der Staatsschuldenkrise wird 2012 auch die Baunachfrage drücken (+0,7%),
2013 ist eine leichte Beschleunigung zu erwarten (+1,1%; Kunnert – Weingärtler, 2011).
Seit Veröffentlichung der
Euroconstruct-Prognose anlässlich der 72. Konferenz im November 2011 hat sich das
makroökonomische Umfeld in Österreich weiter eingetrübt. Das WIFO berücksichtigt
das in seiner aktuellen Prognose (Scheiblecker,
2012) und rechnet 2012 nur mit einem Wachstum von 0,4%, 2013 von 1%. Da die WIFO-Prognose
keine Entwicklung der Sparten ausweist, werden in der Folge die Spartenprognosen
der Euroconstruct vom November 2011 diskutiert.
Da der sonstige Hochbau
von der Verschlechterung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds besonders betroffen
ist, ist in dieser Sparte mit einer weiteren Abwärtsrevision zu rechnen. 2011 expandierte
der sonstige Hochbau kräftig (+2,3%), vor allem dank der lebhaften Entwicklung von
Industriebau und Bürobau, die von der starken Expansion von Sachgütererzeugung und
Exporten profitierten. Sowohl der Auftragsbestand als auch die Beschäftigung stiegen
im sonstigen Hochbau um 4%. Die Nachfrage nach neuen Geschäftsgebäuden schwächte
sich 2011 jedoch bereits ab, weil der private Konsum und die Einkommen nur mäßig
wuchsen. Bereits im Sommer 2011 kündigte sich eine Eintrübung der gesamtwirtschaftlichen
Konjunktur an, sodass die Wachstumsaussichten auch für andere Sparten gedämpft sind.
Insgesamt wird mit einem Wachstum von 1,4% gerechnet, das sich 2013 wieder etwas
beschleunigen wird (+1,8%).
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Abbildung 6: Das Bauvolumen
nach Sparten in Österreich |
2008 = 100 |
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Q: Euroconstruct (November 2011). Ab 2011: Prognose. |
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Nachdem die Tiefbauinvestitionen
bis 2008 erheblich ausgeweitet und in der Folge deutlich eingeschränkt worden waren,
stabilisiert sich die Bautätigkeit derzeit. Der WIFO-Konjunkturtest deutet ebenfalls
auf eine Verbesserung hin, ebenso die Beschäftigungsstatistik. Ein Ende der Abwärtsdynamik
ist somit in Sicht, für die kommenden Jahre (2012/2014) wird eine Stagnation erwartet.
Wegen des Konsolidierungsbedarfs in den öffentlichen Haushalten fehlen weitere Impulse.
Die Wohnbautätigkeit war
2009 und 2010 rückläufig gewesen und expandierte 2011 wieder. Neben der guten Entwicklung
der Renovierungstätigkeit (Förderung der thermischen Sanierung) liefert auch der
Neubau Impulse, wie die Entwicklung der Baubewilligungen für neue Wohneinheiten
zeigt (2011: 39.300 bewilligte Wohneinheiten, +3% gegenüber dem Vorjahr). 2012 ist
jedoch wieder ein leichter Rückgang zu erwarten (38.600 Wohnbaubewilligungen, –2% im Vorjahresvergleich), die Wohnbauleistung dürfte
sich also für 2012 abschwächen. Insgesamt sind die Wachstumschancen angesichts der
aktuellen Entwicklung in der österreichischen Wohnungspolitik (Rückgang der Wohnbauförderzusicherungen)
gedämpft, auch wenn starke Preissteigerungen die freifinanzierte Neubautätigkeit
stimulieren. Für den Wohnungsbau (Neubau und Sanierung) sind deshalb bis 2014 Wachstumsraten
von 0,5% bis 1% jährlich zu erwarten.
Euroconstruct (2011A), 72nd Euroconstruct Conference: European Construction Market – Recovery Further Delayed. Country Report, Paris, 2011, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/43043.
Euroconstruct (2011B), 72nd Euroconstruct Conference: European Construction Market – Recovery Further Delayed. Summary Report, Paris, 2011, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/43044.
Kunnert, A., Weingärtler, M., 72nd Euroconstruct Conference: European Construction Market – Recovery Further Delayed. Austrian Construction Market – Slow Growth Expected, WIFO, Wien, 2011, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/43045.
Scheiblecker, M.,
"Staatsschuldenkrise erfasst die Realwirtschaft. Prognose für 2012 und 2013",
WIFO-Monatsberichte, 2012, 85(1), S. 3-15, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/43372.
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Delayed Recovery – Downward Trend Continues for the European Construction Market. Summary |
The European construction sector remains
stagnant. This is due to the slowdown of the European economy and an adverse macroeconomic
environment. Currently, no signs for a recovery of the sector can be detected
for the 19 European countries that were analysed by the Euroconstruct network
at the 72nd Euroconstruct conference in Paris in November
2011. For 2012, construction output is expected to decline slightly (–0.3 percent)
– so that the construction industry will shrink for the fifth year in
a row. The construction growth path varies considerably among the 19 countries:
on the one hand, Portugal, Spain, the UK and Ireland are still severely affected
by the aftermath of the financial and economic crisis and the imbalances of their
real estate markets. The Nordic countries on the other hand are set on a stable
course of recovery. For the Austrian construction sector, a slow but positive
development is expected till 2014. |
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